So viel sei hier schon einmal vorausgeschickt: Ich finde Elektroautos cool, nutze sie seit über fünf Jahren täglich intensiv und mit zunehmender Freude – über die spektakuläre Dynamik ihres Antriebs und der beinahe lautlosen, sehr entspannten Fortbewegung damit. Aber kaufen würde ich keines. Egal, von welchem Hersteller, egal, in welcher Preisklasse. Denn die Fortschritte bei der Verbesserung und Verfeinerung der Fahrzeuge und ihrer Antriebstechnik sind so groß, dass ich einen Kauf schnell bereuen würde – weil schon die nächste Modellgeneration wieder einen großen Sprung nach vorne macht.

Wie beispielsweise beim Audi e-tron. Der jetzt auf den Namen Q8 e-tron hört und mit dem Modell, das ich vor vier Jahren erleben konnte, nicht mehr viel gemeinsam hat. Motor, Akku, Energiemanagement, Fahrwerk und Lenkung, ja selbst die Karosserie haben die Audi-Ingenieure im Zuge einer großen Modellaufwertung angepackt und fein optimiert. Mit dem Ergebnis, dass sich der e-tron nun deutlich besser, aber deutlich weiter fährt als vor vier Jahren und obendrein auch schneller den Strom lädt als noch vor vier Jahren. Käufer eines Audi e-tron der ersten Generation können sich nur mit einem Argument besänftigen: Sie haben ihren Premium-Stromer seinerzeit deutlich günstiger bekommen.

Drei E-Motoren und ein 114 kWh-Akku

Aber der Reihe nach. Für die erste Testfahrt haben wir uns einen SQ8 55 e-tron Sportback geschnappt. Das ist die sportlichste Version mit Fließheck und drei Elektromotoren, zwei an der Hinterachse mit jeweils 98 kW Peakleistung und einen vorne, der bis zu 124 kW mobilisiert. In Summe bedeutet das eine Antriebsleistung von 370 kW oder 503 PS nach der alten Zählweise. Seine Energie bezieht der Antriebsstrang aus einem Akku, der nun brutto 114 kWh Strom speichern kann – für den Fahrbetrieb stehen davon 106 kWh zur Verfügung. Das ist schon mal deutlich mehr als bisher, was den Stromvorrat anbetrifft: Mehr als 86 kWh waren bislang nicht drin. Die Steigerung gelang zum einen durch den Einsatz einer neuen Zellchemie: Statt auf Lithium, Nickel, Kobalt und Mangan (NCM) setzt Audi nun auf Batterien aus Lithium, Nickel, Kobalt und Aluminium (NCA) mit einem geringeren Kobaltanteil, aber einen höheren Energiedichte.

Dynamischer Auftritt 
Der SQ8 e-tron Sportback ist die sportlichste Variante des Elektro-Crossovers. Allerdings auch die teuerste. Foto: Rother
Dynamischer Auftritt
Der SQ8 e-tron Sportback ist die sportlichste Variante des Elektro-Crossovers. Allerdings auch die teuerste. Foto: Rother

Zudem werden die Zellen nun statt auf Pouch- auf prismatische Zellen, die in so genannter Stacking-Technologie aufgebaut sind. Das Zellmaterial liegt hier in Schichten übereinander und füllt so den rechteckigen Raum des Batteriemoduls deutlich effizienter aus. Bis zu 20 Prozent mehr aktives Zellmaterial lässt sich auf diese Weise in der der Batteriezelle unterbringen, ohne dass der Platzbedarf steigt. Da spürt man schon einmal den Fortschritt.

Stromverbrauch von 28 kWh im Schnitt

Und man sieht ihn im Bordcomputer: Dort ist beim Start zwar nur eine Reichweite von 385 Kilometer angezeigt. Aber bei zurückhaltender Fahrweise sollen mit dem Sportback Reichweiten von bis zu 513 Kilometer darstellbar sein. Um es vorwegzunehmen: Die haben wir nicht erreicht. Aus Zeitgründen, aber auch weil die Fahrt mit dem kräftig motorisierten Audi Q8 e-tron einfach zu viel Spaß macht – rauf bis zur Spritzengeschwindigkeit von 210 km/h. Im Schnitt betrug unser Stromverbrauch auf der Testrunde mit vielen Bergauf-Passagen 28 kWh/100 km. Rein rechnerisch hätten wir also spätestens nach 380 Kilometern eine Ladesäule aufsuchen müssen.

Dort hätten wir dann allerdings auch eine weitere wichtige Verbesserung erleben können: Auch die maximale Ladeleistung hat einen Sprung gemacht. Einen kleinen zwar nur150 auf 170 kW an einem Gleichstrom-Schnelllader. Da bieten andere zwar inzwischen deutlich höhere Peak-Leistungen. Aber die große Stärke des Audi e-tron war schon immer, dass die hohe Ladeleistung nicht nur wenige Sekunden oder Minuten anliegt, sondern eine ganze Weile. Und die gute Ladeperformance haben die Audi-Ingenieure nach eigenen Angaben beibehalten: Im SQ8 e-tron wird so in nur zehn Minuten Strom für über 100 Kilometer nachgeladen.

