Da steht er nun der erste Jeep, der zu 100 Prozent auf einen elektrischen Antrieb setzt. In überraschend kompakter Form und mit einer Technik aus dem Regal des Stellantis-Konzerns. In Europa sollte es mit diesen Dreingaben klappen mit der Antriebswende. In den zwei Jahren ist da bei Jeep bereits einiges passiert: Nach der Einführung der neuen 4xe-Modelle ist mittlerweile jedes zweite Jeep-Modell in Europa ein Teilzeitstromer. Bis 2025 sollen vier vollelektrische Batterieautos folgen und bis zum Ende des Jahrzehnts die US-Kultmarke voll unter Strom stehen.
Der neue Avenger ist also gewissermaßen der Bote eines neuen Zeitalters. Entwickelt wurde er in Europa für Europa – im Mutterland USA wird das Modell nicht angeboten. Gefertigt wird er im polnischen Werk Tychy, wo auch der Fiat 500 und der Lancia Ypsilon vom Band rollen. Als Crossover des umkämpften B-SUV-Segments konkurriert er dabei konzernintern mit Modellen wie dem Opel Mokka-e oder dem bauähnlichen Peugeot e-2008, die beide ebenfalls auf der eCMP2-Plattform unterwegs sind.
Kleinster Jeep aller Zeiten
Die Verwechselungsgefahr ist allerdings nicht sonderlich groß: Mit seinem kantigen Styling hebt sich der Jeep deutlich von den konzerninternen Wettbewerbern ab. Mit einer Länge von 4,08 Metern ist der Avenger dabei der kleinste Jeep, der jemals gebaut wurde – der Jeep Renegade ist immerhin 16 Zentimeter länger. Im Innenraum fällt auf, wie nüchtern und übersichtlich das Armaturenbrett gestaltet ist, mit Fahrwahltastern, die jegliche Art von Schalthebeln ersetzen, und – wie es sich für eine Marke gehört, die Wert auf Funktionalität legt – mit herkömmlichen Tasten für Heizung und Lüftung. Die Verarbeitung ist durchweg ordentlich, die Materialauswahl geschmackvoll: Die Insassen blicken auf zahlreiche karosseriefarbene Einsätze, die für eine freundliche Atmosphäre sorgen.
Sowohl die Instrumente als auch der zentrale Bildschirm bieten den Insassen eine 10,25-Zoll-Diagonale (Basisversion sieben Zoll) wobei die Infotainment-Grafiken, aber auch die Software-Logik und die scharfen Grafiken gewöhnungsbedürftig sind. Trotz kompakter Abmessungen und kaum mehr als 2,56 Meter Radstand finden im Innern des Elektro-Crossovers bis zu vier Erwachsene ausreichend Platz. Der Innenraum wirkt dank größerer Seiten- und Heckscheiben, die die Sicht des Fahrers nach draußen verbessern wohnlicher als man aus dieser Klasse kennt. Das Laderaumvolumen ist mit 355 Litern ebenfalls stattlich und liegt über dem vieler Wettbewerber.
Zum Start nur mit Frontantrieb
Bitter für die Jeep-Fans: zum Marktstart kommt der elektrische Avenger ausschließlich mit Vorderradantrieb und ist damit wohl für viele Fans kein echter Jeep. Erst Ende kommenden Jahres soll eine Allradversion folgen, die sich sicher viele wünschen. Für die Offroadfans ist es sicher kein Trost, dass der Fronttriebler über eine Bergabfahrhilfe und das von Peugeot bekannte „Select Terrain“-System verfügt, das mit den bekannten Fahrmodi Eco, Normal und Sport sowie Fahrprogramme für Sand und Matsch verfügt.
Das 400-Volt-Bordsystem des Jeep Avenger setzt auf eine 54 kWh große Lithium-Ionen-Batterie mit 17 Modulen und 102 Zellen, die eine Reichweite von rund 400 Kilometern ermöglichen soll. Der 115 kW/156 PS starken Antrieb stammt aus dem aus dem Konzernregal – der neue Opel Astra Electric und der Peugeot e-308 nutzen ihn ebenfalls. Geladen wird der Akku an der Wallbox mit 11 kW Wechselstrom, unterwegs an der Schnellladesäule Gleichstrom mit maximal 100 Kilowatt – das ist nicht berauschend. Eine Wärmepumpe ist immerhin serienmäßig an Bord. Sie soll die Reichweite um immerhin zehn Prozent vergrößern.
Bei der ersten Ausfahrten mit dem neuen Elektroauto war der Energieverbrauch jedoch deutlich höher als die angekündigten Zahlen. Statt des in Aussicht gestellten Durchschnittsverbrauchs von 15,2 kWh auf 100 km konsumierte der Elektro-Jeep auf der Autobahn, im Stadtverkehr, auf Nebenstraßen sowie einer leichten Offroad-Strecke im Schnitt 19,3 kWh. Auf der Basis berechnete der Bordcomputer nach 70 Kilometer langen Fahrt die Rest-Reichweite auf gerade einmal 242 Kilometer.
First Edition für mindestens 40.000 Euro
Weitaus besser gefällt die Abstimmung des Fahrwerks, denn hier bietet der Ami aus Polen unabhängig vom Untergrund eine gelungene Symbiose aus Dynamik, Stabilität und Fahrkomfort. Auch die leichtgängige Lenkung trägt dazu bei, dass man sich gerne auf den Avenger einlässt. Selbst auf einer leichten Geländestrecke nebst künstlicher Achsverschränkung schnitt der Elektro-Crossover solide ab und fühlte sich dank des präzise ansteuerbaren Elektroantriebs auch auf rutschigem Untergrund und welligen Oberflächen wohl. Umso mehr freuen wir uns auf die 4×4-Version, die jedoch deutlich teurer sein dürfte als der mindestens 40.000 Euro teure Fronttriebler in der aktuell bestellbaren First Edition.
Bei einem Gewicht von mehr als 1,5 Tonnen und einer überschaubaren Motorleistung freut sich der Fahrer eher über die kurzfristige Beschleunigung als über den Sprint von 0 auf 100 km/h in 9,0 Sekunden. Dafür muss man allerdings in den Sport-Modus wechseln, denn der Eco-Mode reduziert die Antriebsleistung auf 82 PS und 220 Nm Drehmoment. Auch im Normal-Modus (maximale Leitung 109 PS / 220 Nm) fühlt sich der Avenger deutlich träger an als im Sport-Modus. Aber auch da ist die Höchstgeschwindigkeit auf 150 km/h begrenzt. Auf Knopfdruck lässt sich auch die Rekuperationsleistung variieren: Im B-Modus steigt die Verzögerung und Energierückgewinnung von 15 auf 45 Kilowatt.