Beim Regenrennen der Formel E kürzlich in Valencia führte er als „Electric Pacesetter“ wieder einige Runden lang das Feld an: Der Mini Cooper SE. In Renntrimm, mit Kotflügelverbreiterungen, einem großen Heckflügel und einer grellen vierfarbigen Lackierung in Silber-Schwarz und Gelb-Orange. Nach Unfällen wurde das kleine Elektroauto mehrfach auf die Strecke geschickt, um die Rennwagen einzubremsen, das Starterfeld zu sortieren und anschließend sicher wieder auf die Strecke zu schicken.
- Frontgetriebenes Elektroauto mit 135 kW (184PS) Antriebsleistung
- Lithium-Ionen-Akku mit brutto 32,6 kWh Kapazität
- Reichweite unter Idealbedingungen: 234 Kilometer (WLTP-Norm)
- Höchstgeschwindigkeit: 150 km/h
- Basispreis: Ab 32.499 Euro im „Essential Trim“
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Der Testwagen kommt nicht ganz so grell daher wie der Electric Pacesetter der Formel E. Unserem Mini Cooper SE im „Electric Trim“ fehlen die Kotflügelverbreiterungen, auch die Rundumleuchten auf dem Dach. Aber mit seiner Lackierung in Silber-Metallic, mit giftgelben Spiegelkappen und einem Grilleinsatz in der gleichen Lackierung weiß auch er die Blick der anderen Verkehrsteilnehmer auf sich zu ziehen.
Nicht durch Auspuffgetöse, sondern durch optische Signale. Und durch Ampelsprints, die während des Tests schon einmal für offene Münder sorgen können. Nicht unbedingt bei den Insassen, aber bei Fahrern anderer PS-starker Autos, die sich leistungsmäßig im Vorteil wähnten.
Kein Zweifel: Der Mini Cooper SE aus dem Hause BMW spricht die Sinne an, mit seiner gefälligen Optik, auch mit seiner dynamischen Art der Fortbewegung im Stadtverkehr. Er zeigt die Richtung auf. Aber als „Leitfahrzeug“ taugt er nur bedingt – dazu ist er noch zu sehr im Gestern verhaftet. Aber der Reihe nach.
Sein & Schein
Wie nimmt man die Menschen mit in die neue Zeit, in der Auspuffrohre zum alten Eisen gehören und Motorengeräusche nicht mehr durch Verbrennungsvorgänge verursacht werden? Die Mini-Designer haben sich entschieden, ihre Klientel behutsam an den Elektroantrieb heranzuführen, nachdem die Schocktherapie ihrer Kollegen mit dem polarisierenden Styling des BMW i3 nicht zum gewünschten Erfolg führte.
Der Mini Cooper SE kommt, wenn man sich nicht gerade für den (aufpreispflichtigen) „maximalen Electric Look“ entscheidet, eigentlich ganz konventionell daher: Ein benzingetriebener Cooper S sieht nicht viel anders aus. Weder ist die Motorhaube kürzer oder die Dachkante höher, weil der Fahrer auf einem Batteriepack hockt. Im Innenraum müssen die Insassen weder auf Kopf- noch Kniefreiheit verzichten – noch wird ihnen im Stromer mehr Platz geboten: Ob elektrisch oder nicht: Es geht ganz schön knapp zu.
Fürs Auge wird im Mini Cooper SE viel geboten
Nur einige der Mini-typischen Kippschalter in der Mittelkonsole haben eine andere Funktion. Links vom (selbstverständlich ebenfalls knappgelben) „Start-Stopp-Toggle lässt sich einschalten, wie viel Energie die Bremsen zurückgewinnen, wenn der Fuß vom Fahrpedal geht, rechts lassen sich zur Steuerung von Reichweite und Fahrvergnügen verschiedene Fahrmodi einschalten – von Sport bis Green Plus.
Es wird viel geboten fürs Auge: Farbspiele rund um das kugelrunde, chromblitzende Schalter, dazu Dekorleisten in Piano Black mit Zierelement in – genau – grellgelb. Der Innenraum des Mini Cooper SE ist wirklich „Charged with Passion“, wie es in der Pressemappe heißt – bis unter die Decke geladen mit der Leidenschaft für die Marke Mini. Fans in aller Welt lieben die Marke dafür.
Dass die Taster für die elektrischen Fensterheber nun wie bei den meisten anderen Autos auch nun in den Türen sitzen, sorgte bei einem Mini-verliebten und noch in der Verbrenner-Welt verhafteten Co-Tester schon eher für Stirnrunzeln. Versöhnt wurde er durch die Tatsache, dass die Heckleuchten im Union-Jack-Design nun Serie sind – selbst in der Grundausstattung „Essential Trim“.
