Chinesen lernen schnell. Sehr schnell. Das trifft auch auf die Hongqi-Manager zu. Als Antwort auf die Schwemme chinesischer Automarken, die in Europa Fuß fassen wollen, nehmen sie einen großen Schluck aus der Kooperationspulle. „Wir wollen mit Modemarken zusammenarbeiten“, sagt Hongtao Liu, der Chef des internationalen Geschäfts. Wenn man sich dann noch das Hongqi-Motto: „The new Luxury of the World“ (dt.: Der neue Luxus der ganzen Welt) vor Augen führt, sind die Ambitionen des chinesischen Autobauers eindeutig: Die Rote Fahne (Deutsch für Hongqi) will den europäischen und vor allem den deutschen Premiummarken den Rang ablaufen. „Wir werden uns in den nächsten Jahren auf Europa konzentrieren“, stellt Liu klar. Also ist es nur noch eine Frage der Zeit, ehe es einen Nobel-Hongqi mit Louis-Vuitton-Vuitton-Interieur gibt? Die Zeit wird es zeigen.

Mit viel Mut zur Farbe

Mode hat viel mit Optik zu tun. Für den Aha-Effekt beim Hongqi EHS7, der dem Audi Q6 e-tron oder dem Mercedes EQE SUV Konkurrenz machen soll, sorgt weniger das Design als die Lackierung. Die Kombination aus Schnabelfront, zweigeteiltem Frontlicht mit schmalem LED-Band oben und Hauptscheinwerfer darunter sowie einem Heckleuchtenband samt senkrecht stehenden Rückleuchten hat man schon an dem einen oder anderen Wagen gesehen. Da muss Designer Giles Taylor noch einmal den Bleistift spitzen, damit seine Entwürfe zum Gesicht in der Menge werden.

Bunt können die Chinesen
 Als wir vor dem Testwagen in Hyazinth-Violett stehen, kneifen wir unwillkürlich die Augen zusammen. So dominant ist dieser Lila-Ton.
Lila ist das neue Rosa
Als wir vor dem Testwagen in Hyazinth-Violett stehen, kneifen wir unwillkürlich die Augen zusammen. So dominant ist dieser Lila-Ton.

Bei der Lackierung sieht die Sache dann schon ganz anders aus: Bunt können die Chinesen. Als wir vor dem Testwagen in Hyazinth-Violett stehen, kneifen wir unwillkürlich die Augen zusammen. So dominant ist dieser Lila-Ton. Wem es gefällt, bitte sehr. Muss ja nicht immer die teutonische Farbauswahl: Grau, Silber oder Schwarz sein, wobei ganz Mutige sich dann für Anthrazitgrau entscheiden.

Anhängelast von nur 1500 Kilogramm

Im Innenraum geht es dann etwas gediegener zu. Das helle Leder mit einem leichten Fliederfarbton passt zur Außenfarbe. Auch wenn so mancher hiesige Autofan beim Anblick dieser Farbkombination das Gesicht verzieht, als hätte er gerade einen Liter frisch gepressten Zitronensaft getrunken, so wird sich mancher Chinese genau dafür entscheiden.

Die Lichtorgel des Ambiente-Lichts, das 256 Farben darstellen kann, runden das farbenprächtige Ambiente ab. Die Materialauswahl mit Leder und unterschäumten Oberflächen sowie die saubere Verarbeitung erfüllen die selbst postulierten Ansprüche. Ebenso wie die reichhaltige Ausstattung mit Vordersitzen mit Massagefunktion, dem großen Panoramaglasdach oder der Möglichkeit, den Hongqi EHS7 als Energiequelle für Haushaltsgeräte zu nutzen (Vehicle-to-Load/V2L). Die optionale Anhängerkupplung ermöglicht eine Anhängelast von 1.500 Kilogramm. Für das daraus resultierende Gespann haben die Ingenieure einen Anhängermodus installiert.

