Was vergessen? Richtig, einen Führerschein braucht hier niemand, denn der Loadster ist ein Pedelec nach §1 StVG Absatz 3. Keine Kfz-Steuer, keine Versicherungspflicht. Wer will, bekommt aber einen Versicherungsschutz. Zum Beispiel über die neue Kooperation mit dem Digitalversicherer Hepster der ein nettes Paket für E-Fahrzeuge offeriert. Vollkasko inklusive Schutzbrief (europaweite 24-Stunden-Soforthilfe) gegen die Folgen von Beschädigung, Verschleiß oder Diebstahl. Ohne Selbstbeteiligung, ohne Nutzungseinschränkung.

Auf dem Radweg könnte es eng werden

Wobei man den Loadster nicht unbedingt kaufen muss. Da geht alles, was vorstellbar ist. Egal ob Finanzierung, Miete in jeder Dauer oder Leasing. Zum Beispiel ein 36-Monate-Leasing für 259 Euro im Monat, inklusive Vollkasko und Roland-Schutzbrief und Abschleppservice. Und wer das Ding nur kurz testen will, kann das laut Citkar jederzeit, selbst wenn es nur eine kurze Proberunde sein soll.

Plus bedeutet hoch, Minus eben runter
Über das Multifunktions-Lenkrad des Loadster wird nicht nur die Schaltung gesteuert. Auch der Startknopf und der Blinker sind integriert. Und natürlich gibt es eine Ladestandsanzeige. Fast kommt man sich wie in der Formel 1 vor. Foto: Hardy Mutschler

„Nutzen Sie Radwege und Fahrradstraßen“, heißt es schließlich noch freundlich auf der Website des Unternehmens. Danke, sagt da der stets genervte Berliner. Nett gemeint. Aber da ist die Hauptstadt nicht unbedingt das prädestinierte Revier. Weiß hier jeder, der den Zustand und die oftmals noch beängstigende Enge der hauptstädtischen Fahrradwege kennt. Da wäre selbst der schlanke Loadster für die zweirädrigen Kollegen ein kleines Verkehrshindernis.

Aber erstens geht der Ausbau dieser Pisten (durch Corona beschleunigt) unterm grün-roten Senat jetzt forciert voran, und zweitens sieht Kremer diese Killerfrage durch seinen täglichen Erlebnisse grundsätzlich positiver: „Ich komme hier mit dem Loadster auf jedem Radweg durch.“ Der sei ja an jeder Seite nur 15 bis 20 Zentimeter breiter als ein normales Fahrrad. Im übrigen fahre dieses Cargobike auch problemlos zwischen den Berliner Pollern hindurch.

Multifunktionslenkrad wie im Auto

Klingt glaubhaft. Aber weil wir nicht nur zum Zuhören in Marzahn sind, ist jetzt eine Probefahrt fällig. Einsteigen, das Life-Modell wartet. Und verdient sich seinen ersten Pluspunkt: Der EDISON-Redakteur mit 1,94 Meter Körpergröße passt hier ohne Verrenkungen rein, der bemerkenswert bequeme Sitz lässt sich wie im Auto mit einem schnellen Griff an jedes Fahrerformat anpassen. Funktioniert laut Citkar nicht nur für Zwerge (ab 1,50 Meter), sondern auch für Riesen (bis 2,00 Meter).

Schon finden wir einen fein ergonomischen Abstand zur Pedalerie. Auch
das griffige, viereckige Multifunktionslenkrad passt da positionsmäßig bestens, ebenso die Anzeigen auf dem kleinen digitalen Display. Alles da: Speed, Fahrmodus, Ladestandsanzeige (ein grüner Balken markiert zwei bis drei Kilometer) und dann noch der farbige Ring, der uns zeigen soll, wieviel Energie beim Treten in das System eingespeist wird. Auch die Funktion der paar Bedienknöpfe haben wir schnell kapiert. Einer zum elektrischen Starten des Loadsters, einer fürs Licht, zwei für die Blinker und zwei fürs Schalten: Plus bedeutet hoch, Minus eben runter.

