Rund 1000 Tonnen weniger Kohlendioxid heizen künftig die Atmosphäre pro Jahr auf, wenn die Alphenaar in den Niederlanden Bier über den Rhein schippert – so viel wie rund 600 VW Golf in derselben Zeit ausstoßen. Damit unternimmt das Gemeinschaftsunternehmen Zero Emission Services (ZES) bei unseren westlichen Nachbarn einen wichtigen Schritt, auch die Binnenschifffahrt klimafreundlicher zu machen. Insgesamt fünf vollelektrische Containerschiffe will die Anfang Juni gegründete ZES dafür bis 2021 in den Dienst stellen.
Die nötige Energie für den Elektromotor im Bauch der Schiffe liefern große Wechselakkus, die in klassischen Seecontainer stecken. Die ZES will über die Niederlande verteilt ein Netz von 20 Wechselstationen errichten. Dort können die Kapitäne leere gegen volle Speicher tauschen. Damit entfallen lange Ladezeiten im Hafen, die Boote können ständig unterwegs sein. Mit zwei von ihnen soll ein Schiff 50 bis 100 Kilometer weit kommen, je nach Strömung, Tiefgang und Größe des Elektrokahns. Jede Box verfügt über 2000 Kilowattstunden Kapazität.
ZES rechnet damit, dass bis 2030 rund 150 Binnenschiffe mit seinen Packs unterwegs sind. Hinter dem jungen Unternehmen stecken der Hafen von Rotterdam, die niederländische Bank Ing, der Energie-Dienstleister Engie und der finnische Konzern Wärtsilä, der Kraftwerke und Schiffsmotoren baut. Das niederländische Ministerium für Infrastruktur und
Wasserwirtschaft fördert das Vorhaben.
Wichtig: Ein erster Kunde ist bereits gefunden. Die Großbrauerei Heineken hat der ZES zugesagt, zehn Jahre lang ihr Bier vom Betrieb in Zoeterwoude, auf halber Strecke zwischen Den Haag und Amsterdam gelegen, in den Hafen von Moerdijk südlich von Rotterdam zu transportieren. Der nächst gelegene Umschlagterminal befindet sich in Alphen aan de Rijn, dort errichtet ZES auch die erste Ladestation. Heineken wiederum hat sich an den Entwicklungskosten für das Elektroschiff Alphenaar beteiligt, das immerhin 2,5 Millionen Flaschen Bier transportieren kann.
Langfristig ist auch an den Einsatz von Wasserstoff gedacht
Um die Investitionen für die Reedereien niedrig zu halten, zahlen sie nur für die verbrauchte Energie und die Miete der Akku-Container. Damit sollen die Betriebskosten konkurrenzfähig bleiben. Allerdings müssen die Schiffer die Umrüstung des Antriebsstranges der Boote finanzieren. Die ZES wiederum rechnet mit Investitionskosten von 20 Millionen Euro, welche die beteiligten Firmen und der Staat gemeinsam tragen.
ZES will seine Powerboxen nicht nur auf Schiffen einsetzen, sondern auch an Land, etwa um die Energienetze zu stabilisieren, mobile Ladestationen für Busse und Lkws zu betreiben oder lokal Energie zu liefern, etwa bei Großveranstaltungen oder auf Baustellen. Die Großakkus verfügen über einen Überlastschutz, ein eigenes Kühlsystem und Löschsysteme. Das System sei zukunftssicher, versichert Willem Dedden, der CEO von ZES: „Wenn in Zukunft Wasserstoff kostengünstiger wird, können die Container auf der Basis von Wasserstofftechnologie in derselben Weise Elektrizität liefern“.
Die Niederländer sind nicht die einzigen, die an elektrischen Frachtschiffen arbeiten. In Berlin entwickelt die dortige Hafengesellschaft kleinere autonom fahrende Boote mit Elektroantrieb, die ab 2022 die Hauptstadt mit Waren versorgen sollen.