EU-Präsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hat sich in ihren politischen Leitlinien für die kommenden fünf Jahre dafür ausgesprochen, das rigorose Verbrenner-Aus im Jahr 2023 aufzuweichen: Um die EU-Klimaziele zu erreichen, sei ein technologieneutraler Ansatz erforderlich, bei dem synthetische Kraftstoffe eine Rolle spielen.

Mit den sogenannten E-Fuels beschäftigt sich die Porsche AG schon seit etlichen Jahren. Es handelt sich dabei um synthetische und nahezu CO2-neutral gewonnene Kraftstoffe auf Wasserstoff-Basis, die mithilfe von erneuerbaren Energien hergestellt werden. Eine Pilotanlage zur Produktion von klimaneutralem Benzin durch die Spaltung von Wasser mit Windkraft hat der Sportwagenhersteller Ende 2022 in Patagonien in Betrieb genommen.

Die Kapazität der gemeinsam mit HIF Global und Siemens Energy betriebenen Anlage Haru Oni bei Punto Arenas in Chile reicht derzeit allerdings nur aus, um rund 130.000 Liter im Jahr zu produzieren. Eingesetzt wird das Öko-Benzin seit dieser Saison in den 32 Rennwagen des „Porsche Mobil 1 Supercups“ und zu Versuchszwecken bei dem Motorsägen-Hersteller Stihl. Zudem sei die Ökobilanz von E-Fuels keineswegs so grün wie von den Unterstützern der Technologie dargestellt, kritisieren Experten.

Leidenschaft für Motoren 
Seit dem Jahr 2008 arbeitet Karl Dums bei der Porsche AG, unter anderem an der Elektrifizierung von Porsche-Fahrzeugen. Seit 2023 leitet der promovierte Maschinenbau-Ingenieur bei dem Sportwagenhersteller das Projekt E-Fuels. Fotos: Porsche
Leidenschaft für Motoren
Seit dem Jahr 2008 arbeitet Karl Dums bei der Porsche AG, unter anderem an der Elektrifizierung von Porsche-Fahrzeugen. Seit 2023 leitet der promovierte Maschinenbau-Ingenieur bei dem Sportwagenhersteller das Projekt E-Fuels. Fotos: Porsche

Alles also nur schöngefärbte Traumtänzerei? Mitnichten, sagt Karl Dums, Teamleiter E-Fuels bei der Porsche AG. EDISON sprach mit dem Ingenieur auf dem diesjährigen FKFS- Symposium, dem Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren in Stuttgart. Dieses stand dieses Jahr unter dem Leitthema „Global Mobility for Tomorrow“.

Herr Dums, warum brauchen wir E-Fuels für Personenwagen – zusätzlich zu batterieelektrischen Antrieben oder der Brennstoffzelle?

E-Fuels als eine sinnvolle Ergänzung zur Elektromobilität leisten ihren Beitrag zur Dekarbonisierung des Verkehrs. Wir denken da an die über 1.3 Milliarden Bestandsfahrzeuge weltweit. Denn das Problem ist nicht der Verbrennungsmotor, sondern der Kraftstoff. Wir glauben, dass E-Fuels bis Ende dieser Dekade wettbewerbsfähig sein können. Sofern man sie am richtigen Ort produziert. Der richtige Platz ist nicht Deutschland.

Warum nicht in Deutschland produzieren?

Die Elektrizität in Deutschland ist viel zu teuer, um sie für Kraftstoffe zu nutzen. Elektrizität hierzulande sollte für E-Fahrzeuge verwendet werden. In Chile dagegen kostet uns die Elektrizität pro Kilowattstunde nicht 8 Cent, sondern 2 Cent. Sprich: 20 kWh kosten in Deutschland ungefähr 1,60 Euro, in Chile dagegen 40 Cent. Zu den Kostentreibern zählen neben den Energiekosten viele weitere, beispielsweise Investitionen. Dabei lässt sich nicht vorhersagen, wie die Zinsentwicklung weitergeht.

Dennoch sagen viele, E-Fuels seien gegen Batterie und Brennstoffzelle chancenlos. Man müsse sie massenhaft produzieren, bevor es sich einigermaßen rechne. Von der schlechten Effizienz bei der Herstellung ganz zu schweigen…

Das ist zwar richtig. Aber die Gegenfrage lautet: Wenn Sie sich das Bild in Chile anschauen, wo mit dem Windrad in Punta Arenas unsere Pilotanlage steht – wie wollen Sie diese Windenergie zu uns bringen? Die Antwort ist: Da spielt Effizienz gar keine Rolle. Denn derzeit verpufft diese Energie jeden Tag völlig ungenutzt. Es gibt dort keine Industrie, es gibt keine Menschen, es gibt keine E-Fahrzeuge. Und es gibt kein Kabel, mit dem ich diese Endenergie, die dort existiert, zu uns bringen kann.