„Nutzen Sie Fahrradwege“
Trotz vier Rädern und knapp ein Meter Breite ist das Citkar ein Pedelec, ein (Lasten-)Fahrrad mit elektrischer Trittunterstützung. Foto: Marius Bauer

Wohin mit dem Smartphone? Oben rechts an der Karosseriesäule gibt es eine grundsolide Halterung. Passt bestens. Auf Wunsch wäre hier sogar ein USB-Anschluss möglich, hatte Kremer vorhin erwähnt. Oder eine Möglichkeit zum induktiven Laden des Handys. Überhaupt, eine Ausstattung wie im Auto: haufenweise Blinkleuchten, Warnblinkanlage und in alle Richtungen verstell- und anklappbare Außenspiegel. Wohin mit unserem Schreibkram? Aha, unten neben dem Sitz gibt es einen passenden Stauraum, auch für Wasserflasche, Snacks und ähnliches Zeugs.

Kurzer Rundumblick. Alles frei. E-System einschalten, Entsperr-Code eingeben, Handbremse lösen. Abmarsch. Kräftiger Tritt in die Pedale. Oha, das hätte auch mit weniger Power funktioniert, denn dieser Muskel-Motor-Hybrid düst ziemlich munter los. Schon bewegen wir uns entspannt im öffentlichen Straßenverkehr.

Auffällig: Gut gefedert ist das Ganze, vorn wirkt quer eine Blattfederung, hinten gibt es sogar eine Einzelradaufhängung. „Damit schwebst Du fast“, haben sie bei Citkar versprochen. Okay, ist übertrieben, aber die Fuhre hat schon was angenehm softes. Dagegen wirken die hydraulischen Fahrrad-Scheibenbremsen Marke Magura geradezu bissig, stellen wir fest. Deren Wirkung müsste man mal bei voller Beladung testen. Praktisch, dass sich die Bremshebel direkt am Lenkrad befinden.

Alles bestens. Klick, klick, wir schalten (völlig ruckfrei) schrittweise die elektronisch simulierten Gänge hoch und erfreuen uns nun an der schönen gleichmäßigen Trittfrequenz bei Fullspeed, also den maximalen 25 km/h. Wechsel meist zwischen den Modi eins bis drei. Die leichtgängige Lenkung funktioniert an der engen Kreuzung erfreulich direkt, die hoch montierten Rückspiegel geben gute Sicht nach hinten. Zwischendurch mal eine kurze Sprinteinlage aus dem Stand. Wirklich erstaunlicher Antritt.

Mit Blattfederung und Kurvenlicht
Ein Tretauto für Kinder lieferte die Idee zum Bau des Citkar. Beim Loadster ist die gesamte Konstruktion allerdings deutlich stabiler ausgeführt. Foto: Hardy Mutschler

„An der Ampelkreuzung ziehe ich bis 15 km/h jedes Auto ab“, hatte Kremer vorhin getönt. Gut, könnte bei etwas Übung tatsächlich klappen. Auch der klitzekleine Wendekreis überrascht. Dürften rund fünf Meter sein. Alles schön handlich.

Wir wuseln jetzt in einer kleinen Kehre herum. Äh, das wird hier dummerweise zu eng. Wie war das bei der Einweisung mit dem Rückwärtsfahren? Ach ja, den Minus-Modiknopf gedrückt halten und einfach treten. Dankeschön, es funktioniert. Und dann fällt uns noch was ganz cooles auf: Dieser Loadster kann sogar mit Kurvenlicht angeben, weil die kleinen LED-Scheinwerfer ja direkt auf den Schutzblechen der Räder montiert sind und immer brav mitschwenken.

Kurzer Blick auf die Ladestandsanzeige. Die Restreichweite ist kaum geschrumpft. Schade, wenn sich die fetten Regenwolken jetzt nicht (wie von der Wetterradar-App angesagt) am späten Nachmittag, sondern mal gleich öffnen würden, könnten wir noch schnell die Wetterfestigkeit des Loadster testen. Bei Citkar schwören sie nämlich, dass der Fahrer auch in heftigen Güssen trocken bleibt, weil die Verkleidungen so unerhört oberschlau geformt seien.