Saus & Braus
Elektromotoren liefern aus dem Stand heraus sofort das volle Drehmoment, wo Verbrenner erst noch Luft – und Sprit – holen müssen. Insofern sind die Stromer beim Ampelstart in der Regel echte Siegertypen. Erst recht, wenn wie im Cooper SE eine Maschine an der Vorderachse mit einer maximalen Leistung von 135 kW (184 PS) zerrt. Selbst ein nagelneuer Mini Cooper S kommt da nicht mit, obwohl der Benziner mit 131 kW (178 PS) eine durchaus vergleichbare Leistung aufbietet und mit einem maximalen Drehmoment von 280 Newtonmetern (Nm) den Antrieb des Cooper SE (270 Nm) übertrifft.
Der Vorsprung des Elektrikers hält zumindest auf der Autobahn nicht lange: Kurz vor Erreichen von Tempo 100 (für die der Cooper SE 7,3 Sekunden, der Cooper S 6,6 Sekunden braucht) ist der Benziner vorbei. Und bei 150 km/h muss der Cooper SE ohnehin die Waffen strecken, weil ihn dann die Mini-Ingenieure zum Schutz des Lithium-Ionen-Akkus im Fahrzeugboden abregeln. Denn der Stromspeicher fasst nur 32,6 Kilowattstunden (kWh). Und davon können auch nur 28,9 Kilowattstunden für den Fahrbetrieb genutzt werden. Und das ist das das größte Manko des Cooper SE: Man kann ihn mit noch so viel Leidenschaft laden und auch fahren – weit kommt man mit dem Stromer nicht.
Ein Morris Mini Cooper S der allerersten Generation aus den 1960er Jahren kam selbst bei sportlicher Fahrweise mit seinem 35 Liter Sprit fassenden Tank über 300 Kilometer weit. 60 Jahre später reicht es mit dem elektrischen Urenkel im besten Fall nur für 234 Kilometer nach der Verbrauchsnorm WLTP. Und das ist schon ein sehr optimistischer Wert, wie unser Test belegt: Bei einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 17 kWh auf 100 Kilometern musste der Cooper S schon nach 170 Kilometern wieder an die Steckdose.
Zugegeben: Die Temperaturen im April waren in diesem Jahr nicht wirklich frühlingshaft. Aber selbst bei Temperaturen um die 20 Grad Celsius sind im besten Fall mit dem Antrieb nur Reichweiten um die 200 Kilometer darstellbar. Das lehrte den Autor schon der dreijährige Besitz eines BMW i3s. Und das auf Reichweite optimierte Schwestermodell verfügt seit 2018 noch über einen Akku mit geringfügig größerer Netto-Kapazität: 37,9 KWh. Fahrten über gut 250 Kilometer waren damit (fast) immer drin.
Autobahnfahrten mag der Cooper SE nicht
Nein, bei aller Sympathie für das Modell und die Freude am Styling: Antriebstechnisch ist der Mini Cooper SE nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Reichweiten um die 200 Kilometer reichen vielleicht für Kurzeinsätze auf Rennstrecken wie dem Circuit Ricardo Tormo bei Valencia mit Rundenlängen um die vier Kilometer. Oder auch für Einkaufstouren im Kurzstreckenverkehr. Oder für das alltägliche Pendeln zur Arbeitsstätte in der nahegelegen Stadt.
Aber wer regelmäßig auch längere Strecken mit hohem Autobahnanteil zurücklegen möchte oder muss, sollte sich ein anderes Elektroauto aussuchen – da gibt der Markt inzwischen wesentlich mehr her. Auch Elektroautos, die an einer Ladestation schneller Strom aufnehmen: Ladeleistungen von bis zu 11 kW an der AC-Wallbox sind heute Standard. Aber mit einer maximalen Ladeleistung von 50 kW am DC-Schnelllader fällt der Mini Cooper SE inzwischen aus der Zeit: Selbst ein Opel Corsa-e wartet inzwischen mit 100 kW auf.
Geld & Kapital
Mini-Fahrer, postuliert das Marketing der britisch-bayrischen Lifestyle-Marke, sind gebildet und weltoffen, überwiegend weiblich und sportlich. Und sie verdienen entweder gut oder werden gesponsert. Denn das müssen sie, um sich einen neuen Mini leisten zu können. Erst recht einen vollelektrischen Mini Cooper SE. Denn die Preisliste beginnt bei 32.499,99 Euro und kann, wie unser Testwagen im „Electric Trim“ belegt, auch ohne Panoramadach und Hifi-Anlage leicht die Marke von 40.000 Euro überschreiten.
