Mit dem Retro-Pop-Design des Renault 5 E-Tech Electric hat der neue vollelektrische Nissan Micra nicht viel gemein. Die Designer in Großbritannien, die der sechsten Generation des Kleinwagens Gestalt gaben, entschieden sich lieber für den Blick nach vorn statt nach hinten, für eine eigenständige Optik mit SUV-anleihen. Trotz der langen Historie des Micra, der zwischen 1983 und 2022 weltweit rund sechs Millionen Abnehmer fand – unter anderem in einer Cabriolet-Version. Ende 2022 war das Modell in der Versenkung verschwunden. Infolge eines Sparprogramm, das Kooperationspartner Renault gestartet hatte und dem die Produktion des Micra (sowie des Renault Clio und Zoe) im Werk Flins zum Opfer fiel.

Runde Sache 
Vorne wie hinten kommt der Nissan Micra mit runden Leuchten daher. Die LED-Signatur vorne hat gewisse Ähnlichkeiten mit der des Fiat 600. Die Vertiefung in Höhe der Seitenlinie ähnelt angeblich der Spur, die ein Portionierer auf einem Block Eiscreme hinterlässt.
Runde Sache
Vorne wie hinten kommt der Nissan Micra mit runden Leuchten daher. Die LED-Signatur vorne hat gewisse Ähnlichkeiten mit der des Fiat 600. Die Vertiefung in Höhe der Seitenlinie ähnelt angeblich der Spur, die ein Portionierer auf einem Block Eiscreme hinterlässt.

Doch nun kehrt der Kleine nach dreijähriger Pause wieder auf die Verkaufsbühne zurück, in neuer Gestalt und als Elektroauto auf der AmpR-Plattform des Renault 5. Entsprechend findet die Produktion wieder in Frankreich statt – in der ElectriCity von Renault im Werk Douai. Und entsprechend geringfügig unterscheidet sich der neue Micra Electric von seinem Verwandten. Angeboten wird er in zwei Varianten mit einem 40 kWh-Akku und einem 90 kW starken Frontantrieb sowie alternativ mit einer 52 kWh fassenden Batterie, die mit einer 110 kW starken E-Maschine an der Vorderachse verbunden ist.

Zwei Versionen müssen erst einmal genügen

Die Norm-Reichweiten gibt Nissan mit 310 und 408 Kilometer an – das wären jeweils zwei Kilometer weniger als der R5 in den Versionen „Urban Range“ und „Comfort Range“ verspricht. Was wohl der etwas schlechteren Aerodynamik des Micra-Design „mit SUV-Anleihen“ und des im Vergleich zum Renault 5 Urban Range um 28 Kilogramm höheren Gewichts von 1,4 Tonnen zuzuschreiben ist.

Laden mit Links
An der mit Wechselstrom betriebenen Ladesäule nimmt der Micra maximal 11 kW auf. Die Position der Ladeklappe vorne links ist unglücklich gewählt: In Ländern mit Rechtsverkehr ist das Laden am Straßenrand so immer mit Risiken verbunden.
Laden mit Links
An der mit Wechselstrom betriebenen Ladesäule nimmt der Micra maximal 11 kW auf. Die Position der Ladeklappe vorne links ist unglücklich gewählt: In Ländern mit Rechtsverkehr ist das Laden am Straßenrand so immer mit Risiken verbunden.

Völlig identisch hingegen sind die Ladeleistungen: Wechselstrom nimmt auch der Micra nur mit 11 kW auf, Gleichstrom in Abhängigkeit von der Akkugröße entweder mit 80 oder 100 kW. Das mag man mit Blick auf einige (höherpreisige) Wettbewerber inzwischen als etwas langsam empfinden, aber Laderaten von 2C sind derzeit in Europa der Standard. Und ob es 25 oder 30 Minuten dauert, um den Ladestand von 10 auf 80 Prozent anzuheben, macht im Alltag keinen Unterschied.

