2035 ist nach heutigem Stand der Dinge Schluss. Zumindest mit dem Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungskraftmaschine in der EU. Die meisten Fahrzeughersteller werden allerdings schon früher die Produktion von benzin- oder dieselgetriebenen Pkw beenden. Unter anderem plant Audi wie VW den Ausstieg für 2033, Fiat für 2030, Jaguar und Land Rover ab 2025. Und bei Opel soll spätestens 2028 der letzte Verbrenner vom Band laufen.
Die einzigen Hersteller, die sich noch nicht festgelegt haben, sind BMW und Toyota. Neben Plug-in-Hybriden (PHEV), batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) und Autos mit Wasserstoffantrieb (FCEV) wollen beide Hersteller noch eine ganze Weile auch Pkw mit Otto- und Dieselmotoren anbieten – für Märkte außerhalb Europas und der amerikanischen Westküste, wo der Elektroantrieb von der Politik verordnet ist.

Toyota sieht vielfältige Einsatzzwecke für die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie. Und das noch viele Jahre.
Bis 2030 soll jeder zweite BMW rein elektrisch angetrieben werden – dafür aber die andere Hälfte noch mit konventionellem Kraftstoff betrieben werden. Für Toyota hat zwar „eine neue Ära“ begonnen, wie es bei der Einführung der neuen Submarke bZ (beyond Zero) hieß. Neben dem ersten vollelektrischen SUV bZ4X halten die Japaner weiter an anderen emissionsarmen Antriebssträngen fest. Nur dort, wo es die Infrastruktur erlaubt, steigt Toyota vor 2035 aus dem Verkauf der Autos mit Verbrennungskraftmaschinen aus.
Wasserstoff als „fehlendes Puzzleteil“
„Wir verfolgen weiterhin einen mehrgleisigen Ansatz“, sagte der neue Toyota-Chef Koji Sato, als er im April seine Strategie vorstellte. Der Feind sei das Kohlendioxid – nicht die Antriebstechnik. Der Schwerpunkt liege dabei bei den BEV, die 2030 gut ein Drittel des Verkaufs ausmachen sollen. Dazu arbeiten die Japaner auch gleich an drei neuen Batterietechnologien für unterschiedliche Einsatzzwecke und Preisklassen, mit höherer Energiedichte, kürzeren Ladezeiten und deutlich geringeren Kosten als heute. Über 1000 Kilometer Reichweite sollen sich damit schon in Kürze darstellen lassen. Aber die Brennstoffzellentechnologie ist damit noch lange nicht vom Tisch. Weder bei Toyota, noch bei BMW.

Der Toyota Mirai ist derzeit eines der wenigen Serienfahrzeuge mit Brennstoffzelle weltweit. Die zweite Modellgeneration startete 2021 in Japan mit einer geplanten Jahresproduktion von 30.000 Fahrzeugen – und verkauft sich recht gut.
„Wasserstoff ist das fehlende Puzzleteil für emissionsfreie Mobilität, denn eine einzige Technologie wird nicht ausreichen, um klimaneutrale Mobilität weltweit zu ermöglichen“, sagte Oliver Zipse, der Vorstandsvorsitzender der BMW AG, bei der Präsentation des Wasserstoffautos iX5 Hydrogen. Das 295 kW/401 PS starke SUV beschleunigt in weniger als sechs Sekunden auf Tempo 100, fährt konstant mit 185 km/h und ist zumindest kurzeitig bis zu 205 km/h schnell. Die Reichweite mit einer Tankfüllung liegt nach der Verbrauchsnorm WLTP bei 504 Kilometer, der Wasserstoffverbrauch nach WLTP bei 1,19 kg/100 km. Zwei Tanks aus Karbon speichern sechs Kilogramm Wasserstoff unter 700 bar Druck. Einen Preis dafür nennt BMW nicht: Bei den rund 100 Fahrzeugen iX5 Hydrogen handelt es sich um eine Pilotflotte, die nicht für den Verkauf vorgesehen ist.
„Neue Klasse“ auch mit Brennstoffzelle
BMW und Toyota glauben fest an die Technologieoffenheit – und an die Brennstoffzelle. Toyota verkauft seit 2014 den Mirai, aktuell in der zweiten Generation, für mindestens 65.990 Euro. Mit einer Tankfüllung kommt das Wasserstoffauto rund 650 Kilometer nach WLTP weit und lässt sich innerhalb von wenigen Minuten betanken. BMW hingegen hat es über Prototypen und Pilotfahrzeuge nie hinausgeschafft.

