Jetzt geben sie aber kräftig Strom in Ingolstadt. Nachdem Audi und Porsche lange an der Premium Platform Electric (PPE) herumgedoktert haben, geht es nun Schlag auf Schlag. Nach dem Q6 e-tron schiebt die Marke mit den vier Ringen zum Jahreswechsel mit dem A6 e-tron gleich die nächste Modellreihe nach, die auf der PPE-Architektur basiert. Die Zahl sechs bleibt gleich, da die geraden Ziffern in der neuen Audi-Nomenklatur für Elektromobile reserviert sind. Also sind nach dem SUV jetzt der Sportback und der Avant an der Reihe.
Das Antriebskonzept ist identisch mit dem des Audi Q6 e-tron, den wir hier schon ausführlich vorgestellt haben. Das bedeutet: eine Asynchronmaschine (ASM) an der Vorderachse und eine Permanentmagneterregte Synchronmaschine (PSM) an der Hinterachse. Audi bietet die Alternative zum Mercedes EQE und zum BMW i5 zunächst in zwei Leistungsstufen an. In der einen heckgetriebenen Version mit 270 kW (367 PS) Leistung und in einer allradgetriebenen die S-Version mit 370 kW oder 503 PS – mit Launch-Control steigt die Leistung hier kurzzeitig auf 405 kW.
Während der S6 mit Allradantrieb den Standardsprint von null auf 100 km/h in 3,9 Sekunden absolviert und bis zu 240 km/h schnell rennt, glänzt der „Basis“ e-tron als Fließheck-Sportback mit einer Norm-Reichweite von über 750 Kilometern (Avant mehr als 720 km). Darauf ist man in Ingolstadt so stolz, dass man gleich vom „Reichweiten-Held“ schwärmt. Der Hauptgrund für den beachtlichen Wert ist die gute Aerodynamik mit einem cw-Wert von 0,21. Der Avant kommt aufgrund der etwas weniger stromlinienförmigen Karosserieform auf einen cw-Wert von 0,24.
Batteriekapazität von 94,9 kWh
Beachtlich ist auch die Batterie mit einer Kapazität von brutto 100 Kilowattstunden (94,9 kWh netto), das Fahrzeuggewicht von 2.100 bis 2.335 Kilogramm (je nach Leistung und Karosserievariante) sowie die verbesserte Effizienz des Antriebsstrangs. Da geht es nicht nur um die Hairpin-Wicklung der Kupferdrähte bei der ASM-Maschine vorne und dem PSM-Triebwerk hinten. Zudem sorgt die Öl-Direktkühlung der E-Maschinen für eine höhere Leistungsdichte. Und beim Bremsen werden bis zu 220 kW zurückgewonnen.
Gerade am Bremsgefühl und vor allem an den Übergang von der Motor- zur klassischen analogen Reibbremse haben die Ingolstädter Ingenieure getüftelt. Wenn man den Q6 e-tron als Maßstab nehmen kann, dann ist das gelungen. Apropos: Auch der Langstreckenheld Audi A6 e-tron performance ist mit einer Sprintzeit von 5,4 Sekunden und einem Top-Speed von 210 km/h alles andere als eine rollende Wanderdüne.
LED-Scheinwerfer mit schwarzer Maske
Das Fahrwerk mit den adaptiven Dämpfern kann beim A6 e-tron optional um eine Luftfederung ergänzt werden, die beim S6 e-tron serienmäßig ist. Ist das der Fall, senkt sich die Karosserie im Fahrmodus „Efficiency“ ab 120 km/h um 20 Millimeter ab. Der Sportback erreicht so den cw-wert von 0,21. Das ergibt aus Effizienzgründen Sinn, da mit Zunahme der Geschwindigkeiten die bremsende Kraft des Luftwiderstandes quadratisch wächst. Bei 80 km/h und darunter streckt der A6 e-tron die Beine wieder. Allerdings liegt die Karosserie in den Fahrprogrammen „Dynamic“ und „Efficiency“ ohnehin um zehn Millimeter tiefer als auf Normalniveau.