Ruhepunkte in bizzarer Landschaft 
Mag es draußen noch so rauh zugehen - im Q8 e-Tron ist davon wenig bis nichts zu spüren. Foto: Tobias Sagmeister
Ruhepunkte in bizzarer Landschaft
Mag es draußen noch so rauh zugehen – im Q8 e-Tron ist davon wenig bis nichts zu spüren. Foto: Tobias Sagmeister

Mangels geeigneten DC-Schnellladern entlang der Testroute konnten wir das nicht überprüfen. Dafür aber die deutlichen Verbesserungen an Fahrwerk und Lenkung, die der Audi e-tron im Zuge der Produktaufwertung erfahren hat. Dank neuer, steiferer Fahrwerkslager an der Vorderachse, einer neuen Abstimmung der Luftfeder- und Dämpferregelung, aber auch einer neuen Übersetzung im Lenkgetriebe. Mehrere Serpentinenstraßen entlang der Teststrecke boten vielfältige Möglichkeiten, das Fahrwerk zu fordern – an seine Grenzen kam es jedoch zu keinem Zeitpunkt.

Unser Audi in der neuen Lackierung Ultra-Blue lag satt auf der Straße, lenkte agil ein und ohne Reifenquietschen um die Kurven und lenkte anschließend seine ganz Kraft wieder auf die Beschleunigung der Räder – aus dem Stand heraus in etwas mehr als vier Sekunden auf Tempo 100. Für ein Fahrzeug mit einem Lebensgewicht von über 2,6 Tonnen eine beeindruckende Leistung. Zumal die Lenkung auch direkt und deutlich schneller auf kleinste Veränderungen des Winkels reagiert und damit eine sportlich-exakte Spurführung erlaubt. Ja, da hat sich die dreijährige Arbeit der Ingenieure am Fahrwerk bezahlt gemacht.

Früher war mehr Lametta

Keine Frage: Technisch ist der Audi Q8 e-tron nun wieder zumindest auf der Höhe der Zeit, in vielen Punkten auch deutlich besser veranlagt als mancher Wettbewerber in dieser Klasse. Auch rein optisch hat der Crossover einen Sprung nach vorne gemacht, durch aerodynamische Verfeinerungen und eine neue Singleframe Maske, die nun die Scheinwerfer stärker einbindet und über eine Lichtleiste zusammenführt: „Licht ist das neue Chrom“, wie Christiane Zorn, die Leiterin des Produktmarketings, erläutert. Also nicht maulen, dass früher mal mehr Lametta war – die Zeit ist vorbei.

Erstmals zum Einsatz kommen auf Fronthaube und Heckklappe des Q8 e-tron die neuen Audi-Ringe, die künftig zweidimensional ausgeführt sind. Vorne schützen die flach ausgeführten vier Ringe die Sensoreinheit, die für die akkurate Arbeit der zahlreichen Assistenzsysteme erforderlich sind. Wenn sich die Bürokraten der EU einen Ruck geben, könnten die Ringe bald sogar leuchten. So weit, so gut.

Das kann man sich sparen 
Der virtuelle Spiegel (Aufpreis 1650 Euro) soll die Aerodynamik verbessern und damit den Stromverbrauch senken. Der Monitor in der Fahrertür ist allerdings zu tief montiert - der Fahrer muss zu lange den Blick von der Fahrbahn nehmen.
Das kann man sich sparen
Der virtuelle Spiegel (Aufpreis 1650 Euro) soll die Aerodynamik verbessern und damit den Stromverbrauch senken. Der Monitor in der Fahrertür ist allerdings zu tief montiert – der Fahrer muss zu lange den Blick von der Fahrbahn nehmen.

Gewünscht hätten wir uns noch eine Überarbeitung des Cockpits. Nicht, weil es relativ konventionell gestaltet ist. Auch nicht, weil es irgendetwas an der Bedienlogik oder der Qualität der eingesetzten Materialien zu bekritteln gäbe. Sondern, um die Monitore der beiden Kamera-Außenspiegel besser zu positionieren: Das Display in der Fahrertür sitzt viel zu tief und zwingt den Fahrer, beim Auffahren auf die Autobahn oder beim Richtungswechsel auf der Landstraße die Augen länger von der Straße zu nehmen, als für die Sicherheit gut ist. Das Problem sei erkannt, heißt es dazu bei Audi. Aber ein Umbau des Cockpits wäre ein zu großer Eingriff und entsprechend teuer geworden – und deshalb auf die komplett neue Modellgeneration vertagt worden, die für 2026 angekündigt ist.

Ambitionierte Preisgestaltung

Apropos teuer: Spurlos geht die Modellpflege natürlich auch an der Preisliste für den Audi Q8 e-tron nicht vorbei. Unter 74.400 Euro geht künftig nichts mehr, für den Q8 e-tron in Sportback-Ausführung und mit kleinem Akku sind wenigstens 76.650 Euro gefordert. Für unseren ultrablauen Testwagen vom Typ SQ8 e-tron Sportback müssten wir wenigstens 99.000 Euro aufbringen – mit virtuellen Außenspiegeln (Aufpreis 1650 euro) wäre es schon ein sechsstelliger Betrag. Kaufen? Als Neuwagen? Nie im Leben. Aber Leasing – ja, ein Angebot könnte schon reizen. Im Werk Brüssel ist die Produktion gerade angelaufen.

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