In Sachen Bedienung und Instrumente spielt BMW seit den 1970er Jahren in der ersten Liga. Gut ablesbare Rundinstrumente und die zum Fahrer hin geneigte Mittelkonsole waren seit Modellen wie dem 3er (E21) oder dem 5er (E12) stilprägendes Vorbild für viele internationale Autohersteller. Als Anfang der 2000er Jahre mit dem polarisierenden BMW 7er der Baureihe E65 das Bediensystem iDrive mit einem Dreh- / Drücksteller auf der Mittelkonsole seine Premiere feierte, war die Kritik erst groß. Doch viele Wettbewerber aus Europa folgten, während sich in Asien die Touchscreens durchsetzten. Ähnlich erfolgreich verlief es beim Head-Up-Display. Hier war BMW war zwar nicht der erste Hersteller, der die Anzeigeprojektion in die Windschutzscheibe anbot. Aber die Bayern machten die Technik massentauglich.
Jetzt wagt BMW mit seinem sogenannten „Panoramic iDrive“ den Sprung in ein neues Bedien- und Anzeigezeitalter. Eingeführt werden soll das komplexe System, das von der Samsung-Tochter Harman entwickelt und jetzt auf der Tech-Messe CES in Las Vegas vorgestellt wurde, in diesem Jahr mit dem Elektroautos iX3 und i3 der sogenannten „Neuen Klasse“. Später sollen es im Zuge der Modellpflege auch die Fünfer- und Siebener-Baureihe erhalten.
Ein Blick auf die Instrumente des neuen BMW iX3 – und alles ist anders. Erstmals seit dem Luxusroadster BMW Z8 blickt der Fahrer hinter dem BMW-Lenkrad nicht mehr auf perfekt angeordnete und mittlerweile digitalisierte Instrumente. Statt dessen gibt es, wie von Tesla eingeführt und inzwischen branchenüblich – ein großes Zentraldisplay. Dessen wichtigste Inhalte – und hier kommt die News – lassen sich auf ein schmales Info-Band projizieren, das sich unterhalb der Windschutzscheibe über die gesamte Breite des Cockpits zieht. Was auf diesen „Contentinseln“ angezeigt wird, kann der Fahrer selbst entscheiden.
Panoramic iDrive künftig in allen BMW-Modellen
Fahrgeschwindigkeit, Fahrerassistenz, Navigation, Entertainment oder Klimatisierung – der Auswahl sind kaum Grenzen gesetzt. Dabei ersetzt die neue Anzeigeeinheit mit der Bezeichnung „Panoramic iDrive“ noch nicht einmal das Head-Up-Display, das bei den Modellen der neuen bayrischen Mittelklasse größer denn aus fällt. Überraschender ist eher, dass sich das schmale Informationsband zwar von der linken bis zu rechte A-Säule zieht, es abgesehen vom Zentralmonitor keine separate Bedien- und Darstellungsfläche für den Beifahrer gibt.
Gesteuert wird der Panoramic iDrive entweder per Sprachbefehl – wie bei Nio ist künftig auch bei BMW ein ebenfalls von Harman entwickelter Avatar an Bord – oder über strukturierte Sensorflächen auf dem völlig neu gestalteten Lenkrad. „Beginnend mit dem ersten Serienmodell der Neuen Klasse Ende des Jahres wird das neue BMW Panoramic iDrive ein integraler Bestandteil aller neuen BMW-Fahrzeuge sein“, kündigte BMW-Entwicklungsvorstand Frank Weber auf der weltgrößten Tech-Messe an.
Neues Betriebssystem erlaubt schnelle Updates
Doch das digitale Infoband unter der Windschutzscheibe ist nur der sichtbare Teil der Neuerung. Hinter dem Bedien- und Anzeigekonzept der Münchner liegt ein neues Betriebssystem, das unter der Bezeichnung „Operating System X“ auf einem Open Source-Softwarestack von Android arbeitet. Dieses macht es deutlich einfacher, Anwendungen von Drittanbietern wie Streamingdiensten und Spieleanbietern ins Auto zu integrieren. Das Betriebssystem lässt sich zudem unabhängig von Fahrzeug und Plattform aktuell halten. Daran hakt es bei vielen anderen etablierten Autoherstellern noch. Sie denken noch wie früher in Modellzyklen von drei und acht Jahren. Im Zeitalter des Software-definierten Fahrzeugs sind das halbe Ewigkeiten: Updates, die Funktionalitäten verbessern oder erweitern, erwarten die Kunden hier alle paar Wochen.
(Mit Ergänzungen von Franz Rother)