Auch wenn der Audi Etron GT schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat – er sieht unverändert sportlich, bullig und imposant aus. Ein Hingucker! Wieso die Modellpflege nicht ein paar deutlich sichtbare Veränderungen brachte, wird jedoch ein Geheimnis der Böllinger Höfe in Neckarsulm bleiben, wo der viertürige Elektrosportler gebaut wird. Denn etwas frisches Nachschärfen hätte ihm ebenso gutgetan wie dem Zwillingsmodell Porsche Taycan, der ebenfalls kaum Veränderungen erfuhr.
Im Unterschied zum Schwestermodell aus Zuffenhausen bleibt Audi allerdings seiner Linie treu und bietet den überarbeiteten e-tron GT in der neuen „Grundvariante“ zwar mit einem auf 105 kWh vergrößerten Batteriepaket an. Die Bayern verzichten aber darauf, den zweiten Motor über Bord zu schmeißen, um eine größere Reichweite zu erzielen. Audi steht eben auch für Quattro. Und so verfügt auch das neue Einstiegsmodell über einen Allradantrieb. Bei einer Motorleistung von bis zu 430 kW im Boost-Modus ist das sicher keine schlechte Entscheidung.

Optisch unterscheidet sich das neue Basismodell kaum von den stärkeren Versionen. Serienmäßig gibt es allerdings nur Leichtmetallräder im 19-Zoll-Format und eine Außenlackierung in Weiß. Alles andere geht schnell ins Geld. Fotos: Audi
Die Fahrleistungen können sich jedenfalls sehen lassen. Tempo 100 ist in vier Sekunden erreicht und erst bei 245 km/h wird der Vorwärtsdrang abgeriegelt. Wichtiger dürfte den meisten Kunden ohnehin die elektrische Reichweite von 575 Kilometern sein und die hohe Ladeleistung an einem Hypercharger von bis zu 320 Kilowatt. Von 10 auf 80 Prozent seiner Kapazität erstarkt der Neckarsulmer in 18 Minuten. An einer mit Wechselstrom betriebenen Wallbox sind jedoch nur maximal elf kW drin.
Viele Extras treiben den Preis
Der Normverbrauch von 17,8 bis 19,3 kWh/100 km, den Audi nennt, lässt sich im Alltagsverkehr jedoch nur mit zaghaftem Gasfuß realisieren – da sind eher Werte jenseits von 20 kWh/100 km realistisch. Das Fahrverhalten ist ein Genuss, denn die Abstimmung von Federn und Dämpfern gefällt ebenso wie die Lenkung, die eine feine Rückmeldung von der Fahrbahn gibt. Beim Bremsen ist jedoch nach wie vor zu spüren, wenn der knapp 2,4 Tonnen schwere Allradler von der Rekuperation in die Verzögerung per Bremsscheiben übergeht. Überhaupt ist das Gewicht ein Thema, denn in schnellen Kurven schiebt der e-tron GT spürbar nach außen. Da ist es gut, dass die über die Lenkradpedale einstellbare Rekuperation einiges auffangen kann. Eine dritte, noch heftiger verzögernde Rekuperations-Stufe würde dem GT allerdings gut stehen.

Sitzseitenwangen, Kopfstützen und mittleren Sitzplatz im Fond des Audi e-tron GT sind in Kunstleder ausgeführt. Echtes, chromfrei gegerbte Rinderhäute finden sich nur auf den Sitzflächen. Wer mehr davon will, muss draufzahlen.
Der Innenraum ist bequem und wertig – jedoch alles andere als üppig dimensioniert. Enttäuschend ist hingegen die dürftige Serienausstattung des Audi e-tron GT. Es kann nicht sein, dass bei einem Basispreis von 108.900 Euro Kunstledersitze an Bord sind, die nur wenige Verstellmöglichkeiten bieten und eine Sitzheizung im Fond ebenso fehlt wie ein Head-Up-Display. Auch die serienmäßig weiße Außenlackierung oder der 19-Zoll-Radsatz sind in dieser Preisliga einfach zu wenig.
RS-Version kann man sich sparen
Auch sinnvolle Details wie Kameras rundum (680 Euro), Matrix-LED-Scheinwerfer / Laserlicht (4.280 Euro), Head-Up-Display (1.400 Euro), Fahrerassistenzsysteme (ab 1.300 Euro), Allradlenkung (1.900 Euro) oder Komfortsitze kosten üppige Aufpreise und treiben den Fahrzeugpreis schnell über die Schwelle von 130.000 Euro. Schon aus dem Grund kommt man kaum in Versuchung, sich für die stärkeren Versionen wie den S e-tron GT oder den RS zu entscheiden. Denn sportlich-dynamisch ist die Basisvariante schon genug. Und eine Keramik-Bremsanlage für 6.100 Euro, die den Topmodellen vorbehalten ist, braucht im Alltagsverkehr niemand.