Haru Oni 
In Punto Arenas in Feuerland, nahe dem sturmumtosten Kap Hoorn, hat Porsche zusammen mit Siemens Energy und HIF Global eine Pilotanlage zur Produktion von E-Fuels errichtet. Der Sprit wird in der Rennserie um den Porsche Cup eingesetzt.
Haru Oni
In Punto Arenas in Feuerland, nahe dem sturmumtosten Kap Hoorn, hat Porsche zusammen mit Siemens Energy und HIF Global eine Pilotanlage zur Produktion von E-Fuels errichtet. Der Sprit wird in der Rennserie um den Porsche Cup eingesetzt.

Effizienz – der Begriff ist natürlich richtig und wichtig. Deshalb sagte ich auch: in Deutschland brauchen wir keine E-Fuels zu produzieren. Das ist sinnfrei und auch viel zu teuer. Wenn Sie sich vorstellen, dass fossile Treibstoffe, die dem Boden entnommen werden, etwa 60 Cent kosten, scheinen E-Fuels nicht wettbewerbsfähig zu sein. Zudem würden E-Fuels bei der Produktion mit dem heutigen Strommix einen schlechteren CO2-Fußabruck verursachen als fossiler Kraftstoff.

Aber weiter so wie bisher kann es ja mit Blick auf den Klimawandel nicht gehen.

Ja natürlich nicht. Wir sehen doch, dass der Klimawandel zweifelsohne da ist. Bei allen Vergleichen sollte man aber bedenken, dass fossiler Kraftstoff im Gegensatz zu E-Fuels Klimafolgekosten verursacht. Wenn man das mit in den Vergleich einbezieht, wird eine Wettbewerbsfähigkeit sicherlich schnell erreichbar. Tatsache ist aber auch: Wir werden Klimaneutralität nicht komplett kostenlos bekommen.

Wie sollte es aus Ihrer Sicht nun weitergehen?

Um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Industrie zu erhalten und gleichzeitig den fossilen CO2-Ausstoß zu reduzieren, brauchen wir Zugang zu preiswerter Energie. Trotz aller Effizienzsteigerungen wird der Energieverbrauch, den wir hier in Deutschland und in Europa haben, noch lange so gewaltig bleiben, dass wir auch in Zukunft Energie importieren müssen. Dann sollte es doch sinnvollerweise erneuerbare Energie sein. Physikalisch betrachtet ist es dann auch unerheblich, wo ich diese Energie wiederum einsetze.

Einfach Super 
E-Fuels können in allen konventionellen Benzinmotoren eingesetzt werden, ohne dass konstruktive Änderungen notwendig wären. Selbst Oldtimer können auf diese Weise noch klimaverträglich betrieben werden.
Einfach Super
E-Fuels können in allen konventionellen Benzinmotoren eingesetzt werden, ohne dass konstruktive Änderungen notwendig wären. Selbst Oldtimer können auf diese Weise noch klimaverträglich betrieben werden.

Natürlich, wenn ich ein E-Fahrzeug habe, das ich nachhaltig laden kann – weil ich zum Beispiel eine eigene Photovoltaikanlage und eine Wallbox habe und die Rahmenbedingungen für mich alle passen, dann sollte ich unbedingt elektrisch fahren. Aber es gibt eben auch Anwendungsbereiche, wo ein E-Fahrzeug nicht oder noch nicht sinnvoll ist. Und für diese Fälle müssen wir trotzdem etwas tun. Besonders wichtig sind E-Fuels für den Fahrzeugbestand. Der lässt sich nicht einfach stilllegen und der Austausch der Fahrzeuge kann zur Schonung der Ressourcen auch nicht beliebig beschleunigt werden. Darüber hinaus stellen die Fahrzeuge einen Wert dar: Die Kunden haben ihr Geld in diese Anschaffung investiert und erwarten deshalb, dass sie ihr Fahrzeug auch über einen langen Zeitraum nutzen können. Gleichzeitig muss dieser Fuhrpark aber einen Beitrag zur CO2-Reduzierung leisten. Und genau das funktioniert mit nachhaltigen Kraftstoffen.

E-Fuels: „Wir brauchen synthetische Kraftstoffe“

Wo also sehen Sie die Rolle der E-Fuels?

Die Pilotanlage in Chile zur Produktion von E-Fuels ist nicht das Ende, sondern der Anfang auf dem Weg zu nachhaltigem Treibstoff – für Verbrennerfahrzeuge, aber auch für viele weitere Anwendungen. Direct Air Capture, kurz DAC, ist bisher das fehlende Glied in der Herstellungskette. Sprich: Die Kombination von E-Fuels und DAC ist erfolgversprechend. Und die Energiekosten? Diese sind ein Mix aus Kosten für eine Investition und der Tatsache, dass es keine fossilen Treibstoffe sind. Dies mündet in Wettbewerbsfähigkeit.