Weitere Varianten sind in Vorbereitung

Zurück zur Citkar-Halle. „Sie haben beim Ankommen gerade gelächelt“, freut sich Kremer. Ja, war wirklich lustig. Nur beim flotten Wenden gab es mal einen irritierenden Moment, weil die Bremshebel beim Kurbeln am Lenkrad einfach mitwandern und dann etwas schwierig zu greifen sind. Dazu steht sogar was in der Bedienungsanleitung: „Beachten Sie, dass die Bremswippen beim Lenken mitdrehen. Üben Sie daher auch das Bremsen bei Kurvenfahrten.“

Gern, beim nächsten Mal. Im übrigen ist die Anleitung für den Loadster nicht ein profanes Heft. Nein, für den Notfall und wichtige Fragen gibt es einen Aufkleber mit QR-Code über der Frontscheibe. Mit dem Smartphone scannen, dann lesen.

Noch was zu nörgeln? Ja, die Lautstärke des E-Motors, die sich beim schnellen Trampeln dem Sound einer startenden Straßenbahn nähert, könnte etwas verfeinert werden. Aha, schon passiert, erfahren wir sofort, unser Vorserienmodell hätte da mit 75 bis 80 dB nicht den neuesten Stand. Aktuell sei man schon bei gedämpfteren 60 dB. Gut zu wissen.

Und um das Ganze abzurunden, besteht Kremer noch auf einer Runde mit Beladung. Dazu klettert er mit seinen 85 Kilo mal ungeniert auf die Ladefläche. Gute Idee. Psst, Plane runter, los geht’s. Tatsächlich ist der Unterschied kaum zu spüren, wir fahren im Modi zwei, ohne dass die Angelegenheit spürbar strapaziöser wird. Überzeugt.

Und dann, interessante Sache, wollen wir unauffällig wissen, ob es neben diesen drei Modellen noch weitere Ideen gäbe. Das dürfe er uns leider nicht verraten, sagt Kremer. „Wir arbeiten natürlich an Weiterentwicklungen.“ Und den Status eines Vorreiters moderner Mobilität wolle man unbedingt halten. Noch ein Versuch: Wie sieht es dann mit einem eigenen Anhänger aus? „Es gibt viele Optionen“, grinst Kremer vielsagend. „Da könnten in Zukunft auch mal ganz andere Modelle stehen“. Auch über möglich Kooperationen („Dafür sind wir jederzeit offen“) will er nichts Konkretes erzählen. Schon gar nicht über die aktuellen oder anstehenden Großkunden von Citkar – da sei Verschwiegenheit vertraglich vereinbart.

Da böte sich ja einiges an. Von der Deutschen Post, Amazon bis zu Zalando (da gab es mal eine gemeinsame Testphase). Kremer nennt hier lediglich Transgourmet, diesen richtig großen Spezialisten für die Lebensmittel-Belieferung, der auf Nachhaltigkeit großen Wert legt und schon in Citkars Startjahren ein wichtiger Kooperationspartner war.

Auch die Müllabfuhr schätzt den Loadster

Gut, wir beschließen den Besuch in Marzahn mit einer philosophischen Frage. Wo soll das Ganze denn mal hinführen in der Zukunft? In zehn Jahren oder so. Auch da hat der junge Chef selbstverständlich klare Vorstellungen. Die er uns, wir haben es geahnt, wieder nur verklausuliert sagen will. „Wir wollen eine Mobilität schaffen, die im doppelten Sinne bewegt und begeistert.“

Aber wie der journalistische Zufall an diesem Donnerstag so spielt. Als wir zum Verabschieden ins Freie kommen, rangiert sich gerade ein riesiger Sattelschlepper von der Firma Maintaler vor der Halle ein. „Unser Logistiker“, kommentiert Kremer erfreut.

Der dann ein paar Minuten später sieben hochglänzende, versandfertige Loadster im Laderaum verschwinden lassen wird und fröhlich über eine große Empfänger-Firma plaudert, die offenbar schon einige Loadster im Einsatz hat. „Die gehen zur Müllabfuhr nach Freiburg“. Also an die Abfallwirtschaft und Stadtreinigung GmbH. Wissen wir nun.

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2 Kommentare

  1. Werner Firneburg

    Hi, wo kann man dieses Fahrzeug mal Probefahren.

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    • Franz W. Rother

      Das müssen sie mal Stefan Räth von Citkar fragen, per Mail ([email protected]) oder telefonisch unter (030) 5490 668-40

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