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Das fliederfarbene Leder passt zur Außenfarbe. Gewöhnungsbedürftig ist auch das außergewöhnlich gestaltete Infotainment-System mit einem 15,5 Zoll großen Touchscreen über der Mittelkonsole und einem sechs Zoll großen Instrumentendisplay.
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Das fliederfarbene Leder passt zur Außenfarbe. Gewöhnungsbedürftig ist auch das außergewöhnlich gestaltete Infotainment-System mit einem 15,5 Zoll großen Touchscreen über der Mittelkonsole und einem sechs Zoll großen Instrumentendisplay.

Dass sich der Hongqi EHS7 mit der Limousine EH7 die eigens entwickelte Tiangong-Plattform teilt, erkennt man am außergewöhnlich gestalteten Infotainment-System mit dem 15,5 -Zoll-Touchscreen und dem sechs Zoll großen Instrumentendisplay. Dazu gibt es bei unserem Testwagen zusätzlich ein Head-up-Display, bei dem die versprochene Augmented Reality aber noch nicht verfügbar war. Was vermutlich an der Software lag, die nicht noch nicht auf dem neuesten Stand war.

Bedienung mit Fingerabdruck

Auf Nachfrage versprachen die Verantwortlichen des chinesischen Autobauers, dass die fliegenden Pfeile bis zum geplanten Marktstart 2025 mit einem Update installiert werden. Das ist auch dringend nötig: Wenn diese aufwendige Technik nur dafür verwendet wird, um die Geschwindigkeit und die Restreichweite anzuzeigen, ist das verschenktes Potenzial. Immerhin konnten wir die große Projektionsfläche erkennen, die laut Hongqi 63 Zoll messen soll. Damit auch hochgewachsene Menschen die Technik nutzen können, sollte die Anzeige tiefer einstellbar sein.

Willkommen im Club
Die mit Leder bezogenen Sitze sind elektrisch vielfach verstellbar, heiz- und klimatisierbar. Auch eine Massagefunktion ist vorgesehen.
Willkommen im Club
Die mit Leder bezogenen Sitze sind elektrisch vielfach verstellbar, heiz- und klimatisierbar. Auch eine Massagefunktion ist vorgesehen.

Beim Hongqi EHS7 setzt man auf Bedienung per Berührung. Deswegen befindet sich links neben dem Instrumentenmonitor eine Fläche mit Touch-Elementen, unter anderem für die Steuerung der Beleuchtung und der Scheinwerfer. Allerdings sind darauf schnell die Fingerabdrücke schnell zu erkennen. Die Touch-Buttons unter dem zentralen Bildschirm sind nicht so empfindlich, wir würden uns dennoch ein paar analoge Bedienungselemente wünschen. Etwa für die Lautstärke.

Türen schließen auf Knopfdruck

Eine Etage tiefer befindet sich ein Ablagefach für zwei Mobiltelefonie, das mit maximal 40 Watt Strom in die Akkus des Mobiltelefons pumpt. Damit das Gerät nicht zu heiß wird, haben die Techniker auch an eine Klimatisierung gedacht. Wo wir gerade beim Smartphone sind: Das kann man auch per Apple CarPlay oder Android Auto einbinden. Wer das nicht will, nutzt die chinatypische Bedienung des Touchscreens mit einer Leiste links, auf der man die Funktion auswählt und den vielfältigen Menüs rechts daneben, in denen man sich aber schnell zurechtfindet. Noch einfacher geht es bei den Türen. Die öffnen und schließen sich auf Knopfdruck. Platz ist bei einer Länge von 4,93 Metern kein großes Thema. Zumal man in China ohnehin hinten links Platz nimmt.

Voll reisetauglich
Das Topmodell EHS7 4WD Pro verfügt über eine Antriebsleistung von 455 kW und einen Stromspeicher, der 111 kWh fasst. Bis zu 540 Kilometer sollen damit ohne Ladepause möglich sein. Bei einer maximalen Ladeleistung von 250 kW fällt die aber auch nur kurz aus.
Voll reisetauglich
Das Topmodell EHS7 4WD Pro verfügt über eine Antriebsleistung von 455 kW und einen Stromspeicher, der 111 kWh fasst. Bis zu 540 Kilometer sollen damit ohne Ladepause möglich sein. Bei einer maximalen Ladeleistung von 250 kW fällt die aber auch nur kurz aus.

Hongqi bietet beim EHS7 neben zwei Batteriegrößen an: 85 Kilowattstunden und 111 kWh, die entweder mit einem Hinterrad- oder einem Allradantrieb gekoppelt werden können. Das Einstiegsmodell ist mit einer angetriebenen Achse sowie den 85 kWh-Akkus bestückt, hat eine Spitzenleistung von 253 kWh oder 344 PS sowie ein maximales Drehmoment von 450 Nm.

800-Volt-Architektur

Wir wählten für die erste Ausfahrt aber das Topmodell EHS7 4WD Pro mit Allradantrieb, das über eine Antriebsleistung von 455 kW oder 619 PS und den 111-kWh-Energiespeichern verfügt. Bis zu 540 Kilometer soll das vollelektrische SUV damit kommen. Das Modell mit Hinterradantrieb schafft noch 60 Kilometer mehr.

Bei Beginn unserer Fahrt meldete das System einen Ladezustand von 62 Prozent und eine Reichweite von 383 Kilometern. Dank der 800-Volt-Architektur können die Akkus mit bis zu 250 kW geladen werden, so dass nur 25 Minuten vergehen, bis der Akku von 10 auf 80 Prozent gefüllt ist. Das ist ein guter Wert, aber nicht Spitze. Zum Vergleich: Der Audi Q6 e-tron lädt Gleichstrom mit maximal 270 kW, der Porsche Taycan sogar mit bis zu 320 kW. Entscheidend ist aber, wie lange die Technik das schnelle Stromtanken ermöglicht. Das werden weitere Tests zeigen. Hongqi gibt an, dass innerhalb von fünf Minuten Strom für 200 Kilometer geladen werden kann. Vermutlich aber nur bei niedrigem Batteriestand.

Dreh- und Angelpunkt 
Über einen  Drehschalter in der Mittelkonsole wird die Fahrtrichtung gewählt. Die Mittelkonsole hat man ähnlich schon bei Elektroautos europäischer Hersteller gesehen: Hongqi-Chefdesigner Giles Taylor war früher für Jaguar und Rolls-Royce tätig. Fotos: Hongqi
Dreh- und Angelpunkt
Über einen Drehschalter in der Mittelkonsole wird die Fahrtrichtung gewählt. Die Mittelkonsole hat man ähnlich schon bei Elektroautos europäischer Hersteller gesehen: Hongqi-Chefdesigner Giles Taylor war früher für Jaguar und Rolls-Royce tätig. Fotos: Hongqi

Die Fahrwerksabstimmung mit den adaptiven Dämpfern unterscheidet sich beim Hongqi EHS7 nicht großartig von anderen chinesischen Automobilen. Das bedeutet: Komfort ist Trumpf. Der E-Crossover bietet sieben Fahrmodi: Economy, Comfort, Sport, Urban, Cross Country, Snow und Custom. Wählt man die Sport-Einstellung, beschleunigt der EHS7 in lediglich 3,9 Sekunden aus dem Stand von null auf 100 km/h. In engen Kurven hilft die Allradlenkung, was die Tatsache, dass sich die Lenkung ziemlich synthetisch anfühlt, zumindest teilweise wettmacht.

Preise starten bei knapp 54.000 Euro

Die Preise für Deutschland stehen noch nicht fest, also erlauben wir uns einen Blick nach Frankreich: Das Basismodell kostet dort 53.990 Euro, die Topverszion 68.990 Euro. Mit dem Brüderpaar Hongqi EHS7 und EH7 ist die Hongqi-Offensive indes noch lange nicht beendet. Laut Hongtao Liu will Hongqi in den nächsten fünf Jahren mehr als zehn neue Autos auf den Markt bringen.

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