Er trägt einen großen Namen – der vollelektrische Sportwagen, der jetzt in die Erprobungsphase getreten ist. Das gilt umso mehr für den Co-Gründer der neuen Automarke: Anton Piëch, 43. Der Sohn des früheren Volkswagen-Chefs Ferdinand Piëch und Urenkel von Ferdinand Porsche hat sich vorgenommen, im 2024 ein Elektroauto auf den Markt zu bringen, das die Schönheit des klassischen Sportwagenbaus mit wegweisender Antriebs- und Ladetechnik verbindet. Der 450 kW (611 PS) starke und nur 1800 Kilogramm schwere Piëch GT soll in nur drei Sekunden Tempo 100 erreichen und mit einer Ladung seines Akkus bis zu 500 Kilometer weit kommen. Mithilfe einer innovativen Schnelllade-Technologie und einem speziellen Lademanagement soll es zudem möglich sein, den Akku des Elektroautos mit einer Speicherkapazität von 80 Kilowattstunden in weniger als fünf Minuten wieder zu befüllen.

Das macht neugierig – nicht nur auf den ersten fahrfähigen Prototypen des schnittigen Stromers. Auch auf den Menschen, der hinter Piëch Automotive und dem Piëch GT steht und der zusammen mit dem Designer Rea Stark und dem ehemaligen BMW-Manager Klaus Schmidt das Projekt betreibt. In Memmingen, wo das Fahrzeug derzeit erprobt wird, hatten wir Gelegenheit zu einem Gespräch mit „Toni“ Piëch, einem trotz seines großen Namens erstaunlich unprätentiösen Automanager.

Hinaus ans Licht 
In einem ehemaligen Flugzeug-Bunker auf dem früheren Militärflughafen Memmingen präsentierte Anton Piëch seinen zweisitzigen Elektro-Sportwagen. 2024 soll der Stromer in den Handel kommen. Fotos: Kirill Kirsanov
Hinaus ans Licht
In einem ehemaligen Flugzeug-Bunker auf dem früheren Militärflughafen Memmingen präsentierte Anton Piëch seinen zweisitzigen Elektro-Sportwagen. 2024 soll der Stromer in den Handel kommen. Fotos: Kirill Kirsanov

Herr Piëch, erinnern Sie sich noch an den Zeitpunkt, an dem Ihnen die Idee kam, ein eigenes Auto zu bauen?

Die allererste Idee? Die allererste Idee, die ich zusammen mit meinem Co-Founder Rea Stark hatte, war: Wir bauen ein schönes Auto. Völlig unabhängig vom Antriebsstrang. Die Initialidee war eine Liebhaberei und Ästhetikidee. Wir beide waren übereinstimmend zu dem Schluss gekommen, dass Autos eher tendenziell hässlicher als schöner werden.

Der Ausgangspunkt für den GT – oder den Mark One – war also ein ähnlicher wie der bei Ferry Porsche? „Am Anfang“, so schilderte Ihr Großvater die Gründung des Sportwagenunternehmens Porsche, „schaute ich mich um, konnte aber den Wagen, von dem ich träumte, nicht finden. Also beschloss ich, ihn mir selbst zu bauen.“

Ja und nein. Denn uns gefielen viele Autos – aus den 1960er und 1970er Jahren. Danach ist aus unserer Sicht eine gewisse ästhetische Entwicklung in der Autoindustrie verloren gegangen. Und wir haben uns gesagt, es kann doch nicht sein, dass alte Autos – die technisch deutlich schlechter sind als heutige – tendenziell schöner sind als aktuelle. Das liegt zum Teil sicher an Regulatorien wie denen zum Fußgängerschutz und der Insassensicherheit. Aber man muss es doch hinbekommen, ein lustvolles Auto zu bauen, das nicht Retro ist, über einen modernen Antriebsstrang verfügt, einen ansprechenden Innenraum und das obendrein alle Regularien erfüllt.

Erst Ästehtik – dann Modernität

Und das auch noch auf einem gesunden Geschäftsmodell basiert.

Sicher, ein solches Projekt sollte auch Profit abwerfen.

Der Elektroantrieb kam also erst später dazu?

Erst Ästhetik, dann Modernität, dann Geschäftsmodell – so war die Reihenfolge unserer Überlegungen. Wir – Rea und ich – sind beide Unternehmer.

„Wir bauen einen Sportwagen mit Elektroantrieb, der nicht wie ein Ufo ausschaut.“

Toni Piëch über das Design des neuen Piëch GT

Wissen Sie noch, wann Sie dieses Gespräch mit Rea Stark führten?

Das war 2015 auf einem Berg nahe Zell am See.

Bei einer Bergtour?

Nein, an meinem Geburtsort in Walchen hatten wir uns zurückgezogen und über Autos diskutiert. Und Rea hat sofort angefangen, die Ästhetik auszuarbeiten und überlegt, wie man die mit dem Namen Piech zusammenbringt. Dieser Initialfunke ist über die Jahre wirklich geblieben. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir uns in dem Punkt nicht verwässert haben, nicht von irgendwelchen Trends ablenken ließen.

Und jetzt steht ein fahrbereiter Prototyp vor Ihnen, mit Ihrem Namen auf Motorhaube und Heckabschluss. Läuft es Ihnen da nicht kalt den Rücken runter?

Ja, es läuft mir schon kalt den Rücken runter. Aber der Name drauf ist nicht meiner, sondern der, der dem ganzen Team gehört.

Na ja..

Doch, das ist wirklich so. Es ist zufällig meiner, aber das ist das Produkt einer Teamleistung.

"Ich kann dem Markt nicht vorschreiben, was er zu denken hat" 
Anton Piëch im Gespräch mit dem Autor, der den Werdegang seines Vaters in der Autoindustrie 30 Jahre lang verfolgte.
„Ich kann dem Markt nicht vorschreiben, was er zu denken hat“
Anton Piëch im Gespräch mit dem Autor, der den Werdegang seines Vaters in der Autoindustrie 30 Jahre lang verfolgte.

Zugegeben. Aber es ist schon etwas anderes, wenn das Auto Piëch heißt statt Stark oder Schmidt – den Namen Ihres Technikvorstandes.

Gut, aber ich meine es wirklich so. ich habe ja zwei Familien. Ich habe eine Großfamilie, die ja bekanntermaßen schon in der Autoindustrie tätig ist.

Die Familien Porsche und Piëch.

Richtig. Aber ich meine auch die Piëch-Automotive-Familie. Dass dieses Auto heute hier steht, ist vor allem der zu verdanken. Mit mir persönlich hat das, auch emotional, relativ wenig zu tun. Es ist eher ein Rudel-, eine Familiengeschichte als eine persönliche. Wenn auf dem Auto ein anderer Name stünde, wäre das für mich kein großer Unterschied.

Für die Käufer aber wahrscheinlich schon. Ein „Stark“ oder „Schmidt“ hätte ungleich geringere Verkaufschancen. Mit dem Namen Piëch verbindet man schon anderer Erwartungen.

Ich gebe Ihnen recht: Ich bin mir bewusst, dass der Name ein großes Asset für die Firma ist, weil er vier Generationen Sportwagenbau aussprüht. Und die klassische Form des GT passt perfekt dazu. Aber der Name Piëch sorgt auch für einen ungeheuren Druck, weil es ein riesige Verantwortung bedeutet gegenüber meiner Großfamilie.

Mit Mut zum Unternehmertum

Stimmt: Einen Flop oder technische Unzulänglichkeiten können Sie sich da mit dem Auto nicht leisten. Wird da Ihnen nicht bange, wenn Sie an die nächsten zwei Jahre bis zum Verkaufsstart denken?

Gar nicht, kein bisschen. Wir haben ein starke Markenvision und treffen mit dem Auto einen Nerv vieler Autoliebhaber. Wir bauen einen Sportwagen mit Elektroantrieb, der nicht wie ein Ufo ausschaut, sondern mit den Eigenschaften klassischer Sportwagen daher kommt und einer zeitlosen Ästhetik.

Sie sind kein Ingenieur, sondern haben Sinologie studiert. War das aus heutiger Sicht ein Fehler?

Nein, das hat mir ungeheuer viel gebracht. Ich hätte auch in Europa bleiben können. Aber es hat mich zum Studieren erst in die USA gezogen und dann nach China. Ohne den Mut, aus meiner Komfortzone auszubrechen und etwas völlig anderes zu machen, hätte ich sicher keine Automobilfirma gegründet. Bei solchen Abenteuern ist der Mut zum Unternehmertum das Allerwichtigste, neben einer Vision und die Fähigkeit, die richtigen Leute als Partner und Mitarbeiter auszusuchen. Ich muss ja nicht jede Schraube am Auto selbst entwickeln und reindrehen.

Men in Black 
Zusammen mit Ex-BMW-Manager Klaus Schmidt (l.) und Co-Gründer Rea Stark (r.) will Toni Piech den Elektro-Sportwagen in den kommenden zwei Jahren zur Serienreife bringen. Auch ein Börsengang wird vorbereitet.
Men in Black
Zusammen mit Ex-BMW-Manager Klaus Schmidt (l.) und Co-Gründer Rea Stark (r.) will Toni Piech den Elektro-Sportwagen in den kommenden zwei Jahren zur Serienreife bringen. Auch ein Börsengang wird vorbereitet.

Aber bemerkenswert ist es schon, dass Sie wie viele Ihrer Familie trotz der beruflichen Schleife in andere Themenfelder in der Autoindustrie gelandet sind. Sie hätte mit dem Unternehmergeist ja auch eine Internet-Bude aufziehen können.

Die hatte ich in China ja. Aber Sie haben recht: Vor zehn Jahren hätte ich mit dem Kopf geschüttelt, wenn mir jemand prognostiziert hätte, dass ich eine Autofirma gründen würde. Aber so wie es mich in einem spannenden Moment nach China zog, so komme ich zu einem spannenden Moment nun in die Autoindustrie: Wir erleben hier gerade einen ungeheuren Paradigmenwechsel – der die Möglichkeit zu neuen Geschäftsmodellen eröffnet. Die alte Schlachtschiff-Struktur der Autobranche hat über 100 Jahre gut funktioniert. Jetzt wird sie durch kleine, schlanke wie agile Unternehmen aufgemischt.

Ihr Vater und Großvater marschiert bei dem Projekt Piëch Automotive gewissermaßen in Gedanken mit.

Das kann sein. Ich muss aber aufpassen: Ich kann dem Markt ja nicht vorschreiben, was er zu denken hat. Aber für mich gibt es beim Namen Piëch gewisse Hygienefaktoren. Die hat vor allem mein Vater aufgebaut. 

Nämlich?

Dass alles, was unter diesem Markennamen passiert, vom Engineering grundsolide sein muss. Ansonsten dürften wir den Namen nicht verwenden. Darüber hinaus muss das Produkt natürlich einen eigenen Charakter haben.

„Wir erleben in der Autoindustrie gerade einen ungeheuren Paradigmenwechsel.“

Toni Piëch über die Chancen neuer Automarken in Zeiten der Antriebswende

Als zum Beispiel ein Porsche?

Der Namen ist assoziiert mit einer Konzern-Autowelt, die ganz anders funktioniert. Piëch ist kein Volkswagen. Ich habe mich mit meinem Vater in der frühen Phase darüber sehr intensiv darüber unterhalten, wofür ich ihm heute noch dankbar bin.

Ein Stück von Ferdinand Piëch steckt also durchaus im Piech GT?

Nein. Mein Vater hat in frühen Phase ganz tolle Kontakte gemacht, um zum Beispiel das technische Konzept validieren zu lassen. Aber direkt involviert in das Projekt war er nie, weder finanziell noch technisch oder sonst wie. Das war mir auch wichtig: Dass ich meinen eigenen Weg gegangen bin und nie etwas von ihm wollte, hat ihm gefallen. Deshalb war unsere Beziehung immer eine sehr leichtfüßige.

Blick in die Zukunft
Das Interview findet sich auch in der neuen Ausgabe des EDISON-Magazins, das der AutoBild beiliegt.

Teile der Familie halten aber schon Anteile an Piëch Automotive?

Das ist richtig. Aber nur punktuell und über mich. Ich hatte das Glück, in das Projekt selbst einiges reinstecken zu können. Aber ansonsten ist es völlig familien-unabhängig. Wir haben daneben eine ganze Reihe von Investoren aus der Schweiz.

Zum Beispiel?

Die kommen aus dem Autoliebhaber-Bereich. Es sind Individuen, keine strukturierten Finanzinvestoren. Von denen haben wir von Anfang an tolle Kapitalspritzen bekommen. Als die kürzlich unser Auto erstmals zu sehen bekamen, leuchteten deren Augen.

Sie haben mit dem Auto, mit dem Konzept ja noch einiges vor – bis zu 50 Varianten wären theoretisch möglich. Das wären fast mehr als Porsche heute bietet. Streben Sie ähnliche Größenordnungen auch im Verkauf an?

Nein, unsere Ziele sind seit Jahren fein austariert. Wir wollen eine Nische besetzen, wollen kein Großserienhersteller werden.

Mit maximal 10.000 Einheiten.

Ja, damit sind wir immer noch Kleinserienhersteller.

Men in Black 
Zusammen mit Ex-BMW-Manager Klaus Schmidt (l.) und Co-Gründer Rea Stark (r.) will Toni Piech den Elektro-Sportwagen in den kommenden zwei Jahren zur Serienreife bringen. Auch ein Börsengang wird vorbereitet.
Men in Black
Zusammen mit Ex-BMW-Manager Klaus Schmidt (l.) und Co-Gründer Rea Stark (r.) will Toni Piech den Elektro-Sportwagen in den kommenden zwei Jahren zur Serienreife bringen. Auch ein Börsengang wird vorbereitet.

