Wo ein Bulli, da ein California? Richtig? Falsch. Zumindest was den VW ID. Buzz angeht. Zumindest vorerst. Eigentlich sollte der batterieelektrische Camper ab 2025 das Urlaubsstromern salonfähig machen. Daraus wird nichts, wie EDISON Anfang August in Erfahrung brachte. Vorläufig, wie VW betont. Der Grund: Die normative Kraft des Faktischen macht dem der niedersächsischen Nutzfahrzeugdivision einen Strich durch die Rechnung.
Denn inklusive des Norm-Fahrers wiegt der Elektro-Bulli namens ID.Buzz in der Standard-Version aktuell 2.471 Kilogramm. Als zulässiges Gesamtgewicht gibt VW drei Tonnen an. Bei der für den California geeigneten XL-Variante mit langem Radstand, den 91 kWh-Akkus und Allradantrieb, schnellt dieser Wert deutlich nach oben. Wenn man das Vehikel zum Camper mit Dachzelt, Schränken und Küchen umbaut, sind mehr als 3,5-Tonnen Gewicht ruckzuck erreicht.
Das Resultat: Um diesen California zu bewegen, würde in Europa Stand heute der klassische Führerschein der Klasse B nicht mehr ausreichen. Es müsste dann schon die Klasse C1 sein, die für Fahrzeuge zwischen 3,5 Tonnen bis maximal 7,5 Tonnen wiegen, vorgeschrieben ist. Das wäre der Todesstoß für jeden Camper, mit dem die Hersteller Geld verdienen wollen. Darum wird nun mit der Politik in Brüssel um eine Anhebung der Gewichtsgrenze auf 4,25 Tonnen gerungen.
Verbrenner-Multivan nur noch bis 2024
Wenn man sich vor Augen führt, dass die 77-Kilowattstundenbatterie des ID.Buzz gut 500 Kilogramm wiegt, die Camper-Version sicher eine größere Reichweite und damit Akkus mit wenigstens 100 kWh Kapazität benötigt, wird es erst möglich sein, den Elektro-Camper auf die Straße zu bringen, sobald leistungsfähigere und leichtere Energiespeicher auf dem Markt sind.
Bis das so weit ist, vergeht noch einige Zeit. Bis Mitte 2024 wird es den VW-Camper weiterhin mit einem Verbrennungsmotor auf Basis des Multivans geben. Also muss VW-Nutzfahrzeuge handeln. Die Stromer-Zukunft des Bulli-Campers ist zunächst teilelektrisch als Plug-in-Hybrid. Auf dem Düsseldorfer Caravan-Salon stellt VW Nutzfahrzeuge aktuell den California Concept als PHEV-Version vor, deren elektrische Reichweite vermutlich bei rund 50 Kilometern liegen wird. Aber das Fahrzeug hat ja noch einen Verbrennungsmotor an Bord, um auch Fernstrecken zurückzulegen zu können. Mittelfristig ist er sogar als Allradversion zu bekommen.
Wer unbedingt schon jetzt mit seinem ID.Buzz in den Camping-Urlaub will, muss auf Umbau-Spezialisten wie Alpin Camper oder Dvan-TC Conversion zurückgreifen. Die Umbauten basieren auf dem ID. Buzz Cargo oder dem ID. Buzz Pro und kosten zwischen 83.999 Euro (Alpin Camper) und 95.200 Euro (DVan). Versprochen werden Reichweiten von bis zu 400 Kilometer und Schlafmöglichkeiten für zwei (Alpin Camper) bis zu vier Personen. Auch findet man an Bord Annehmlichkeiten wie eine Küchenzeile und einen Kühlschrank vor, der aus Platzgründen von oben zu befüllen oder ins Bett integriert ist. Da wird um jeden Zentimeter gerungen.