Die Politik der EU wie auch in Deutschland setzt derzeit vor allem aber auf Batterieautos. E-Fuels kann sie sich derzeit nur im Flugverkehr vorstellen. Wie wollen Sie das ändern?

Ich glaube, es braucht gar keinen Lobbyismus. Es braucht erst einmal nur Informationen. Wir von Porsche zum Beispiel waren schon an vielen Orten, um über E-Fuels zu erzählen. Dass es funktioniert, dass die Technologie da ist. Trotzdem haben wir den Eindruck, dass das immer noch viel zu wenig ist: Es fehlen einfach noch viele Informationen in der öffentlichen Wahrnehmung. Das Wissen in der Öffentlichkeit beschränkt sich, oder soll ich sagen versteift sich, im Wesentlichen auf den Aspekt der Effizienz. Kurzum: Es ist noch immer kein vollständiges Bild vorhanden in der Öffentlichkeit. Deswegen bin ich auch vor drei Jahren bei Porsche in die Kommunikationsabteilung gegangen, um mehr Aufklärungsarbeit zu leisten – im Dialog mit Politikern sowie mit dem einen oder anderen Kritiker. Wir sind immer an einem konstruktiven Dialog interessiert.

Einfach ist das sicher nicht – es werden auf dem Gebiet auch ideologische Grabenkämpfe ausgefochten.

Nun ja, ich bin Ingenieur und Wirtschaftsmensch und konzentriere mich auf die Fakten. An den Regeln der Physik und wirtschaftlichen Fakten kommt man letztlich nicht vorbei, will man ernsthaft vorwärtskommen mit einer nachhaltigen Klimafreundlichkeit.

Braucht es einen Energiemix? Und wie sehen Sie E-Lkw?

Also wenn jemand nur in eine Energieform investieren möchte, ist das ok. Das heißt aber nicht, dass man insgesamt nur das eine machen kann. Zu den E-Lkw: Auch die kann man produzieren; das steht völlig außer Frage. Aber auch hier müssen wir im System denken und abschätzen: Wie schnell kriegt man das System hochgefahren? Das System beinhaltet nun mal die Fahrzeuge, die Energie und die Ladeinfrastruktur. Letztere unterscheidet sich beim Lkw ja elementar vom Pkw – die Stromstärken sind völlig andere.

Was also schlagen Sie vor?

Es stellt sich bei den E-Lkw schlicht die Frage, wie sinnvoll es ist, einen E-LKW zu produzieren, der sechs Tonnen Batterie an Bord hat. Ist es nicht vielleicht sinnvoller, stattdessen 30 kleine Pkw zu produzieren, die in der Stadt fahren… Sprich: Wo habe ich im Sinne der Nachhaltigkeit den größeren Hebel. Und wäre es nicht sinnvoll, auch bei den Lkw nicht nur einen Pfad zu beschreiten? Ich glaube allerdings auch: Das wird der Markt schon irgendwie regeln. Wenn man ihn denn lässt.

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1 Kommentar

  1. T. Pietsch

    Tja Herr Dums wieder E Fuels. Wenn man merkt das man ein totes Pferd reitet steigt man ab. Aber es zeigt das nach dem über 120 Jahren alten Kolbenmotor nichts mehr geht. Natürlich ist diese ineffiziente veraltete Museumstechnik das Problem. Er geht natürlich nicht darauf ein wo denn die Unmengen an E Fuels produziert werden sollen und wie. Die lächerliche Anlage in Chile hat 1 also ein lausiges Windrad. Mehr hat die kluge Chilenische Regierung für diesen kompletten Schwachsinn nicht genehmigt. Mal ganz davon abgesehen das das Co2 gar nicht aus der Luft geholt wird sondern von einer Brauerei mit LKW ran gekahrt wird. Geht es noch bekloppter ?! Da der Herr ja Wissenschaftler ist hier ein par Fragen. Allein Deutschland verbraucht am Tag ! 150000000 ! LITER BRENSTOFF 150000000 ! Wo bitte soll allein diese Menge hergestellt werden ? Ein veralteter Hubkolbenmotor erzeugt ja neben Co2 noch eine Menge anderer giftiger Stoffe. Was ist damit ? Verbrennungsmotoren müssen geschmiert werden. Womit ? Ach ja das Märchen von der Abgasreinigung. Ich hätte gern mal eine Technik mit der diese Museumstechnik immer, ich meine immer unabhängig von Temperatur und Lastwechsel und sonstigem immer arbeitet. Ach noch was sie möchten nicht am Auto stehen wenn es seinen Partikelfilter reinigen muss. Was da raus kommt tötet jedes Leben. Machen wir immer draußen weit weg. Hält man nicht aus. Was der Herr nicht versteht ist es gibt nur 1 also eine Erde. Drumherum ist nur der Tod. Wenn man die Natur beherrschen will muss man zuallererst lernen ihr zu gehorchen.

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