Als der EV6 im Jahr 2021 auf den Markt fuhr, wurde er zu einem bahnbrechenden Auto, das nicht nur die Geschichte von Kia, sondern des gesamten Elektrosegments beeinflusste. Er war der erste Kia, der die neue e-GMP-Plattform mit einer Systemspannung von 800 Volt nutzte – beispiellos unter den Volumenherstellern. Nun gibt es zum Modelljahr 2025 einen Nachschlag. Besser gesagt ein Facelift. Was hat sich da getan?
Die Außenmaße der 4,70 Meter langen Crossover-Karosserie bleiben durch die Modellpflege unverändert. Dafür erhielten die Scheinwerfer eine neue Lichtsignatur, es gibt ein neues flügelförmiges Stoßfängerdesign und der Frontgrill verfügt über aktive Luftklappen. Ähnliche Detailänderungen sind auch im luftigen Innenraum zu erkennen.
Dort sind die Oberflächen nach wie vor hart und schlicht, aber die Verarbeitung ist hochwertig. Und die beiden 12,3-Zoll-Displays im Armaturenträger haben durchaus Premiumqualität. Zudem erhält der EV6 die neueste Infotainment-Generation, ein verbessertes Soundsystem und eine leistungsfähigere Smartphone-Ladestation.
Akku wächst auf 84 kWh
Wie bisher gibt es eine heckgetriebene Einstiegsversion mit 125 kW/170 PS mit der kleineren Batterie, einen 168 kW/229 PS starken Hinterradantrieb mit der größeren Batterie sowie den allradgetriebenen EV6 mit 239 kW/325 PS und später das besonders sportliche GT-Modell. Die Intensität der Energierückgewinnung lässt sich mit den Schaltwippen hinter dem Lenkrad verändern, so dass der Fahrer zwischen sechs Regenerationsstufen wählen kann. Kia setzt eine neue Generation von Batteriezellen mit höherer Energiedichte ein, die es ermöglicht, die Batteriekapazität und damit die Reichweite aller Versionen zu erhöhen.
Der EV6 mit Standard-Reichweite verfügt nun über einen 63-kWh-Akku, während die Long-Range-Version die 77- durch eine 84-kWh-Batterie ersetzt. Im ersten Fall erhöht sich die WLTP-Reichweite von 394 auf 428 Kilometer. Und die größere Batterieversion ist nun offiziell für 582 statt 528 Kilometer mit einer vollen Ladung gut. Durch die Verbesserungen am elektrischen System konnte auch die maximale Gleichstrom-Ladeleistung von 239 auf 258 kW angehoben werden. Dadurch kann der Akku nun einen Tick schneller geladen werden: Um den Ladestand von 10 auf 80 Prozent anzuheben, braucht es lediglich 18 Minuten.
Bremsverhalten lässt sich einstellen
Für die erste Testfahrt mit dem Kia EV 6 des Modelljahrs 2025 wählen wir die heckgetriebene Version mit der größeren Batterie und der mittleren Antriebsleistung von 168 kW – der meistverkauften Version in Deutschland zu einem Basispreis von 49.990 Euro in der Ausstattungslinie „Air“ mit einer Normreichweite von 528 Kilometern. Das sind 2000 Euro weniger als zuvor. Der erste Eindruck: Die Lenkung ist direkt, aber leichtgängig abgestimmt, und der Wechsel zwischen den beiden Fahrmodi verändert das Ansprechverhalten nur geringfügig.
Bei den Bremsen haben sich die koreanischen Ingenieure eine interessante Lösung einfallen lassen, die es dem Fahrer ermöglicht, mit weniger oder mit mehr Bremskraftverstärkung zu verzögern. Wer ein direkteres und lineareres Ansprechen der Bremsen bevorzugt, wählt die Einstellung Sport. Wer sich mit dem langsameren und etwas gefühllosen Ansprechen zufriedengibt, wählt den Normal-Modus. Allerdings sollte es einen direkteren Zugang zu dieser Auswahlmöglichkeit geben: Derzeit versteckt sie sich in einem Untermenü.
Kia noch leiser als zuvor
Besser denn je präsentiert sich die Geräuschdämmung im Innenraum. Sie war schon bei der vorherigen Generation gut, aber jetzt haben die Ingenieure noch mehr schallabsorbierende Schaumstoffe an den Radkästen und am Motor angebracht. Auch federt der EV6 besser als zuvor. Der Koreaner bot bisher ein eher straffes Fahrverhalten. Das half, die Wankbewegungen der Karosserie zu minimieren. Aber die Hinterradaufhängung des Originalfahrzeugs hatte da noch einige Probleme, mit gröberen Fahrbahnunebenheiten umzugehen. Die neu verbauten elektronischen Dämpfer sorgen nun für ein deutlich höheres Komfortniveau.
Kia gibt für diese Version einen Stromverbrauch von 16,9 kWh/100 km an. Das erscheint allerdings etwas optimistisch: Am Ende unserer Probefahrt bei spätsommerlichen Verhältnissen in Portugal wies der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von 22 kWh/100 km aus. Damit hätten wir spätestens nach 400 Kilometern eine Ladesäule aufsuchen müssen.