Ist das der neue Hecht im Karpfenteich? Oder besser Seelöwe? Wenn BYD kurz vor dem Jahreswechsel den neuen Sealion7 an den Start bringt, sehen europäische e-SUV für die gehobene Mittelklasse vom Audi Q6 e-tron und seinem Zwilling Porsche Macan Electric bis zum Mercedes EQE SUV jedenfalls ganz schön alt aus. Von bürgerlichen Modellen wie dem VW ID.5 oder dem neuen Ford Capri ganz zu schweigen.
Denn das 4,83 Meter lange Modell aus dem Meer sieht nicht nur ungewöhnlich schnittig aus, weil er mit seiner dünnen Blade-Batterie ein wenig flacher baut als seine Konkurrenten, sondern weil er auch bei den Preisen die Bälle flacher halt und bei vergleichsweise günstigen 47.990 Euro startet.
Obwohl er damit ein Viertel weniger kostet als zum Beispiel ein Audi Q6 e-tron, hat der BYD nicht viel weniger zu bieten. Das gilt für die Präsenz und die Platzverhältnisse – schließlich steht der Sealion7 stramm da und bietet bei 2,93 Metern Radstand reichlich Beinfreiheit in beiden Reihen. Er ist auch um die Schultern erfreulich luftig. Und er packt nicht nur 520 bis 1789 Liter Ladung in den Kofferraum, sondern bietet zudem vorne noch einen soliden Frunk etwa zum Verstauen des Ladekabels.
Mit Heck- und 390 kW starkem Allradantrieb
Ansprechend ist auch das Ambiente im Innenraum, weil der BYD mit seinen wenigen Tasten und dem großen, drehbaren Mitteldisplay ähnlich modern und aufgeräumt rüberkommt wie ein Tesla Model Y. Dank einer vornehmeren Materialauswahl und einer etwas harmonischeren Architektur wirkt er aber bei weitem nicht ganz so kühl, nüchtern und abweisend wie der Amerikaner. Und dank der schlanken Akkus sitzt der Fahrer etwas näher am Asphalt. Dazu ein solide abgestimmtes Fahrwerk, eine Lenkung mit leichtgängiger Standard- und bestimmter Sportkalibrierung und Rekuperation in zwei Stufen – schon kriegt die Generation E ein Grinsen, das eine Gerade überdauert und in den Kurven nicht gleich wieder abflacht.
Die Musik dazu spielt in der Basisversion ein Heckmotor mit 230 kW oder 313 PS Leistung. Wer für den Sealion 7 mindestens 53.990 Euro ausgibt, bekommt eine zweite E-Maschine an der Vorderachse und mobilisiert mit dem kleinen Zeh dann stolze 390 kW oder 530 PS. Das reicht im besten Fall für einen Sprint von 0 auf 100 in 4,5 Sekunden. Und mit Bleifuß und einem Autobahnabschnitt ohne Tempolimit sind bis zu 215 km/h drin.
Bis zu 502 Kilometer Reichweite
Energie dafür liefert standardmäßig ein Akku mit einer Kapazität von 82,5 kWh. Im Hecktriebler reicht die für 482 und beim Allradmodell für 456 Kilometer ohne Ladepause. Im Topmodell für 58.990 Euro stockt BYD die Batteriekapazität auf 91,3 kWh auf und verspricht dann eine Normreichweite von 502 Kilometern. Außerdem passt dann auch das Ladetempo zur Fahrdynamik. Während der kleine Akku Gleichstrom nur mit maximal 150 kW aufnimmt, sind mit dem großen Akku standesgemäße 230 kW drin. Die Ladezeit für den Hub von 10 auf 80 Prozent sinkt darüber von 24 auf 18 Minuten.
Während die Entwickler bei der Fahrdynamik viel richtig gemacht haben, sind ihre Kollegen als der Abteilung Software und Elektronik ein gutes Stück übers Ziel hinaus geschossen. Die vielen Assistenten sind nämlich so nervös und übereifrig, dass es bei der Fahrt bimmelt wie in der Spielhölle am Samstagabend. Natürlich kann man all das auch irgendwo abschalten. Aber weil die Sprachbedienung noch in der Nachhilfe ist und erst angelernt sein will und weil sich BYD bei der Bedienung sonst ins radikale Lager der Touchscreen-Fraktion und Taster-Feinde geschlagen hat, tun sich zumindest Nichtschwimmer im Aqua-Zoo damit anfangs ein bisschen schwer. Und je länger man auf dem Bildschirm nach dem richtigen Menüpunkt sucht, desto böser bimmelt der Aufmerksamkeits-Assistent. Da würde man den Sealion7 am liebsten im Meer versenken.