Gerade erst war unweit von Lissabon die Produktion zum „Next Generation“ Fuso eCanter angelaufen, da holte Daimler Truck zum nächsten Coup aus: Die Truck Sparte Hino Motors Ltd. von Toyota und der weltweit größte Nutzfahrzeughersteller wollen ihr Asiengeschäft fusionieren. Man kennt in der Branche die Herausforderungen, die mit den strengen europäischen Emissionsgrenzwerten einhergehen. Da heißt es zusammenrücken, Synergien und Kräfte bündeln, Skaleneffekte erzielen – um Zeit und vor allem Kosten zu sparen. Im Einkauf wie in der Produktion. So wie heute schon zwischen Mitsubishi Fuso und Daimler Truck. Und der neue eCanter zeigt, was möglich ist.

Was macht den Next Generation eCanter so besonders? Es ist ein komplett neues Fahrzeug und erstmals als reines Elektromobil konzipiert. Die erste Generation des eCanter war noch ein elektrischer Ableger des dieselgetriebenen Canter. „Neu sind vor allem das batterieelektrische System und die Kühlung. Aber auch das Thema Variabilität ist gemäß Kundenwünschen sehr prominent, also welche Aufbauten, welche Reichweite – da ist jetzt sehr viel Unterschiedliches möglich. Der Vorgänger, das war ein Fahrzeug“, sagt der CEO von Mitsubishi Fuso Truck Europe, Arne Barden.

Auf Achse
Die E-Achse des neue eCanter ist eine Eigenentwicklung von Fuso. Für den Vortrieb sorgt ein Permanentmagnet-Synchronmotor von Bosch mit Wasserkühlung. Fotos: Daimler Truck
Auf Achse
Die E-Achse des neue eCanter ist eine Eigenentwicklung von Fuso. Für den Vortrieb sorgt ein Permanentmagnet-Synchronmotor von Bosch mit Wasserkühlung. Fotos: Daimler Truck

Die Batteriepakete in der neuen Generation sind modular aufgebaut. Es gibt drei Varianten mit dreierlei Kapazitäten für unterschiedliche Kundenanforderungen. Sie reichen von 41,3 kWh (Größe S) über 82,6 kWh (Größe M) bis zu 123,9 kWh (Größe L) Speichervolumen. 94 Prozent davon können für den Fahrbetrieb genutzt werden. Lieferant für die Lithium-Eisenphosphat-Batterien ist der chinesische Hersteller CATL. In der S-Ausführung mit einer Batterie liegt die Reichweite bei 70 Kilometern, mit dem M-Paket fährt der Fuso eCanter 140 und mit dem L-Paket bis zu 200 Kilometer weit – bei einem Durchschnittsverbrauch von 56 kWh auf 100 Kilometer. Für den Fernverkehr ist der Transporter also nicht gemacht.

Bis zu 8,55 Tonnen Gesamtgewicht

Die Elektromotoren verfügen über eine Leistung von 110 kW oder 129 kW bei einem maximalen Drehmoment von 430 Nm. Als zulässiges Gesamtgewicht wirft der Allrounder zwischen 4,25 und 8,55 Tonnen in die Waagschale. Das Thema Effizienz regelt der Fuso eCanter unter anderem über vier Bremsmodi (B0-B3). B0 entspricht dem „Segeln“ (fast kein Bremseffekt), B1 entspricht der Motorbremsung des Diesel-Canter. B2 spiegelt die Bremsleistung der Auspuffbremse des Diesel- Canter und B3 bremst das Fahrzeug am stärksten ab, sorgt damit gleichzeitig für die höchste Rekuperation.

Auf den Punkt genau
Die Bremskraft lässt sich beim eCanter individuell dosieren. Die maximale Bremskraft liegt bei 170 Nm in der Stufe drei.
Auf den Punkt genau
Die Bremskraft lässt sich beim eCanter individuell dosieren. Die maximale Bremskraft liegt bei 170 Nm in der Stufe drei.

