Für Klaus Zellmer, 57, läuft es gut. Unter seiner Führung hat die tschechische Skoda Auto Group im vergangenen Jahr das beste Ergebnis seiner Geschichte eingefahren, mit einem Absatz von fast einer Million Fahrzeugen und einem operativen Ergebnis von 2,3 Milliarden Euro. Mit einer Umsatzrendite von 8,3 Prozent überflügelte Skoda nicht nur VW (5,9 Prozent), sondern auch Audi (6,0 Prozent). Und 2025 lässt sich ebenfalls gut an. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die weltweiten Fahrzeugauslieferungen nochmals um über acht Prozent. Elektroautos – Plug-in-Hybride und Batterieautos kamen dabei auf einen Rekordanteil von 15 Prozent. Ein Treiber des Wachstums ist der neue vollelektrische Skoda Elroq, der jetzt auch als sportlicher RS mit Allradantrieb angeboten wird. Am Rande der Fahrvorstellung der neuen Modellvariante hatten wir Gelegenheit zu einem Interview mit dem Skoda-Chef.

Klaus Zellmer 
Der Betriebswirt aus Niederbayern ist  ist seit 1. Juli 2022 CEO und Vorstandsvorsitzender der Volkswagen-Tochter Škoda Auto. Seine berufliche Laufbahn begann er 1997 als Assistent des damaligen Porsche-Chefs Wendelin Wiedeking. Für Porsche leitet Zellmer später unter anderem das Geschäft in Nordamerika. 2020 wurde er Vorstand für Vertrieb, Marketing und After Sales von Volkswagen Pkw.
Klaus Zellmer
Der Betriebswirt aus Niederbayern ist ist seit 1. Juli 2022 CEO und Vorstandsvorsitzender der Volkswagen-Tochter Škoda Auto. Seine berufliche Laufbahn begann er 1997 als Assistent des damaligen Porsche-Chefs Wendelin Wiedeking. Für Porsche leitet Zellmer später unter anderem das Geschäft in Nordamerika. 2020 wurde er Vorstand für Vertrieb, Marketing und After Sales von Volkswagen Pkw.

Herr Zellmer, vom Škoda Elroq wurden in Deutschland 2690 Einheiten allein im Mai zugelassen. Das Modell verkaufte sich damit deutlich besser als der VW ID.4 und auch als der Enyaq. Das lässt sich gut an, oder?

In Deutschland stand der Elroq im Mai inzwischen an Position Drei der meistzugelassenen BEVs. Und auch in anderen europäischen Märkten läuft der Verkauf sehr gut: Im April war der Elroq bereits die Nummer 1 in Europa. Dabei haben wir ihn erst in diesem Jahr in den Handel eingeführt.

Hat Sie dieser Erfolg überrascht oder waren Verkäufe in der Größenordnung eingeplant?

Wir haben natürlich gehofft, dass das Modell ein Erfolg würde. Wir waren in zweierlei Hinsicht sehr optimistisch. Zum einen haben wir auf die neue Designsprache von Škoda, die sich erstmals in diesem Modell manifestiert, schon sehr früh positives Feedback bekommen. Zudem setzen wir auf der MEB-Plattform auf, die sich schon beim Enyaq bewährt hat. Und das mit einer Software, die inzwischen einen hohen Reifegrad hat und sehr positive Resonanz aus der Kundschaft bekommt. Das alles sorgte schon für große Zuversicht. Aber es ist immer schön, wenn uns die Kunden die positive Einschätzung bestätigen. Das weiß man vorher nie.

Was heißt das für die Produktion in Mlada Boleslav?

Wir laufen unter Volldampf. Alles, was wir an Schichten darstellen und an Teilen für Škoda bekommen können, wird in Autos umgesetzt.

Was bedeutet das an Stückzahlen pro Tag?

Um zusätzliche Kapazitäten zu ermöglichen, haben wir einen Teil der Produktion des Octavia, der mit Elroq und Enyaq zusammen in Mladá Boleslav vom Band läuft, im vergangenen Jahr in das Werk Kvasiny verlagert. Insgesamt können wir am Tag in Mladá Boleslav derzeit bis zu 850 MEBs bauen.

Skoda Elroq RS in Mambagrün und Stahlgrau
„Etwa jeder dritte Kunde entscheidet sich für den Elroq 50 oder 60. Weitere zwei Drittel entfallen auf den 85er und das RS-Modell.“

Also Enyaq und Elroq.

