Wo genau das Ding eigentlich gebaut wird? Am hinteren Ende dieses bemerkenswert gepflegten Hennigsdorfer Gewerbeparks. Ehemalige Stahlwerkshalle. Riesig. Die eROCKIT-Kollegen haben hier aktuell ein 900 Quadratmeter großes Areal zum Werkeln, das sich aber (klar, gegen eine höhere Miete) ruck, zuck seitlich erweitern ließe. Überall Regale für die insgesamt 660 Teile, die sich (aktueller Stand) an einem Arbeitstag zum eROCKIT zusammensetzen lassen. Bei Bedarf ginge es aber auch deutlich schneller, sagt Zurwehme.

In der hintersten Ecke der blaue, extra gesicherte Stahlschrank für die Akkus (genau 11 passen rein, demnächst kommt ein dreimal so großer Safe). Auf der anderen Seite eine Sitzecke mit Grünzeugs, dahinter im Glaskasten quasi das Büro für Buchhaltung und so. Und was passiert bitteschön im weißen Party-Zelt am Eingang der Halle? Kaltes Buffet mit Häppchen? Voll daneben. Rechner und Laptops. Aha, das etwas ungewöhnliche Office der Ingenieure und Softwarekollegen.

Garagenfirma
Das Team von eROCKIT hat sich im Gewerbepark Hennigsdorf in einer ehemaligen Stahlwerks-Halle eingerichtet. Die Software-Abteilung arbeitet im Partyzelt.

War natürlich gerade eine schwierige Zeit. Stichwort Corona. „Drei Monate lang stand hier alles still“, gruselt sich Sebastian Bruch, Pressechef und CO-Founder, noch nachträglich. Keine Teile von den Zulieferern, nichts ging mehr. „Im Februar wollten wir mit unseren Modellen eigentlich auf eine große Roadshow“, erzählt dann Zurwehme. Abgesagt. Weltweit gäbe es aber immerhin 1400 Anfragen nach dem eROCKIT. Zweirad-Märkte wie Indien wären super spannend, sogar die indische Botschafterin war hier schon zu Besuch. Und dann seien da ja noch klassische Zweirad-Länder wie Italien, Spanien, Portugal und Frankreich.

Im Moment, so spüren wir, geht es mit den 15 Mitarbeitern nur langsam wieder los. Gerade nicht so viel Betrieb hier, und Fragen nach aktuellen Verkaufszahlen werden erst einmal vorsichtig umschifft. „Aber in drei Jahren wollen wir vierstellige Stückzahlen absetzen“, sagt Zurwehme.

Neue Finanzierungsrunde per Crowdfunding

Aktuell läuft ein Crowdfunding-Kampagne, ab 100 Euro kann man dabei sein. Eine Produktion in einem Billigland stehe jedenfalls nicht zur Debatte, versichert uns CO-Founderin Monika Haupt, die für die Geschäftsentwicklung zuständig ist. „Wir wollen ein deutscher Hersteller bleiben“. Ach ja, ganz nebenbei hat sie vorhin lächelnd versprochen, dass dieser Strampler auch sehr gesund sei. „Das funktioniert wie ein leichtes Herz-Kreislauf-Training“.

Und dann treffen wir noch einen interessanten Gast in der Montagehalle. Markus Leder, Entwicklungsleiter bei Pininfarina Deutschland, dem 240 Ingenieure an mehreren Standorten unterstehen – Spezialisten vom Design bis zum Prototypenbau. Leder hat Zurwehme zufällig bei einer Fachtagung kennengelernt. Ihm gefällt das eROCKIT-Konzept und deshalb unterstützt er die Hennigsdorfer Mannschaft, „zum Beispiel mit meiner Ausbildungsabteilung und meinem großen Netzwerk“.

Keine Raketentechnik
eROCKIT-Gründer Andreas Zurwehme (links) hat schon viele Prominente für sein Krad begeistern können. Auch den Blogger und Influencer Aaron Troschke. Foto: eROCKIT

Überhaupt, findet er, eROCKIT starte doch beinahe wie Tesla. Die Brainware stecke hier schlicht in der Software, die die Tretleistung so toll umsetze. „Ich habe mir auch eine Maschine bestellt“, strahlt der Pininfarina-Mann. Und plädiert, einfache Ökonomie, für ein schnelles Hochfahren der Stückzahlen, um die Herstellungskosten über die Skaleneffekte zu verringern.

Der Spaß beginnt bei 11.850 Euro

Kosten, das kitzligste Thema. Das heiße Teil verlangt nach 11.850 Euro. Ist also teuer. Und ja, eine 125er Yamaha mit 15 PS zum Beispiel gibt es schon ab rund 5000 Euro. Ist aber eben nur ein böser Verbrenner, der die Umwelt schädigt. Man kann es auch ganz anders sehen: Mittlerweile gibt es Leute, die, ohne mit der Wimper zu zucken, für elektrische Hightech-Mountainbikes, mal eben bis zu 15.000 Euro ausgeben.

Noch ein paar Argumente. Da wären beispielsweise die niedrigen Stromkosten der eROCKIT für die angesagten 120 Kilometer — sie sollen (je nach Tarif) bei nur bei maximal 2,50 Euro liegen. Keine teuren Öl-, Filter- oder Zündkerzenwechsel oder teures Wartungsgedöhns. Und Leasing geht auch. Glatte 190 Euro im Monat, ohne Anzahlung. Bei einer Anzahlung („Da gibt es verschiedene Rechenmodelle“) nur 99 Euro. Wie die Bestellung läuft? Mit wenigen Klicks im Internet gegen 250 Euro Anzahlung. Später einmal, philosophiert Zurwehme, werde es in wichtigen urbanen Hotspots coole eROCKIT-Stores geben.

Jedenfalls wirkt dieser Pioniergeist der Truppe ziemlich ansteckend, denken wir dann auf der Rückfahrt im Auto und überschlagen unseren Kontostand. Mag ja sein, dass wir von der Testfahrt noch schwer angefixt sind, aber nirgendwo gibt es für 11.850 Euro so viel Feeling, Atmosphäre und gute Laune. Wir halten Sie auf dem laufenden.

Artikel teilen

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert