Nahe des Kamener Autobahn-Kreuzes, über das täglich fast 200.000 Autos rollen, hat der Energieversorger EnBW aus Stuttgart heute (14. Dezember) seinen bislang größten öffentlichen Schnellladepark für Elektroautos offiziell eröffnet. Der neue „Hyper-Hub“ im Gewerbegebiet „Kamen-Karree“ nahe der A1 entstand in zweijähriger Planung- und nur dreimonatiger Bauzeit. Bis zu 52 E-Autos können hier zeitgleich Gleichstrom aufnehmen – an so genannten High-Power-Chargern mit einer Ladeleistung von bis zu 300 Kilowatt (kW).

Das erlaubt es theoretisch, während einer nur 20-minütigen Ladepause Energie für 400 Kilometer Reichweite aufzunehmen. Wer mehr Zeit hat oder ein Elektroauto ohne CCS-Anschluss besitzt, für den gibt es auch jeweils zwei Ladesäulen, an denen Strom mit geringerer Leistung über einen Wechselstrom- oder CHAdeMO-Anschluss bezogen werden kann.

689 Solarmodule zur Stromerzeugung

Für die EnBw ist der Ladepark in Kamen ein Vorzeige-Standort. Entsprechend aufwändig wurde die Anlage gestaltet und ausgestattet. Nicht nur mit flüssigkeitsgekühlten Schnelllade-Säulen der neuestes Bauart, sondern auch mit einem großflächigen Solardach – als Wetterschutz, aber auch zur Stromerzeugung. Mit den 689 Photovoltaik-Elementen lassen sich an sonnigen Tagen nach Unternehmensangaben bis zu 120 kW gewinnen – unter anderem für die Beleuchtung der Anlage. Das Gros des grünen Ladestroms kommt allerdings über den Mittelspannungs-Anschluss, den die Gemeinschaftsstadtwerke Kamen-Bönen-Bergkamen (GSW) realisiert haben.

Platz für jede Menge Stromer
Schon seit dem 3. Dezember ist der „Hyper-Hub“ der EnBW im Gewerbegebiet Kamen in Betrieb. Und er wird von Reisenden sowie Elektromobilisten aus dem Ruhrgebiet bereits intensiv genutzt – zum Laden und Fachsimpeln während der Ladepause.

Auch ansonsten setzt der Ladepark der EnBW Maßstäbe. Die Lichtanlage ist mit Bewegungsmeldern verbunden, so dass das Gelände in der Nacht nur dann erleuchtet ist, wenn auch Ladevorgänge stattfinden und sich Menschen auf dem Gelände bewegen. Für ein gutes Sicherheitsgefühl der Besucher sorgt zudem eine Videoüberwachung der Anlage. Auch gibt es ein öffentliches WLAN-Netz, mehrere Sitzgruppen zwischen den Ladesäulen sowie eine selbstreinigende wie barrierefreie Toilettenanlage inklusive Wickelplätzen für Kleinkinder – die sich nach Einwurf einer Ein-Euro-Münze öffnet.

Timo Sillober von EnBW im Ladetalk Timo Sillober ist Chief Sales & Operations Officer bei der EnBW. In der Funktion leitet er auch den Aufbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Wie gut. Denn da gäbe es einiges zu besprechen. Laden

Weitere „Hyper-Hubs“ sind in Vorbereitung

In Betrieb ist die gesamte Anlage bereits seit dem 3. Dezember. Zur feierlichen Eröffnung schaltete sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten Hendrik Wüst mit den EnBW-Spitzenmanagern Frank Mastiaux und Timo Sillober zu einer virtuellen Pressekonferenz zusammen. Auch um anzukündigen, dass im kommenden Jahr weitere Ladeparks dieses Kalibers entstehen sollen. EnBW betreibt derzeit an 650 Standorten in Deutschland Schnellladestationen. Bis 2025 soll die Zahl der Anlagen auf 2500 steigen. Weitere Großanlagen wie in Kamen sind unter anderem in Zwickau (Sachsen) sowie in Lauenau und Bispingen (Niedersachsen) geplant.

Mastiaux übte bei der Gelegenheit aber auch scharfe Kritik nicht nur an den langwierigen Genehmigungsverfahren für Ladeparks in Deutschland und der Vorgabe, Ladesäulen künftig auch mit Lesegeräten für Kreditkarten auszustatten. Auch das geplante „Deutschland-Netz“ der Bundesregierung nahm der EnBW-Chef aufs Korn: Unter den Konditionen der Ausschreibung hätte die Anlage in Kamen nicht gebaut werden können, da es zu teuer geworden wäre. Und die vorgesehene Preisobergrenze von 44 Cent pro Kilowattstunde werde für eine Schieflage im Markt sorgen – bei der EnBW kostet die Kilowattstunde derzeit für „Laufkunden“ ohne Vertragsbindung bereits 46 Cent.

Platz für die Pinkelpause
Mit einer selbstreinigenden Toilettenanlage ist in Kamen auch für die Bedürfnisse jenseits der Stromversorgung gesorgt.
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5 Kommentare

  1. Bernd Erxleben

    Kann man auch mehr Einzelheiten über diesen Superladepark als nur die Schlagworte. Wie hoch ist die Gesamtanschlussleistung der Anlage an das Stromnetz ? Wieviel KWh tankt ein Fahrzeug für 400 km ?Und in welcher Zeit ?
    Mit den 124 Kw vom Dach kommt man wohl nicht weit- reicht das für die Nachbeleuchtung ?

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    • Franz W. Rother

      Die Solaranlage ist eher für den Betrieb der Anlage gedacht als für das Laden von Elektroautos. Aber den Energiebedarf für eine Entfernung von 400 Kilometer zu ermitteln, ist bezogen auf ein Elektroauto recht einfach – wenn man den spezifischen Stromverbrauch kennt. Bei einem E-Mobil mit einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 20 kWh/100 km sind es 80 kWh, bei einem Verbrauch von 10 kWh/100 km nur halb so viel. Und der Verbrauch hängt wie bei einem Verbrenner von einer Vielzahl von Faktoren ab: Fahrgeschwindigkeit, Fahrzeuggewicht, Außentemperatur, Topographie etc. Die Anschlussleistung des Ladeparks in Kamen kenne ich nicht. Aber bei 52 Ladeplätzen mit 300 kW und einem Gleichzeitigkeitsfaktor von 0,5 gehe ich mal von so acht Megawatt aus.

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  2. Stephan

    Die Toilette hat ein Lesegeräten für Kreditkarten. Bei einem Umsatz von 1€.
    Aber bei Ladestationen wo ein vielfaches mehr an Umsatz gemacht wird, ist das ein riesiger Aufriss!? Warum ist das so ein Riesen Thema?

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    • Franz W. Rother

      Münzeinwurf wäre einfacher, würde aber Kriminelle anlocken. Und bei freiem Zutritt wäre die Anlage schnell ramponiert.

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    • Bernd Erxleben

      Wenn schon nicht soviele Tanken kann man doch wenigsten mit der Notdurft der Benutzer etwas verdienen- demnächst wird auch mit Atomstrom aus Frankreich geladen oder hat man schon einen Anschluss aus Island wie die Deutsche Bahn ?

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