Kleinst-Camper stromert bereits
Derzeit tüfteln einige Firmen an Nachrüstlösungen für Elektrovans. Eine der charmantesten Lösungen bietet das Start-up ElectricBrands mit dem XBus an, der zu einem Wohnmobil umgerüstet werden kann. Der Mini-Camper von vier Metern Länge bietet Platz für zwei Personen, eine Küche mit Waschbecken, Kühlschrank und Kochplatte. Dieser von Radnabenmotoren angetriebene E-Camper kostet mindestens 29.480 Euro und kommt mit einer Ladung seines 45 kWh großen Akkus angeblich bis zu 600 Kilometer weit. Auch weil auf dem Dach Solarzellen montiert sind, über die an sonnigen Tagen während der Fahrt zusätzliche Energie generiert werden kann. Mehr als 100 km/h sind mit dem Leichtmobil allerdings nicht drin.
Für die unkomplizierten Sommerfrischler ohne große Ansprüche baut alternativ die Schweizer Firma Yellowcamper einen Toyota e-Proace City um, der Alltagsfahrzeug, Lieferwagen und Camper in einem ist.
Einbausatz für Mercedes EQV aus der Schweiz
Für alle, die sich mit diesen Nachrüstlösungen nicht anfreunden können, für die bietet Mercedes Vans in Zusammenarbeit mit den Schweizer Spezialisten von Sortimo Walter Rüegg einen Camper-Umbau aus einem Guss an. Der EQV erhält dann ein Aufstelldach mit Dachbett sowie eine Multifunktionsbox mit Schlaf- und Kücheneinheit, die im Kofferraum des batterieelektrischen Vans untergebracht ist. Um Platz zu sparen, nutzt die Kücheneinheit Schubladen für Besteck, Kochzubehör und Vorräte. Damit sich die Urlauber nicht einschränken müssen, ist die Küche voll ausgestattet und beinhaltet zwei gasbetriebene, herausnehmbare Kochfelder, eine Spülmöglichkeit und eine Kühlbox.
Das faltbare Bett ist genau auf die Maße des EQV zugeschnitten und wird mit wenigen Handgriffen aufgebaut. Ist das Schlafsystem verstaut, sind die Fondsitze frei zugänglich und ohne Einschränkungen nutzbar. Damit Mercedes nicht wie VW in die Gewichtsfalle tappt, sind die Bauteile des rund 14.000 Euro teuren Camping-Moduls so leicht wie möglich gehalten. Mercedes gibt die WLTP-Reichweite des EQV 300 mit einer 90-KWh-Batterie mit 326 bis 363 Kilometer an. Die Camping-Version dürfte sich am unteren Ende des Spektrums bewegen. Daher bedürfen echte Langstrecken-Urlaube mit den E-Wohnmobilen einer sorgfältigen Planung.
Strom auf dem Campingplatz aus der CEE-Steckdose
Die sollte auch die Wahl eines geeigneten Campingplatzes beinhalten: Ladesäulen sind dort meist nicht im Überfluss vorhanden. Die meisten Campingplätze haben bei den Stellplätzen für Wohnmobile und Camper immerhin eine CEE-Steckdose vorinstalliert. Je nach Ausbaustufe und Variante ist entweder eine rote oder eine blaue CEE-Steckdose vorhanden. Letztere bietet einphasig bis zu 3,7-KW-Ladeleistung, bei der roten sind es dreiphasig bis zu 11 beziehungsweise 22 kW. Bei dieser Steckdose gibt es mehrere Varianten: eine mit 3x 16A, 11 kW und eine „größere mit 3x 32A, 22 kW. Um diese Ladeleistung voll nutzen zu können, muss der Onboardlader allerdings das 22-kW-Laden ermöglichen. Zudem ist für das Laden oft ein Adapter nötig, der das Laden des Fahrzeugs mit dem Typ-3-Ladekabel möglich macht.
Am besten man informiert sich vor Reiseantritte beim Campingplatz, wie es um die Lade-Infrastruktur bestellt ist. Wenn alle Stricke reißen, kann man die Akkus auch mit der klassischen Schuko-Steckdose füllen. Allerdings dauert das Laden dann deutlich länger.