Seit dieser Woche müssen Fahrgäste im Nahverkehr Mund und Nase bedecken – ein durchaus nicht unumstrittener Versuch die Verbreitung von COVID-19 zu verlangsamen. Was viele nicht wissen, wie ein Blick in den Straßenverkehr zeigt: Im Auto ist das Tragen einer Maske für den Fahrer streng verboten. Die Straßenverkehrsordnung (StVO) verbietet das „unkenntlich Machen des Gesichts“ seit 2017, worauf der Automobilclub von Deutschland vor kurzem hingewiesen hat. Wer gegen die Vorschrift verstößt, dem droht ein Bußgeld in Höhe von 60 Euro. Spötter behaupten, sonst ließe sich ja auf den Bildern von Radarfallen nicht der Raser identifizieren.
Vielleicht ändert der Gesetzgeber aber auch bald diese Regel, zumindest für Taxifahrer die Fahrgäste chauffieren. Bei der heute in Kraft getretenen Reform der StVO konnten Bundestag und Bundesrat die Corona-Pandemie jedenfalls nicht berücksichtigen, denn die Länder hatten darüber im Februar entschieden.
Allerdings hilft die neue Verkehrsordnung beim Social Distancing: Sie schreibt Autofahrern einen Mindestabstand beim Überholen von Fahrradfahrern, Fußgängern und Scooter-Rollern vor. Daneben will die Reform noch durch weitere Maßnahmen das Radeln sicherer und bequemer macht. Auch für die Elektromobilität und das Carsharing bringt sie einige Vorteile. Und die Verkehrssicherheit will die Politik verbessern, weil Rasen früher geahndet wird, aber sich auch einige Bußgeldern für das Fehlverhalten von Zweirradfahrern erhöhen.
Wir dokumentieren die wichtigsten Maßnahmen.
Schutz für Radfahrer
- Kein Parken mehr auf Radstreifen
Die Behörden grenzen viele Radwege in Städten und Dörfern einfach nur mit einer weißen durchbrochenen Linie vom Autoverkehr ab. Bisher durften Kraftfahrzeuge auf diesen Schutzstreifen, wie sie im Beamtendeutsch heißen, bis zu drei Minuten halten. Das zwang die Radler in belebten Einkaufsstraßen zu einem gefährlichem Slalomkurs, weil die Pkws den Weg blockierten. Jetzt soll damit Schluss sein, weil nun auf diesen Radstreifen ein generelles Halteverbot gilt. Und wer als Autofahrer auf Geh- und Radwegen oder in zweiter Reihe parkt, muss höhere Bußgelder zahlen. Sie steigen von 15 bis 30 Euro auf 55 und bis zu 100 Euro. Bei Gefährdung anderer gibt es zusätzlich einen Punkt in Flensburg.
- Mindestabstand beim Überholen
Ab sofort müssen Auto- und Lasterfahrer in Kommunen Radfahrer, Fußgänger und E-Roller mit mindestens 1,5 Meter Abstand überholen, außerorts sogar mit 2,0 Metern. Bisher verlangte die StVO nur einen ausreichenden Seitenabstand.
- Schritttempo beim Abbiegen
Transporter und Lkw mit mehr als 3,5 Tonnen Gewicht dürfen innerorts nur noch langssam rechts abbiegen, mit maximal 11 Kilometern pro Stunde. Schätzungen der Versicherer zufolge kommen ein Drittel der im Straßenverkehr getöteten Radfahrer in diesen Situationen ums Leben.
- Gefährliches Abbiegen wird teurer
Bringt ein Autofahrer beim Abbiegen einen Fahrradfahrer oder Fußgänger in Gefahr, beträgt das Bußgeld 140 statt bisher 70 Euro. Wer die Tür seines Fahrzeugs plötzlich aufstößt und ein Zweirad dadurch gefährdert, muss 40 statt 20 Strafe zahlen.
- Mehr Übersicht an Kreuzungen
Ist ein Radweg vorhanden, dürfen Autos erst in acht Meter Entfernung von Kreuzungen und Einmündungen entfernt parken. Damit sollen sich die Verkehrsteilnehmer – insbesondere Kinder – gegenseitig besser sehen können.
- Grüner Pfeil speziell für Radler
Steht das neue Schild an einer Kreuzung mit Radwegen, darf der Pedalist rechts abbiegen, auch wenn die Ampel noch Rot zeigt.
