Toyota hat lange gefremdelt mit dem Elektroantrieb – wie viele andere Autokonzerne auch. Doch während die anderen Hersteller meist in den Dieselmotor investierten, um die von der Politik gesetzten CO2-Ziele zu erreichten, perfektionierten die Japaner lieber den Hybridantrieb . Das zahlt sich jetzt aus – auch und gerade für Lexus, die Premiummarke der Toyota Motor Corporation. Mit dem UX300e hat Lexus seit kurzem sein erstes Batterieauto im Lieferprogramm, mit dem neuen NX450h+ folgt im November das erste Modell der Baureihe mit einem wiederaufladbaren Hybridantrieb. Mit einer Systemleistung von 225 kW (306 PS), einer Speicherkapazität von 18,1 Kilowattstunden des Akkus und einer elektrischen Reichweite von wenigstens 63 Kilometern im Alltagsverkehr zählt der SUV – das den Antriebsstrang mit dem Toyota RAV4 2,5 PHEV teilt – zu den stärksten in seinem Segment. Und das ist erst der Anfang, verrät Pascal Ruch im Gespräch mit EDISON: Der ehemalige Volvo-Manager ist Chef von Lexus in Europa.
Herr Ruch, seit dem Marktstart des RX400h 2006 hat Lexus zwei Millionen Autos mit Hybridantrieb produziert. Erst in diesem Jahr kommen die ersten „Steckerautos“ mit dem Vollstromer UX300e und dem Plug-in-Hybrid NX450 h+. Warum hat das Unternehmen mit Elektroautos so lange gefremdelt?
Das lag ganz klar an zwei Sachen. Zum einen am Markt – am Ende des Tages geht es immer darum, die Wünsche der Kunden zu bedienen. Und viele Menschen haben auch heute nicht die Möglichkeit, ihr Auto regelmäßig an einer Steckdose oder Wallbox aufzuladen.
Und der zweite Grund?
Ist der Weltmarkt. Lexus ist ein global agierendes Unternehmen. Und in Europa ist der CO2-Ausstoß unserer Autoflotte einer der niedrigsten überhaupt. Wir brauchen deshalb eigentlich keine Batterieautos, um die CO2-Flottenziele zu erreichen.
Zumindest heute nicht.
Richtig. In vier oder fünf Jahren sieht die Welt vielleicht schon anders aus. Aber heute sind wir bereits eine voll grüne Automarke. Der Handlungsdruck war deshalb deutlich geringer als bei anderen Autoherstellern, die nun kurzfristig etwas tun müssen, um Strafzahlungen zu verhindern.
Trotzdem haben Sie nun eine Elektrifizierungsstrategie angestoßen. Warum?
Weil sich der Markt und die Bedürfnisse der Kunden allmählich ändern. Und weil unsere Ingenieure das Hybridsystem so weit entwickelt haben, dass ein Plug-in-Hybrid Sinn macht. Wir hätten schon früher die Technik anbieten können, um unseren Kunden einen steuerlichen Vorteil zu verschaffen – auch wenn das Auto nur wenige Kilometer elektrisch fahren kann und der Verbrauch anschließend in die Höhe schießt, weil das Auto durch den zweiten Antriebsstrang schwerer ist. Das ist nicht unser Ansatz. Wenn wir einen Plug-in-Hybrid entwickelten, dann sollte es der effizienteste nicht nur im Elektromodus sein, sondern auch darüber hinaus. Mit dem NX450h+ werden Sie etwa 20 Prozent effizienter fahren. Und auch in punkto elektrische Reichweite haben wir wahrscheinlich momentan das beste Angebot.
Wie weit fährt der NX450h denn im Idealfall emissionsfrei? 60 Kilometer?
Wir nennen aktuell einen Wert von 63 Kilometern. Aber das ist noch nicht final, denn die Homologation des Modells läuft noch. Der Wert wird sicher noch höher ausfallen. Mit dem Toyota RAV4 Plug-in-Hybrid, der den gleichen Antrieb hat, bin ich problemlos schon auf 70 Kilometer gekommen.
Der Plug-in-Hybrid hat eine Lithium-Ionen-Batterie mit 18,1 Kilowattstunden Kapazität an Bord. Und damit ist der Bauraum, wie sich auf Konstruktionszeichnungen sehen lässt, noch nicht einmal ausgeschöpft. Wäre auf der Plattform auch eine vollelektrische Version darstellbar?