Gewiss, davon gehen derzeit noch rund 9000 Euro Umweltbonus ab. Und, wenn die Recherchen der Kollegen von „Auto, Motor, Sport“ stimmen, aktuell auch noch Rabatte auf den Listenpreis von bis zu 35(!) Prozent. Damit würde man unter dem Strich bei etwa 20.000 Euro landen, die noch zu finanzieren werden. Trotzdem sollte ein Kauf des Autos wohl überlegt sein. Wir empfehlen mit Blick auf die zu erwartenden Fortschritte bei der Batterietechnik und auf das wachsende Modellangebot auch anderer Hersteller nur ein Leasing des Fahrzeugs.
Denn schon in wenigen Jahren wird der Mini Cooper SE kein „Pacesetter“ mehr sein, sondern bestenfalls ein elektrischer Einbremser.
Das getestete Modell scheint übrigens ein Sonderanfertigung mit Heckantrieb gewesen zu sein 😉
Zita: „Erst recht, wenn wie im Cooper SE eine Maschine an der Hinterachse mit einer maximalen Leistung von 135 kW (184 PS) werkelt. „
😉 Danke für den Hinweis – den Heckantrieb hat der i3, nicht der Mini. Wird sofort korrigiert.
Man entferne die fahrdynamisch beste, konstruktive Eigenschaft des fast seligen I3 (den Heckantrieb) und verpflanze sie in ein Lifestyle-Auto für Zahnarzttöchter.
Fertig ist der MINI SE.
Es gibt eben Zielgruppen, die jeden Mist kaufen.
Geschmäcker sind verschieden. wie auch so manches Usecase. Wir fahren selbst den Mini und er reicht uns vollkommen aus.
Wir haben ihn wegen der sehr guten Fahreigenschaften und der für uns ausreichenden Batterie mit wenig impackt auf die Rohstoffnutzung ausgewählt.
Der Text kling für mich ein wenig nach Reichweitenbaching. Auch 50 kw DC ist bei der Akkugröße vollkommen ausreichen.
Kein Reichweiten-Bashing. aber bei dem Auto stimmt das Preis-Leistungsverhältnis einfach nicht. Reichweite einer Renault Zoe der ersten Generation zum Preis eines VW ID.3. Auch mein alter BMW i3 kam weiter und kostete weniger. Ich hoffe nur, Sie haben ihren Mini nur geleast und müssen ihn nicht irgendwann verkaufen.
Da sind einige Denkfehler drin. Mini ist ein Premium-Produkt und definiert sich nicht über Nutzwert, sondern über die hippe Marke, das schicke Interieur/Design und den Spaßfaktor. Dafür zahlt die Mini Klientel halt gerne den höheren Preis und lässt den ID.3 Plastikbomber links liegen. Mit rationalen Abwägungen kommt man bei dem Auto nicht weit.
Das Auto wird im Gegensatz zum ID.3 auch viel eher als Zweitwagen für den urbanen Einsatz gekauft und muss deswegen auch nicht die gleichen Ansprüche bez. Reichweite erfüllen.
Unterm Strich zieht der ID.3 einen viel höheren Wert aus der Größe der Batterie und seiner Reichweite. Genau das sind Dinge, die sich im Moment noch schnell weiterentwickeln. Folglich wird ein Mini SE für 20.000€, der weniger Wert daraus schöpft auch wertstabiler bleiben als ein ID.3 für 20.000€. Das wäre zumindest meine Prognose.
Ich drücke die Daumen, was den Restwert anbetrifft. Dass der Mini Cooper SE ein schicker Zweitwagen ist, der im urbanen bzw. regionalen Einsatz viel Freude bereiten kann, bestreite ich nicht. Nach dem gleichen Strickmuster ist der Honda-e konstruiert, spitz auf diesen Einsatzzweck, aber mit Premium-Feeling. Wer auf Budget achten muss, hat im Dacia Spring eine Alternative. Aber der Kern bleibt: Autos wie diese bringen die Entwicklung nicht voran, können nicht das Feld anführen – sondern fahren eher hinterher.
Ich kann verstehen, wenn man auch für kleine Autos relativ viel Geld ausgibt – hatte einen R59 und habe auch noch einen GP (R53).
Letzterer wird frühestens im Rahmen meines Nachlasses verkauft 😉
Meine Restwertprognose für den SE sieht völlig anders aus. Veraltete e-Technik, Assistenzsysteme von 2015, wenig Reichweite, Frontantrieb.
Das sieht für mich nach maximalem Wertverlust aus.
Dagegen spricht, dass es bisher wenig Konkurrenz gibt. Mit der Motorleistung des SE praktisch keine.
Honda e ist auch nix Halbes und nix Ganzes und einen 500e Frontkratzer (mit „italienischer“ Softwarequalität) muss man auch erst mal haben wollen.
Am besten, wir treffen uns hier in 2-3 Jahren wieder 😉