Mit einem Jahr Verspätung nimmt das sogenannte Deutschlandnetz mit Schnellladesäulen für Elektroautos nun langsam Formen an. Bei der ersten Ausschreibung zu 900 Standorten, an denen rund 8.000 Schnellladepunkte entstehen sollen, waren zehn Bieter aus dem In- und Ausland erfolgreich. Diese dürfen beim Aufbau der Schnellladeinfrastruktur bis 2026 auf staatliche Fördermittel zurückgreifen, müssen dafür allerdings festgeschriebene Vorgaben des Verkehrsministeriums erfüllen – etwa bei der Standortwahl, beim angebotenen Bezahlsystem oder bei der Kapazität der Schnelllader ab 200 kW aufwärts.
Einer der nach eigenen Angaben größten Betreiber des künftigen Deutschlandnetzes wird E.On sein. Die Essener erhielten Zuschläge für 15 Prozent des gesamten Netzes. Der Konzern („Wir glauben an die Elektromobilität“) wird 140 Standorte in Nordwest- und Süddeutschland mit insgesamt rund 1.200 Ladepunkten bestücken. Dafür werde Eon zum Teil auch bereits vorhandene Ladeinfrastruktur der Konzernsparte E.On Drive ergänzen und Ladepunkte mit bis zu 400 kW errichten, hieß es aus der Firmenzentrale aus Essen.
Ferner erhielt mit Total Energies ein weiteres Schwergewicht der europäischen Energiebranche Zuschläge. Des Weiteren waren die Pfalzwerke erfolgreich, ebenso wie die Statkraft-Tochter Mer Germany. Letztere wird 700 Schnellladepunkte an 83 Standorten realisieren und betreiben.
92 Standorte für Fastned
Zu den heimischen Gewinnern, die nicht direkt der Energiewirtschaft zuzuordnen sind, zählen die Mobility-Sparten des Essener Baukonzerns Hochtief sowie von Baywa aus München. Hochtief erhielt seinen Zuschlag allerdings im Verbund mit EWE-Go, der Mobility-Sparte des Oldenburger Regionalversorgers EWE. Die Baywa-Sparte Baywa Mobility Solutions bekam das sogenannte Bayern-Los und wird dort nach eigenen Angaben 15 Millionen Euro in 20 Ladeparks investieren. Für den Mischkonzern markiert dies zugleich den Einstieg ins Geschäft als Ladenetzbetreiber.
Mit Allego und Fastned werden zudem zwei niederländische Anbieter Betreiber des Deutschlandnetzes. Fastned bekam Zuschläge für 92 Standorte. Erfolgreich war überdies der französische Baukonzern Vinci und Envy Elektrifisering aus Norwegen.
Auf diese zehn Gewinner verteilen sich Zuschläge für 23 sogenannte Regionallose in sechs Teilgebieten des gesamten Bundesgebiets. Vergeben hat das Ministerium „Suchräume“, das heißt, den erfolgreichen Bietern bleibt bei der exakten Standortwahl eine gewisse Freiheit. Ausgewählt hat das Bundesverkehrsministerium die jeweils günstigsten Angebote. Allerdings sei unter anderem mit ausschlaggebend gewesen, dass die Bieter schnell ins Errichten kommen, weil sie bereits über Flächen verfügen. Auch die Nutzerfreundlichkeit und das Design spielten eine Rolle. Die Idee, an den öffentlichen Ladepunkten des Deutschlandnetzes eine Preisobergrenze von 44 Cent pro Kilowattstunde festzulegen, musste die Bundesregierung nach Gesprächen mit der EU-Kommission wieder fallenlassen. Die Strompreise sollen nun lediglich „marktüblich“ sein.
Die EnBW, Deutschlands größter Ladenetzbetreiber, hatte sich nicht an der Ausschreibung beteiligt. „Das entwickelt sich viel zu langsam. Die Standorte werden EU-weit ausgeschrieben und auch Preisobergrenzen sollen gelten“, kritisierte EnBW-Manager Volker Rimpler erst kürzlich noch im Gespräch mit EDISON das Vorhaben. „Bis hier eine Genehmigung erteilt ist, haben wir schon drei neue Ladeparks realisiert“, lästerte im gleichen Gespräch Vorstandsfrau Colette Rückert-Hennen.
Ausschreibung zu Autobahnstandorten läuft
Komplett wird der Betreiberkreis des Deutschlandnetzes allerdings erst nach einer zweiten Ausschreibungsrunde zu 200 Standorten an Autobahnen. Diese Ausschreibung liegt in Händen der staatlichen Autobahn GmbH. Es geht um „sechs bundesweite Lose mit jeweils 32 bis 34 Standorten sowie 140 bis 166 Ladepunkten“, so die vom Bund mit der Koordination betraute Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur. Errichtet werden soll dieser Teil des Netzes an unbewirtschafteten Autobahn-Raststätten. Die Ausschreibung sei „in der finalen Phase“, hieß es jetzt vonseiten des Ministeriums. Für das Gesamtpaket wendet die Bundesregierung insgesamt 1,8 Milliarden Euro an Fördermitteln auf.
(Mit Ergänzungen von Franz W. Rother)