Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) dringt angesichts der stärkeren Verbreitung von Elektroautos auf besser wahrnehmbare Fahrzeuggeräusche der leisen Stromer. „Beim Verbrenner kann man hören, wie stark jemand aufs Gas drückt, ob ein Fahrzeug sanft oder kräftig beschleunigt“, sagte Verbandspräsident Hans-Werner Lange der Nachrichtenagentur dpa. Bei Elektroautos könne man dies trotz des Warnsystems Avas nicht so gut heraushören.

Nach Ansicht Langes müssten die Fahrgeräusche aussagekräftiger werden. Seine Empfehlung: „Dabei wäre es sicherlich hilfreich, wenn die Industrie sich am gewohnten Verbrennergeräusch orientiert.“ Wichtig sei zudem, dass sich das Geräusch nicht bei Erreichen von Tempo 20 abschalten dürfe.

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Die BMW Group hat eigens den Filmkomponisten Hans Zimmer engagiert, um spezielle, unverwechselbare wie emotionale Antriebsgeräusche für Elektroautos zu entwickeln. Sehbehinderten sind diese aber nicht laut genug. Foto: BMW
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Die BMW Group hat eigens den Filmkomponisten Hans Zimmer engagiert, um spezielle, unverwechselbare wie emotionale Antriebsgeräusche für Elektroautos zu entwickeln. Sehbehinderten sind diese aber nicht laut genug. Foto: BMW

Das Warnsystem Avas (Acoustic Vehicle Alerting System) ist laut EU-Verordnung 540/2014 seit Juli 2021 Pflicht für alle Elektroautos. „Das Schallzeichen sollte eindeutig auf das Fahrzeugverhalten hinweisen und mit dem Geräusch eines mit Verbrennungsmotor ausgestatteten Fahrzeugs der gleichen Klasse vergleichbar sein“, heißt es in dem Dokument. Dabei müsse das System „mindestens im Geschwindigkeitsbereich zwischen dem Anfahren und einer Geschwindigkeit von etwa 20 km/h sowie beim Rückwärtsfahren automatisch ein Schallzeichen erzeugen“.

Elektroautos schlechter wahrnehmbar

Doch nach Ansicht des Blindenverbandes ist auch ein Fahrzeug, das den rechtlichen Vorgaben entspricht, akustisch immer noch schlechter wahrnehmbar als ein vergleichbares Fahrzeug mit Verbrennungskraftmaschine. Dabei beruft sich der Verband auf eine Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV) vom April 2022. Demnach wurden die Elektrofahrzeuge langsamer eingeschätzt, als sie tatsächlich unterwegs waren. Der Effekt sei mit höherer Beschleunigung stärker geworden.

In Kooperation mit dem Branchendienst energate.

Die UDV empfahl in der Studie eine Optimierung der Avas-Vorgaben. Dabei solle der Fokus unter anderem auf das Erkennen von Beschleunigungsvorgängen gelegt werden. Empfohlen wurde zudem, den Einsatzbereich des Systems auf Geschwindigkeiten jenseits von 20 km/h auszuweiten. Verbandspräsident Lange sagte mit Verweis auf die Studie, dass das Reifengeräusch ab dem Erreichen von Tempo 20 nicht ausreiche, um gut herauszuhören, ob und wie ein Elektroauto beschleunige.

Einheitlicher Sound für Elektrobusse

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) erklärte dazu, international habe man sich unter Mitwirkung weltweiter Blinden- und Sehbehindertenverbände auf eine einheitliche Bestimmung für die Hörbarkeit geräuscharmer Fahrzeuge verständigt. Hersteller hätten die Möglichkeit, die akustischen Signale innerhalb dieser Vorgabe technisch frei zu gestalten. „Teils werden hierzu auch schon Geräusche von Verbrennungsmotoren imitiert“, sagte ein VDA-Sprecher.

Ein einheitlicheres Vorgehen propagiert hingegen der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Dazu hat die Branche von der Universität der Künste Berlin einen eigenen, branchenspezifischen, verkehrssicheren sowie angenehmen Sound für E-Busse entwickeln lassen. Es obliegt jedoch weiterhin den Busherstellern, ob sie dieses Warngeräusch übernehmen.

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1 Kommentar

  1. Duesendaniel

    Bitte nicht noch lauter. Mit dieser AVAS- Vorschrift wurde ja schon eine historische Chance vertan, unsere Städte zu beruhigen.
    So lange noch alles voll mit Verbrennungsmotoren ist, sind die künstlichen Fahrgeräusche natürlich leiser im Vergleich und ich wage zu bezweifeln, dass den Blinden und Sehbehinderten in einer Stadt wirklich geholfen ist mit einer Kakophonie aus vielen gleichen Klängen. Vielleicht sollte man doch lieber auf intelligenteFahrassistenzsysteme und geeignete Fussgängerüberwege setzen.

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