Renault grüßt an vielen Stellen

Eher störend ist, dass sich die Ladeklappe auf der linken Seite vor der Fahrertür befindet – das Laden am Straßenrand wird dadurch in Ländern mit Rechtsverkehr unnötig verkompliziert bzw. gefährlich gemacht: Wer parallel zur Fahrbahn parkt, reckt beim Einstecken des Kabels den Allerwertesten in die Fahrbahn. Aber mit dem gleichen Manko kämpfen auch Renault 5 und Renault 4 Electric.

Franco-japanische Kooperation 
Nur subtile, versteckte Designelemente weisen auf die "japanische" Herkunft des in Frankreich produzierten und in London designten Micra hin. Beispielsweise die Silhouette des Mount Fuji  auf der Mittelkonsole zwischen den Sitzen. Bilder: Nissan
Franco-japanische Kooperation
Nur subtile, versteckte Designelemente weisen auf die „japanische“ Herkunft des in Frankreich produzierten und in London designten Micra hin. Beispielsweise die Silhouette des Mount Fuji auf der Mittelkonsole zwischen den Sitzen. Bilder: Nissan

Für ein „unverwechselbares Ambiente“ soll der Innenraum des Nissan Micra sorgen, der in zwei Ausführungen angeboten wird: in „Modern“ und in „Audacious“. Und eine Ambientebeleuchtung in 48 verschiedenen Farben gibt eine Möglichkeit zur Individualisierung des Fahrzeugs. Aber Hard- und Software sind die gleichen wie im Renault. Alle wichtigen Informationen werden in der Topversion auf zwei hochauflösenden, 10,1 Zoll großen Displays dargestellt, sogar Luftausströmer und Lenkrad haben das gleiche Design wie im Renault 5. Auch der Renault-typische Bedien-Satellit an der Lenksäule zur Steuerung von Lautstärke und Radiosenderwahl hat so den Weg in einen Micra gefunden.

Nissan Micra mehr Premium als Renault R5?

Was nicht unbedingt schlecht ist: Das Layout ist prinzipiell bedienerfreundlich. Und das auf Google basierende Multimedia-System OpenR-Link hat sich bei den Renault-Stromern als sehr zuverlässig erwiesen. Und reaktionsschnell ist es obendrein: Warum sollte Nissan da einen anderen Weg einschlagen?

Freud' und Leid
Bis zu 326 Liter passen bei voller Bestuhlung in den Kofferraum des Micra. Auch die hohe Ladekante teilt sich der Nissan mit dem Schwestermodell von Renault. Nach Umklappen der Rücksitzlehnen lassen sich hier wie da bis zu 1106 Liter verstauen.
Freud‘ und Leid
Bis zu 326 Liter passen bei voller Bestuhlung in den Kofferraum des Micra. Auch die hohe Ladekante teilt sich der Nissan mit dem Schwestermodell von Renault. Nach Umklappen der Rücksitzlehnen lassen sich hier wie da bis zu 1106 Liter verstauen.

Trotzdem wird es interessant sein zu beobachten, wie Nissan den neuen Micra vom derzeit sehr populären Renault 5 im Handel differenzieren wird. Über die größere Anzahl an Außenlackierungen – Nissan bietet 14 Farben statt nur sechs bei Renault – allein wird das nicht gelingen.

Zu den Verkaufspreisen hat sich der Hersteller noch nicht geäußert – in den Handel kommt das Auto erst zum Jahresende. Da bleibt noch viel Zeit zur Marktbeobachtung. Erste Äußerungen von Marketing-Chef Arnaud Charpentier in britischen Medien lassen aber darauf schließen, dass Nissan den neuen Micra als Premium-Angebot sieht und wohl etwas teurer anbieten wird als den Renault 5. Der startet bei uns in der Urban-Range-Version (mit kleinem Akku) bei 27.900 Euro – der Micra dürfte da die Schwelle von 28.000 Euro wohl um einige hundert Euro überschreiten.

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