Genau. Da kommt dann im Laufe des nächsten Jahres noch der elektrische Siebensitzer dazu. Da können wir dann noch einmal etwas obendrauf packen. Es ist schon eine stramme Schiene, die wir gerade für die Elektroautos fahren. Aber der Elroq überzeugt viele Menschen durch sein attraktives Gesamtpaket und einen Basispreis von 33.900 Euro in Deutschland.

Sie bieten den Elroq derzeit mit drei Heckantrieben an, mit dem RS kommt jetzt noch ein Allradler hinzu. Von welcher Version baut Škoda derzeit die meisten Exemplare – vom 85er, wie ich vermute?

Etwa jeder dritte Kunde entscheidet sich für den Elroq 50 oder 60. Weitere zwei Drittel entfallen auf den 85er und das leistungsstarke RS-Modell.

In der Internet-Community sorgte kürzlich die Absenkung der maximalen Ladeleistung beim Elroq 85 von 175 auf 135 kW für einige Aufregung. Was war der Grund dafür?

Wir haben beim Lieferanten eine Umstellung vorgenommen.

Statt von LG Chem werden die Batteriezellen für die Modellversion nun von CATL geliefert, hören wir.

Aus Kundensicht kann ich verstehen, dass die Absenkung der maximalen Ladeleistung Diskussionsstoff lieferte. Aber im Lademanagement ist nicht der Spitzenwert entscheidend, sondern die Ladezeit. Und die beträgt weiterhin nur 28 Minuten, um den Akku von 10 auf 80 Prozent zu befüllen. Beim RS dauert es aufgrund einer maximalen Ladeleistung von 185 kW sogar nur 26 Minuten. Und das ist eine Größenordnung, die im Wettbewerb durchaus typisch oder besser ist.

Aber Sie müssen zugeben: Eine hohe Ladeleistung macht sich im Verkaufsprospekt ähnlich wie früher im Auto-Quartett schon sehr gut.

Wir nehmen diese Diskussion ernst. Aber aus übergeordneten Gründen haben wir den genannten Wechsel beim Lieferanten vollzogen. Im Alltag mit dem Auto wird sich das aber nicht auswirken.

Was für „übergeordnete Gründe“ lagen der Entscheidung zugrunde? Wir hörten, es hätte mit Sicherheitsproblemen zu tun. Oder waren es Kostenaspekte?

Es sind in solchen Fällen immer diverse Aspekte. Der Kunde erwartet von Škoda ein E-Modell mit den typischen Qualitäts- und Preismerkmalen und das erfüllen wir mit der neuen Lösung weiterhin sehr gut.

Die Preise für Batteriezellen bewegen sich derzeit wegen Überkapazitäten der Hersteller gerade nach unten.

Ja, das ist so.

Das bedeutet, dass sich der Verkauf von Batterieautos mehr und mehr rechnet?

Das muss es ja auch. Wenn wir die CO2-Vorgaben erreichen wollen, dann müssen wir möglichst viele Elektroautos absetzen. Und das geht am besten mit einer Preisparität zwischen Batterieautos und Verbrennern. Und die erreichen wir idealerweise mit Kostenparität. Dahin bewegen wir uns schrittweise, so sind wir bei den Material-Einzelkosten auf einem guten Weg. Und das, obwohl die Batteriepreise immer noch höher liegen als die Komponenten für einen Benziner.

Skoda Enyaq Coupé
"Es war wichtig, dass wir mit dem Facelift schnell nachgezogen sind. Mit der neuen Front sieht er nun nochmals moderner aus."
Skoda Enyaq Coupé
„Es war wichtig, dass wir mit dem Facelift schnell nachgezogen sind. Mit der neuen Front sieht er nun nochmals moderner aus.“

Und glücklicherweise ordern nicht alle Menschen den Elroq in der knallhart kalkulierten Basisversion. Der neue, allradgetriebene RS startet bei 53.000 Euro, fast 20.000 Euro über dem Elroq 50 mit Heckantrieb. Welche Stückzahlen erhoffen Sie sich von dem Modell?

Bei den RS-Modellen liegen wir – auch beim Enyaq – bei einem Verkaufsanteil um die 15 Prozent. Das ist eine sehr gute Bestellquote für ein Auto, das uns auch im Ergebnis Freude macht. Und ich finde, dass ein solch sportliches Auto zu der Marke, die sich in den zurückliegenden Jahren sehr stark entwickelt hat, sehr gut passt. Seit 50 Jahren krönen RS-Modelle die Modellpalette von Škoda. Deshalb bringen wir sie auch bei den Elektromodellen.