Vielleicht. Aber das ist derzeit nicht geplant. Aus einem einfachen Grund: Wir werden im kommenden Jahr ein Elektroauto vorstellen, das auf einer ganz speziellen, IEA genannten Plattform für Lexus und für vollelektrische Toyota-Fahrzeuge entwickelt wurde.
Weil jetzt der Markt dafür reif ist?
Richtig. Wir haben die höchste Kundenzufriedenheit in Europa – auch, weil die Kunden mit dem Hybridantrieb extrem zufrieden sind. Alternative Antriebe müssen deshalb mindestens das gleiche Leistungslevel erfüllen.
Plug-in-Hybride haben in manchen Kreisen einen schlechten Ruf, gelten in Deutschland als Schummel-Lösung, weil die geringen Emissionswerte, die vom Hersteller versprochen werden, im Alltagsverkehr nur selten erreicht werden…
…weil die Autos nicht oder nur selten eine Steckdose sehen. Ja, ich kenne die Debatte. Aber wir können dem Kunden nicht vorschreiben, was er mit seinem Auto macht und wie er es bedient. Aber die Sensibilität für die Umwelt wächst – und auch die für die Benzinpreise. Und wer einen Plug-in-Hybrid nicht regelmäßig lädt, wird auf Kraftstoffverbräuche kommen, die bis zu 20 Prozent über dem einen selbstaufladenden Hybrids liegen. Ich hoffe aber, dass derjenige, der sich für eine PHEV entscheidet, nicht nur die steuerlichen Vorteile im Auge hat.
Steht eigentlich schon fest, was der NX450h+ kosten wird?
Das endgültige Prizing wird im Sommer bekannt gegeben. Natürlich wird der Plug-in-Hybrid teurer sein als der selbstladende Hybrid. Aber der Aufpreis wird moderat sein.
Beim RAV4 sind es rund 7000 Euro Differenz.
Bei Plug-in Modellen greifen Kunden meist zu höherwertigen Ausstattungen, daher nivelliert sich der Preisunterschied. Es könnte aber in einem vergleichbaren Bereich sein.
Mit welchen Stückzahlen rechnen Sie in Europa?
Wir wollen in Europa insgesamt rund 35.000 Exemplare des NX verkaufen, das wäre etwa ein Drittel der gesamten Lexus-Zulassungen. Damit kämen wir in dem Marktsegment auf einen Anteil von 5 bis 6 Prozent. In Westeuropa rechnen wir mit einer Relation von 50:50 zwischen Hybriden und Plug-in-Hybriden, in Deutschland erwarten wir eine Relation von 70 zu 30 für den PHEV.
Die Elektrifizierungsstrategie wird also ein wichtiger Treiber für die Wachstumsstrategie von Lexus in Europa?
2009 lagen wir bei einem Marktanteil von 1 Prozent. Jetzt sind wir bei 2,3 Prozent. Das ist immer noch ein bescheidener Anteil. Aber ich sehe gute Chancen, in den nächsten zwei bis drei Jahren auf drei Prozent zu kommen. Mit dem NX, aber auch mit weiteren Modellen, die wir in den kommenden Jahren auf den Markt hier bringen. In Deutschland wird die Kurve noch steiler sein, weil wir hier auf einem sehr niedrigen Niveau gestartet sind.
Dann kommen Ihnen die immer strengeren CO2-Grenzwerte in Europa also eigentlich entgegen?
Wir haben schon vor vielen Jahren entschieden, nicht länger auf den Diesel zu setzen, sondern Alternativen zu forcieren. Insofern stehen wir heute besser da, weil wir Lösungen anbieten können, die von den Kunden in Europa eher akzeptiert werden.
Der Toyota Mirai ist bislang das einzige Brennstoffzellenauto aus dem Konzern Ist es eigentlich denkbar, dass auch Lexus ein Auto mit einem solchen Antrieb kommt?
Wir haben heute Autos mit Hybridantrieb und als Plug-in-Hybrid im Angebot, auch ein Batterieauto. Im Konzern gibt es auch eine hohe Kompetenz in Sachen Wasserstoff. Wo wir die Brennstoffzellentechnologie einsetzen, ist völlig offen. Technisch wäre es bei Lexus schnell machbar. Wann das passiert, kann ich heute nicht sagen.
Vorstellbar wäre es also durchaus?
Durchaus. Es müsste das richtige Segment betreffen. Muss es eine Limousine sein oder eine andere Karosserieform? Das müsste genau überlegt sein. Ausschließen würde ich es nicht, aber zuvor müsste noch viel Arbeit geleistet werden, um die Akzeptanz der Technik bei den Kunden zu steigern.