Im Werk Wörth ist die Serienproduktion des Mercedes-Benz eActros 600 angelaufen, eines vollelektrischen Schwerlast-Lkw, der die Industrie laut Daimler Truck als „Benchmark“ revolutionieren soll. Täglich verlassen zwei bis drei dieser 40-Tonner das Werk, um dem steigenden Interesse der Kunden gerecht zu werden – trotz eines Anschaffungspreises, der etwa doppelt so hoch liegt wie bei Dieselmodellen. Die Investition zahlt sich nach Angaben des Herstellers jedoch über die Betriebsdauer hinweg aus.
Der eActros 600 erreicht eine Reichweite von etwa 500 Kilometern und ist für den Fernverkehr ausgelegt. Mit einer Batteriekapazität von über 600 kWh und Ladeoptionen wie CCS mit bis zu 400 kW oder künftig Megawatt-Laden (MCS) ist das Fahrzeug bereit, täglich über 1.000 Kilometer zurückzulegen. Die elektrische Antriebsachse, die bis zu 600 kW Spitzenleistung bietet, wurde speziell im eigenen Haus entwickelt und unterstützt das 40-Tonnen-Gesamtzuggewicht.
Herausforderung Ladeinfrastruktur
Während der eActros 600 technologisch überzeugt, bleibt die Ladeinfrastruktur eine Schwachstelle. Aral hat kürzlich in Mönchengladbach einen Ladepark mit 14 Ladesäulen à 400kW und zwei Ladepunkten pro Säule eröffnet . Doch der ist exklusiv Elektroautos vorbehalten. Der nächste Ladepark von Aral in Wattenscheid soll auch Ladestopps für Brummis anbieten. Abe das ist nur ein Tropfen auf einen heißen Stein: Bislang gibt es nur etwa 600 geeignete Ladepunkte für Schwerlastfahrzeuge in ganz Europa. Karin Rådström, die neue CEO von Daimler Truck, forderte daher eine schnelle Aufrüstung: Rund 35.000 Schnellladepunkte seien nötig, um die Klimaziele bis 2030 zu erreichen. Ohne verlässliche Lademöglichkeiten werde die Umstellung auf emissionsfreie Logistikfahrzeuge ausgebremst.
Im Mercedes-Benz Werk Wörth laufen alle wesentlichen Schritte der eActros 600-Produktion zusammen. Teile und Komponenten stammen aus verschiedenen Standorten wie Gaggenau, Kassel und Mannheim und werden vor Ort integriert. „Wir integrieren hier alles“, erklärt Andreas Bachhofer, Standortleiter in Wörth.
Hochflexible Lkw-Produktion
Dabei ist der eActros 600 der erste vollelektrische Lkw, der vollständig in einer einzigen Produktionshalle aufgebaut wird – ein klarer Hinweis auf die hohe Priorität dieses Modells. Kleinere Elektro-Baureihen hingegen wechseln für die Montage ihrer Komponenten zwischen verschiedenen Hallen.
Die Produktionskapazität in Wörth ist beeindruckend: In Spitzenzeiten laufen bis zu 400 Lkw täglich vom Band, unterstützt durch einen Dreischicht-Betrieb. Die Fertigung erfolgt an drei Produktionslinien, die aktuell im Zweischicht-Betrieb betrieben werden. Diese Linien bieten maximale Flexibilität: Ob Diesel- oder Elektroantrieb, ob Actros 300, 400 oder 600 – die Mitarbeiter sind darauf spezialisiert, Fahrzeuge individuell und effizient zusammenzubauen. „Gib mir eine Achse, und ich baue sie ein“, lautet das Motto der Belegschaft und unterstreicht den hohen Grad an Anpassungsfähigkeit, der den Standort Wörth zu einem führenden Zentrum für moderne Nutzfahrzeugproduktion macht.
Fazit: Innovation trifft Infrastrukturbedarf
Der eActros 600 markiert einen wichtigen Schritt in Richtung emissionsfreier Fernverkehr, doch der Ausbau der Ladeinfrastruktur bleibt entscheidend. „Wir haben die Lösung, aber die politischen Rahmenbedingungen fehlen“, betonte Rådström und appellierte an die Politik, die notwendige Infrastruktur für eine emissionsfreie Zukunft sicherzustellen.