Der Antrieb des Modells hat eine Spitzenleistung von 250 kW, was nicht schlecht ist. Andere Hersteller gehen aber mit deutlich höheren Leistungen ins Rennen, der Hyundai Ioniq 5N mit 448 kW. So viel gibt der MEB-Baukasten nicht her?

Der Verkaufserfolg der RS-Modelle liegt nicht in den reinen Leistungsdaten begründet. Das Gesamtpaket unserer RS-Modelle mit tollem Design, hervorragender Leistung aber gleichzeitig mit der Erreichbarkeit für unsere Kunden überzeugt seit Jahren. Und nun auch bei den E-Modellen.

Viele hatten befürchtet, dass der Elroq dem Enyaq Kunden abjagen könnte. Wie viele hat der große Bruder denn nun tatsächlich an Bestellungen verloren?

Erfreulicherweise sehr wenige. Es war wichtig, dass wir mit dem Facelift schnell nachgezogen sind. Mit der Tech Deck genannten neuen Front sieht er nun nochmals moderner aus. Bei den Flottenkunden ist der Enyaq immer noch vorne. Für uns ist das ganz wunderbar, denn wir sind mit dem Enyaq nun stark im Flottengeschäft und mit dem Elroq stark im Privatkundengeschäft.

Ganz entspannt 
Skoda-Chef Zellmer im Gespräch mit dem Autor am Rande der Fahrpräsentation des Skoda RS in Tschechien. Fotos: Skoda
Ganz entspannt
Skoda-Chef Zellmer im Gespräch mit dem Autor am Rande der Fahrpräsentation des Skoda RS in Tschechien. Fotos: Skoda

Vom Enyaq gibt es noch eine Coupe-Variante. Wird es die auch beim Elroq geben?

Nein, das haben wir nicht vor. Wir haben jetzt schon das breiteste Portfolio aller Zeiten, vom Fabia bis zum Kodiaq und Enyaq. Uns ist es wichtiger, dass wir den Kunden die Wahlfreiheit bei den Antriebsarten lassen und nicht nur bei den Karosserieformen.

Wie lange wird es diese Wahlfreiheit noch geben?

Solange die Kunden es wollen und es die CO2-Compliance zulässt. Das ist die multivariable Gleichung, die wir uns jeden Tag anschauen und neu lösen müssen.

Wann erwarten Sie den Kipppunkt – den Tag, an dem Škoda mehr Elektroautos als Pkw mit Verbrennungskraftmaschine verkauft?

Ich gehe davon aus, dass das eher Ende der Dekade passieren wird als früher. Ich sehe im Moment eine Verlangsamung der Transformationskurve hin zu batterieelektrischen Fahrzeugen. Das liegt zum einen an der Materialkostenentwicklung, aber auch am gesamten Umfeld. Wir brauchen attraktive Strompreise, eine nochmals bessere Ladeinfrastruktur. Und wir müssen die Kunden mitnehmen: Viele Menschen sind noch nicht bereit für das Thema Elektromobilität. Wir spüren, dass viele unserer Kunden noch Berührungsängste haben. Mit dem Plug-in Hybridantrieb haben wir eine tolle Brückentechnologie im Kodiaq und Superb mit über 100 Kilometern elektrischer Reichweite. Die PHEVs sind zurückgekommen, weil sich hier inzwischen das Laden wirklich lohnt und sogar das Schnellladen möglich ist.

Die neue Bundesregierung will in Deutschland die Strompreise senken und die Abschreibungsmöglichkeiten für Elektroautos verbessern. Hilft Ihnen das, bei der Beschleunigung der Antriebswende?

Jede Maßnahme ist hilfreich – vorausgesetzt, sie ist langfristig angelegt. Besonders herausfordernd war für viele die kurzfristige Abschaffung des Umweltbonus vor zwei Jahren. Diese Entscheidung hat bundesweit für Verunsicherung gesorgt und den Absatz von Elektroautos deutlich gebremst. So etwas darf nicht noch einmal passieren. Die jetzt von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen sind gut, aber sie reichen noch nicht. Da muss noch deutlich mehr passieren. 

Vielen Dank für das Gespräch!

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