- Spezielle Zonen für Fahrräder
Künftig können die Behörden leichter Fahrradzonen einrichten. In denen gilt ein Höchsttempo von 30 km/h für alle Verkehrsteilnehmer, Autofahrer dürfen den Radverkehr nicht gefährden. Im Prinzip gelten damit Regeln für Fahrradstraßen für größere, zusammenhängende Bereiche.
- Überholverbot von Zweirädern
An besonders engen Stellen dürfen die Behörden das Überholen von Fahrrädern und Motorrädern durch zweispurige Kraftfahrzeuge verbieten. Dazu gibt es sogar ein neues Verkehrsschild (siehe oben).
- Einbahnstraßen in Gegenrichtung befahren
Die Ämter sollen häufiger als bisher prüfen, ob Radfahrer Einbahnstraßen auch in Gegenrichtung benutzen dürfen. Das kann lästige Umwege überflüssig machen.
- Radler dürfen nebeneinander fahren
So lange sie keine anderen Verkehrsteilnehmer behindern, ist Fahrradfahrern das Nebeneinanderfahren nun grundsätzlich gestattet.
- Befördern von Personen ist erlaubt
Ist der Radfahrer mindestens 16 Jahre alt und sein Fahrrad dafür ausgelegt, darf er eine – erwachsene – Person mitnehmen.
- Spezielle Parkplätze für Lastenräder
Auch hier gibt es ein neues Verkehrsschild, das Parkflächen und Ladezonen speziell für diese immer beliebteren, aber großen Packesel kennzeichnet.
- Höhere Bußgelder fürs Gehweg-Radeln
Wer mit dem Fahrrad auf dem Bürgersteig oder auf einem Radweg in Gegenrichtung unterwegs ist, muss mit einem Bußgeld von bis zu 100 Euro rechnen – wenn ihn die Ordnungshüter erwischen.
Anschub für Elektroautos
- Eigene Parkplätze für Stromer und Carsharing-Autos
Die neue StVO ermöglicht den Behörden, Parkflächen eigens für elektrisch angetriebene Autos und für Fahrzeuge von Carsharing-Anbietern zu kennzeichnen. Die können sich durch eine eigene Plakette zu erkennen geben.
- Bußgeld für Blockierer
Wenn ein Verbrenner-Fahrzeug unberechtigt auf einem der Stellplätze für Elektroautos parkt, wird ein Verwarngeld von 55 Euro fällig.
Schärfere Sanktionen gegen Verstöße
- Fahrverbote für Raser
Ist ein Auto- oder Lkwfahrer in Städten und Dörfern 21 km/h schneller als erlaubt, droht ihm ein einmonatiges Fahrverbot. Außerhalb geschlossener Ortschaften gilt das ab 26 km/h. Früher lagen die Schwellen höher.
- Blockieren von Rettungsgassen
Nutzt ein Autofahrer eine Rettungsgasse, um schneller voranzukommen oder versäumt er es, eine zu bilden, drohen Bußgelder zwischen 200 und 320 Euro sowie ein Monat Fahrverbot. Und zwei Punkte in Flensburg gibt es obendrauf.
- Falschparken kostet mehr
Wer rechtswidrig an engen und unübersichtlichen Stellen sowie scharfen Kurven parkt, muss mehr zahlen, genauso wenn er einen Schwerbehinderten-Parkplatz blockiert. Auch der allgemeine Halt- und Parkverstoß wird teurer.
- Kampf den Auto-Posern
Verursacht ein Autofahrer unnötigen Lärm oder Abgase, muss er ab sofort bis zu 100 Euro Strafe zahlen. Das gilt auch für unnützes Hin- und Herfahren – wie immer ein Polizist das ermittelt.
55€ fúr das Blockieren einer Ladesäule ist ja schon mal ein guter Anfang, aber laden kann ich dann immer noch nicht. Warum kann man die nicht abschleppen!? Das würde doch sicher auch passieren, wenn ich vor einer Benzin-Zapfsäule parke, weil ja ein wirtschaftlicher Schaden entsteht, oder nicht?
Abschleppen lassen konnte man die Autos vorher schon – Anruf bei der Polizei und Hinweis auf Lade-Notstand reichte.