Wegen der geringen Zahl von Brennstoffzellenfahrzeugen ist die Zahl der Tankstellen, an denen Wasserstoff getankt werden kann, derzeit noch gering. Trotzdem wurden mit etwas mehr als 1000 Tankstellen über 80.000 Fahrzeuge weltweit betrieben. Und die Erweiterung des Netzes wird gerade vorbereitet. Grafik: Toyota Europe
Gemeinsam wollen beide Unternehmen die Technologie weiterentwickeln. Schon der aktuelle BMW iX5 Hydrogen nutzt eine Brennstoffzelle von Toyota. Ab 2027 wollen beide Unternehmen mit dem Verkauf eines gemeinsam entwickelten Brennstoffzellen-Autos starten. Genaue Details für das nächste Modell gibt es zwar nicht. Wie EDISON erfuhr, wird BMW die Plattform der sogenannten „Neuen Klasse“ bei BMW nutzen. Und Toyota denkt angeblich an eine SUV-Variante des Mirai.
Weltmarkt im Blick
Toyota und BMW haben unterschiedliche Gründe, an der Technologieoffenheit festzuhalten, meint Professor Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach bei Köln. „Toyota hat jahrelang an Hybrid- und Wasserstoff-Antriebe geglaubt und diesen Technologien Priorität bei der Entwicklung eingeräumt. Das batterieelektrische Fahrzeuge wurde dagegen jahrelang weniger bedacht“, sagt Bratzel. Erst relativ spät hat Toyota mit der Entwicklung reiner BEV begonnen – ohne die anderen Antriebsarten jetzt zu vernachlässigen.

Das Brennstoffzellenauto von BMW nutzt den Antrieb des Toyota Mirai und ist vorerst nur ein Protoytyp, der von ausgewählten Kunden in aller Welt getestet werden soll. Ein Verkauf des Autos ist vorerst nicht vorgesehen. Foto: BMW
BMW-Chef Zipse argumentiert für Technologieoffenheit unter anderem damit, dass BMW seine Produkte in Regionen der Welt wie Südostasien verkauft, in denen es auch in absehbarer Zeit keine Ladeinfrastruktur geben und daher der Markt für BEV dort eher klein sein wird. Aber auch in Europa werde die Transformation dauern, argumentierte Technikvorstand Frank Weber kürzlich in einem Interview: „Man kann nicht von heute auf morgen mit dem Verbrennungsmotor aufhören.“ Die Mehrheit der Autokäufer greife derzeit noch zu einem Fahrzeug mit konventionellem Antrieb.
Vorteile eher bei Lkw?
„Eine Argumentation, die auch die im südostasiatischen Markt stark vertretene Marke Toyota verwendet“, sagt Bratzel. Doch die Brennstoffzelle wird nach seiner Einschätzung bei Pkw weiter eine absolute Nische besetzen. „Vielleicht wird es Langstrecken-Premiumfahrzeuge mit Brennstoffzelle geben, aber ich sehe die Vorteile eher bei Lkw.“ Doch auch da müsse zunächst das Infrastruktur-Problem gelöst werden, bevor eine echte Technologieoffenheit auf der Straße entstehen kann.
Toyota hingegen ist da ganz optimistisch. Stephan Herbst, der neue Technikchef des Geschäftsfelds „Wasserstoffantrieb und Brennstoffzelle“ bei Toyota Europe in Brüssel, verwies kürzlich bei einem Vortrag auf der IAA Mobility darauf, dass heute schon nur etwa 1000 Wasserstoff-Tankstellen weltweit ausreichen, um 80.000 Brennstoffzellenautos am Laufen zu halten. Und der Ausbau der Infrastruktur sei deutlich günstiger als der flächendeckende Ausbau einer Ladeinfrastruktur für Batterieautls.