Das Niveau der Drehmomentaufnahme des Elektromotors variiert bei verschiedenen Geschwindigkeiten. Ein Powermeter unten im vollständig digitalen Display zeigt dabei stets an, ob Energie verbraucht oder rekuperiert wird und mit welcher Intensität. Im Bereich 1 und 2 wird verbraucht. Zone 3 ist orange und bedeutet Rekuperation. Einen Tempomat hat der eCanter nicht, zumal die Höchstgeschwindigkeit bei 89 km/h abgeregelt wird.

Wendekreis von nur 9,8 Metern

Die Bremskraft lässt sich beim eCanter individuell dosieren. Die maximale Bremskraft liegt bei 170 Nm in der Stufe drei. Und vor allem: Die E-Bremse kann bis auf 4 km/h genau abbremsen. Genau das war einer der Tests, die wir auf der ehemaligen Formel 1 Strecke in Estoril machen konnten – neben zügigem Slalomfahren um Pylonen oder Testen des knackigen Wendekreises. Der ist beim kleinen eCanter mit 9,8 Metern erfreulich klein.

Alles andere als spartanisch
Das Interieur des Fuso eCanter ist komplett neu und intuitiv zu bedienen. Ein Highlight ist das digitale Instrumentencluster.
Alles andere als spartanisch
Das Interieur des Fuso eCanter ist komplett neu und intuitiv zu bedienen. Ein Highlight ist das digitale Instrumentencluster.

Die Standardkabine misst übrigens 1,70 Meter und ist damit wie geschaffen für kleine Innenstadtstraßen und enge Toreinfahrten. Zur Orientierung: In der Breite (1,663 Meter) liegt der eCanter nur knapp über dem Smart.

Das komplette Interieur ist neu, hat als ein Highlight ein digitales Instrumentencluster (LCD) samt einfachem, intuitiv zu bedienenden Bedienkonzept. Sehr angenehm ist die Tatsache, dass der eCanter ein vibrationsarmes Fahrzeug ist.

Mit E-Antrieb etwa doppelt so teuer

Darüber hinaus gibt es so kluge Features wie den PTC, den Positive Temperature Coefficient. Denn speziell bei niedrigen Temperaturen zieht das sogenannte Cab Heating Performance Package sehr viel Strom. Gerade im Winter ist speziell die Lenkradheizung sehr beliebt, wenn zum Beispiel Lieferdienste ihre Pakete bei klirrender Kälte ein- und ausladen und das mehrfach hintereinander. Über den PTC Schalter kann man den Heizer abstellen. Die Devise: Zur Not lieber kalt als stehenbleiben.

Das System „Predicted Range“ kalkuliert alle fünf Kilometer die maximale Reichweite aufgrund der Verkehrsbedingungen neu. So fließen neue Daten und Prognosen bis zum Ende der Fahrt permanent ein. Das Arbeitstier ist auch beim Laden des oder der Akkus recht anspruchslos. Mit Wechselstrom ist die Ladeleistung in der Basisversion auf 11 kW begrenzt, am Gleichstrom-Schnelllader auf 70 kW. Bei den schweren Ausführungen mit der stärkeren 129 kW-Maschine sind 22 kW (Wechselstrom) und maximal 104 kW (Gleichstrom) Ladeleistung möglich.

Lieferbar ist der eCanter in insgesamt 42 Versionen – da fallen Preisangaben schwer. Zur Orientierung: Fuso Truck spricht vom Faktor 2,1 gegenüber einem vergleichbar großen Diesel-Canter, der ab knapp 40.000 Euro zu haben ist. Beim Kauf des Stromers müssen Speditions- oder Kommunalbetrieb also mit wenigstens 80.000 Euro rechnen. Einen Teil des Mehrpreises gleichen hierzulande allerdings Förderprogramme für Nutzfahrzeuge mit emissionsfreien Antrieben aus.

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