Die Finanzlage ist inzwischen angeblich gut – bei der dritten und jüngsten Investorenrunde wurden immerhin über 45 Millionen Euro in die Kasse von Sono Motor gespült, in der insgesamt 100 Millionen Euro liegen sollen. Und trotz Corona-Krise und allen wirtschaftlichen Unsicherheiten, die damit verbunden sind, wachsen die Vorbestellungen für den Sion, das weltweit erst Solar Electric Vehicle (SEV), kontinierlich: Nach aktuellem Stand haben inzwischen 12.700 Menschen einen Sonnen-Stromer reserviert und dafür eine Anzahlung von jeweils 500 Euro geleistet. Damit kann man arbeiten.

Am meisten aber freut sich Thomas Hausch, der COO des Münchner Startups, dass es mit der Entwicklung und Erprobung des Elektroautos weiter voran geht. Auf der virtuellen Consumer Electronics Show (CES) hat er kürzlich den zweiten Prototytpen des Sion vorgestellt, der in vielen Teilen bereits Serienreife erlangt hat. Danach kommen noch die Vorserienfahrzeuge für weitere Erprobung und Homologation – bevor dann im ehemaligen Saab-Werk in Trollhättan die Serienproduktion anläuft.

„Wir haben in diesem Prototypen erstmals Teile verbaut, die für die Serienfertigung gedacht sind“, erläutert der ehemalige Nissan- und Daimler-Mananger. Das betrifft den Alu-Spaceframe ebenso wie den Elektroantrieb von Continental mit 150 kW Spitzen- und 60 kW Dauerleistung, den Lithium-Ionen-Akku von Elring Klinger mit einer Speicherkapazität von 35 Kilowattstunden – und viele Karosserieteile aus Polymer mit den integrierten Solarpanels, die den SEV so einzigartig machen.

Produktionsstart eventuell erst 2023

Trotzdem: Es gibt immer noch viel zu tun. „Wir sind immer noch im Prozess des Testens, Evaluierens und Anpassens, bremst Hausch Erwartungen, noch in diesem Jahr könnte die Serienproduktion anlaufen. „Auch wenn das Gesamt-Erscheinungsbild dasselbe bleibt, können sich Details noch verändern.“ Das Design-Freeze sei jedenfalls noch nicht erfolgt.

Was heißt das für den Produktionsstart des Sonnenwagen? Ursprünglich war einmal von einem Serienanlauf im Frühjahr 2022 die Rede. Den Termin mag Hausch im Gespräch mit EDISON nicht bestätigen: „Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben die gesamte Automobilindustrie getroffen und damit auch uns. Wir sind gerade dabei zu evaluieren, was das für den Start der Produktion und damit auch die Auslieferung der Fahrzeuge bedeutet“, beschreibt der COO das Problem.

Viele Zulieferer von Sono Motors – von denen 80 Prozent in Europa sitzen – seien derzeit noch in Kurzarbeit. Und wann der Lockdown endet, kann derzeit niemand sagen. Hausch: „Wir müssen uns jetzt erst noch einmal alles alles ansehen.“ Danach gebe es eine aktualisierte Timeline. Im Klartext: Es könnte passieren, dass sich die Auslieferung der ersten Autos auf 2023 verschiebt.

Ein Schritt weiter
COO Thomas Hausch und Arbeitsdirektorin Friedrich Wolf bei der Präsentation des neuen Sion-Prototypen während der virtuellen CES. Foto: Sono Motors

Hausch gefällt die Situation nicht. Sein Ehrgeiz ist es, das Auto möglichst schnell auf die Straße zu bekommen. Immerhin steht inzwischen die Sono-App, mit der das Elektromobil zu einer Art Airbnb auf Rädern werden soll: Wer mag, kann sein Auto nutzen – es aber auch jederzeit teilen und vermieten. Mit der App kann man zudem das Auto vorheizen, die Türen und die Ladeklappe öffnensowie die Ladevorgänge steuern. Ein Renault Zoe diente dabei als Versuchtsträger – und alles funktioniert inzwischen prächtig, erzählt Hausch.

Das gilt auch für das bidirektionale Laden, also die Rückspeisung des im Akku gespeicherten Stroms ins Hausnetz oder in ein anderes Elektroauto. Der Nissan Leaf, den Hausch neben einem Tesla Model S derzeit fährt, kann das schon länger – aber nur mit Gleichstrom, wie der Sono Motors-Manager betont. „Nach unserem Kenntnisstand können wir als einziger Autohersteller serenmäßig Wechselstrom in großer Menge aus dem Fahrzeug bereitstellen“. Über ein konventionelles Typ-2-Ladekabel und einen Mennekes-Stecker. Der Sion wird dadurch zu einer Art mobilen Ladestation oder ein mobiler Stromgenerator – auch für andere Elektroautos. Da zeichnen sich für die Besitzer neue Geschäftsmodelle ab.

Sono Motors hat erste Bilder vom Innenraum seines "Sonnenwagen" veröffentlicht. Ein Highlight ist ein kleiner, breSono genannter Luftfilter, der mit Island Moos arbeitet und einfach cool aussieht. Elektroauto

Neue Geschäftsmodelle mit Solar-Wafern

Die bidirektionale Lademöglichkeit, die serienmäßige Sharing-Software machen den Sion zusammen mit der Solartechnik einzigartig. Die Techniken, die hinter den drei Alleinstellungsmerkmalen stehen, will Sono Motors aber auch anderen Unternehmen zur Verfügung stellen – oder für eigene neue Geschäftsmodelle nutzen.

Das französische Unternehmen Easymile, ein Spezialist für fahrerlose Transportsysteme, hat bereits Interesse an einer Lizenz bekundet. Und zusammen mit dem finnischen Unternehmen Valoe hat Sono Motors einen Solar-Anhänger für Lastwagen entwickelt, der eine größere Stückzahl der Solar-Wafer vom Sion für eine Stromerzeugung nutzt. Auf diese Weise könnten beispielsweise verderbliche Lebensmittel bei Gütertransporten auf der Langstrecke gekühlt werden, ohne dafür den Dieselmotor in Anspruch zu nehmen. Auch Wohnmobile könnten die Technik nutzen. Oder Sportboote. Hausch: „Wir sitzen nicht auf unseren Technologien, sondern lizensieren sie.“

Helfer in der Not
Die Ladetechnik erlaubt es dem Sion-Fahrer, den im Akku gespeicherten Strom auch anderen Elektroautos zur Verfügung zu stellen – über ein konventionelles Ladekabel. Foto: Sono

Ideen über Ideen. Und Hausch hat noch einige mehr in seinem Kopf. Klar könnte man die Plattform des Sion auch für andere Fahrzeuge nutzen. Geplant ist das Elektroauto bislang nur für Märkte mit Rechtsverkehr. Eine Variante mit Rechtslenkung für Großbritannien oder Märkte in Ostasien böte sich an. Auch die eine oder andere schnittigere Karosserievariante würde man sich wünschen. Und die eine oder andere Farbe: Lieferbar ist der Sion vorerst nur mit Panelen in Schwarz. „Momentan fokussieren wir uns auf den Sion für Europa“, sagt Hausch. „Aber wir schließen nicht aus, dass der Sion und auch andere Fahrzeuge auf der Plattform eines Tages in anderen Regionen der Welt auftauchen.“

Immerhin: Das erste Produkt ist auf die Zielgerade eingebogen.

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10 Kommentare

  1. Goldborg

    Sonomotors ist viel zu langsam auf dem Markt. Das Projekt wird nicht erst 2023 – sondern sondern ist eiegentlich heute schon technisch veraltet. Ein lächerlicher 35Kwh Akku um 10,000 EUR ?

    leben die hinter dem Mond ?

    Heutige Elektrobauer schämen sich Fahrzeuge mit Akkus unter 40kWh auf den Markt zu bringen. Die Technologie geht Richtung unter 100 EUR pro kWh.

    http://www.ideentisch.at/editorial/Lastenheft_f%C3%BCr_Automobilindustrie.pdf

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  2. Denkender Bürger

    Liebe Weltverbesserer,

    begreift doch endlich mal, daß der Sion ein Schuß in den Ofen war.

    Enthusiasmus allein reicht eben nicht, ein Fahrzeug auf den Markt zu bringen.

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  3. Christ

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    die Arbeitsdirektorin heisst wirklich Friedrich Wolf (in der Bildunterschrift) ? Google kennt keine Arbeitsdirektorinnen dieses Namens oder gendert man jetzt so extrem..

    Mit freundlichen Grüssen

    W Christ

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    • Franz W. Rother

      Die Frau heißt wirklich so. Siehe: https://sonomotors.com/de/about-us/?lang=de. Dazu heißt es aus dem Unternehmen: „Frau Wolf verweigert sich existierenden Vorurteils- und Zuordnungs-Schubladen, sondern fordert neue Gedankengänge ihres Gegenüber heraus. Darum auch ihre bewusste Entscheidung für einen männlichen Vornamen.“

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      • Hans Wurscht

        Für mich passt sie dadurch dann auch wieder in eine bestimmte Schublade.

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  4. Frank

    Welche Zielgerade soll das denn sein. Das liest sich wie Hofberichterstattung. Sie sollten dringend einen kritischen und objektiven Blick auf Sono Motors werfen. Da stinkt vieles zum Himmel

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    • Franz W. Rother

      Wo stinkt es denn? Her mit den Details!

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      • Frank

        Zum Beispiel mit den angeblichen 10 Mio der Alt-Gesellschafter, durch die viele Kleinanleger überhaupt erst das Vertrauen hatten, zu investieren. Sonst wäre die Kampagne ein zweites Mal gescheitert. Dann die tatsächliche Verwendung der Gelder versus der Ankündigungen in der Kampagne. . Warum gibt es zu den Finanzen keine Transparenz mehr? Desweiteren die permanente Salamitaktik zum Produktionsstart. Und man könnte mal kritisch hinterfragen, ob es tatsächlich an der Corona Pandemie liegt, wenn der SOP sich jetzt schon wieder verschoben wird.

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        • Franz W. Rother

          Gute Punkte. Wir gehen dem mal nach. Danke!

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    • Hans Wurscht

      Auch ich habe den Eindruck, dass aus diesem Projekt nichts mehr wird. In 2023 wird dieses Fahrzeug technisch ziemlich veraltet sein. Und ob der (minimale) Zusatznutzen durch die Solarpanele für eine (für wirtschaftlichen Erfolg) ausreichende Menge an Kunden ein relevantes Kaufkriterium sein wird halte ich für mehr als fraglich.

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