Ein weiteres Thema, das Audi traditionell groß geschrieben wird, ist das Licht. Vorne teilen die Ingolstädter das schmale Tagfahrlicht und die Hauptscheinwerfer und betten diese in eine schwarze Maske ein, hinter der die LEDs für Abblend- und Fernlicht verschwinden, sobald diese ausgeschalten sind. Der A6 ist also eine Art Straßen-Zorro. Nur mit dem Verschleiern der Identität dürfte es etwas schwierig werden. Die vier Ringe und die OLED-Heckleuchten weisen den Sportback und den Avant eindeutig als Audi aus.
Ingolstädter Lichtspiele
Zumal die Ingolstädter Lichtkünstler aus den zehn OLED-Panels mit insgesamt 450 Segmenten mithilfe einiges herausholen. Dank eines schnellen Prozessors und eines eigens entwickelten Algorithmus entsteht mehrmals pro Sekunde ein neues Bild. Das schont nicht nur die Augen der nachfolgenden Autofahrer, sondern ermöglicht auch eine Kommunikation des Fahrzeugs mit der Umwelt beziehungsweise anderen Verkehrsteilnehmer. Echtes Car2X also. Beim Betätigen der Warnblinkanlage beispielsweise erscheint ein digitales rotes Warndreieck in den Rückleuchten. Öffnet man die Türen und das Heckradar erkennt einen herannahenden Radfahrer, erscheint ebenfalls diese geometrische Figur garniert mit jeweils drei Querstreifen in der Nähe der beiden Schenkel.
Doch damit sind die Ingolstädter Lichtspiele noch lange nicht zu Ende. Damit man sich leichter tut, die elektrische Kofferraumklappe mit einem Tritt unter das Heck zu öffnen, zeigt ein Spot den richtigen Ort an, um diesen Freistoß auszuführen. Ein weiteres Highlight ist das Glasdach, das blickdicht oder getönt – oder als „Pergoladach“ mit abwechselnd getönten und blickdichten Segmenten geschaltet werden kann.
Preise beginnen bei 75.000 Euro – erst einmal
Der Innenraum ist prinzipiell identisch mit dem des Q6 e-tron. Das heißt: gebogene Displays, flankiert von einem rechteckigen Bildschirm für den Beifahrer. Das Display für die virtuellen Instrumente hinterm Lenkrad ist 11,9 Zoll groß, der Touchscreen rechts daneben bringt es auf stattliche 14,5 Zoll. Und der bei Audi neue Bildschirm für den Beifahrer kommt auf eine Größe von 10,9 Zoll. Auch das Head-up-Display mit Augmented Reality ist beim A6 e-tron serienmäßig an Bord.
Die optionalen Kameraausspiegel sind jetzt anklappbar und die zugehörigen Monitore an der A-Säule sind höher gerutscht, um besser im Blickfeld des Fahrers zu liegen. Die Konstruktion erfüllt diesen Zweck, schaut aber aus, als ob sie nachträglich im Zubehörhandel gekauft worden wäre. Die automatisch sanft schließenden Türen vermitteln dagegen echtes Premium-Feeling.
Der ganze Aufwand kommt natürlich auch bei den Preisen an. Der Audi A6 e-tron wird als Sportback rund 75.000 Euro kosten, der S6 e-tron weniger als 100.000 Euro. Für die Avant-Varianten nimmt der Ingolstädter Autobauer zwischen 1.000 und 2.000 Euro zusätzlich. Wer nicht so viel Geld auf der hohen Kante liegen hat: Ab Mitte kommenden Jahres schiebt Audi den A6 e-tron mit einer brutto 83 kWh großen Batterie nach. Diese Einsteigerversion soll schon für etwa 63.000 Euro zu haben sein. Zum Vergleich: Der günstigste BMW i5 kostet wenigstens 70.200 Euro, ein Mercedes EQE 67.187 Euro.