Wie Ferrari?

Nein, die bauen inzwischen auch über 10.000 Autos. Das ist der einzige Sportwagenhersteller, der ohne SUVs über 10.000 Einheiten kommt. Wir wollen immer unsere Exklusivität behalten und bei 10.000 Fahrzeugen bleiben. Das ist auch unser europäischer Ansatz – kein Mondfahrtunternehmen starten. Wir wollen finanziell unabhängig bleiben und hochprofitabel sein. Dann ist aber auch gut. Die strategische Stärke des Unternehmen steckt nicht in Volumenzahlen – da wird man schnell abhängig von Marktschwankungen. Für uns ist Technologieführerschaft viel w0ichtiger. Wir wollen möglichst schnell neue Technologien in die Serie bringen und nur in Lizenz in Großserie, dann haben wir ein wahnsinniges Potenzial.

Das ist auch der Grund, warum Sie keine eigene Fertigung aufziehen?

Genau. Unsere Autos lassen wir von Spezialisten produzieren. Auch solche Partnerschaften machen unsere Wendigkeit aus. Wir sind auch offen für andere Partnerschaften mit Unternehmen, die uns – ähnlich wie Rimac – als Speedboat-Entwicklungszentrum betrachten. Ich denke, unter dem Aspekt sind wir für andere Unternehmen interessant, nicht nur in Europa. Aber das muss man sich natürlich ganz genau anschauen. Denn unsere Unabhängigkeit ist uns sehr wichtig.

„Meine Träume sind noch lange nicht erfüllt.“

Toni Piëch über seine weiteren Pläne in der Autoindustrie

Wie wäre es mit einem Börsengang?

Ja, das schauen wir uns auch an. Es gibt ja auch andere Autounternehmen, deren Aktien an der Börse gehandelt werden und die trotzdem noch ein Familienunternehmen sind. Schon mit Blick auf den Markennamen und meiner Verantwortung dafür muss ich ein großes Maß an Kontrolle über das Unternehmen behalten. Wenn ich eine tolle Firma aufbaue und die anschließend verhökere, werde ich dem nicht gerecht.

„Ich habe wahnsinnig viel Glück mitbekommen“

Mit dem Piëch GT haben sich Ihre Träume erfüllt?

Nein. Meine Träume sind noch lange nicht erfüllt. Ich bin erst einmal beruhigt, dass ein Teil des Weges beschritten wurde. Der Tag, an dem ich wieder gut schlafen kann, ist der Tag, an dem die Firma Profit abwirft.

Sie schlafen also derzeit eher schlecht?

Ich habe halt einen Haufen Verantwortung. Gegenüber meinen Angestellten, gegenüber unseren Partnern und Investoren, gegenüber der Familie und dem Namen. Das raubt mir natürlich viel Schlaf.

Sie haben das Schicksal ja freiwillig gewählt. Gab es auch schon mal Tage, wo Sie über die Entscheidung, ein Autounternehmen zu gründen, geflucht haben?

Das passiert fast jeden Tag. Aber das heißt nicht, dass mir nicht gefällt, was da entsteht. Ich habe wahnsinnig viel Glück mitbekommen im Leben und mein Elternhaus, speziell meine Mutter, hat mich gedrungen, daraus etwas zu machen. Ich habe mir da keinen angenehmen Weg ausgesucht, aber einen, der unheimlich spannend ist und der es mir ermöglicht, mit den Besten dieser Industrie zusammenzuarbeiten. Das macht unheimlich viel Spaß. Ich lerne sehr viel und kann meine Neugierde einbringen.

"Es läuft mir schon kalt den Rücken runter"
Nach sechs Jahren der Konzeptions- und Entwicklungsarbeit freut sich Toni Piëch darüber, dass nun der erste Prototyp des Piëch GT endlich fahrbereit ist. Auch wenn bis zum Verkaufsstart 2024 noch viel zu leisten ist.
„Es läuft mir schon kalt den Rücken runter
Nach sechs Jahren der Konzeptions- und Entwicklungsarbeit freut sich Toni Piëch darüber, dass nun der erste Prototyp des Piëch GT endlich fahrbereit ist. Auch wenn bis zum Verkaufsstart 2024 noch viel zu leisten ist.

Fahren Sie eigentlich schon privat elektrisch – oder warten Sie damit, bis der Piëch GT fertig ist?

Ich muss auf die Frage sanft antworten, denn dazu überlege ich mir viel. Ich möchte keine Modellnamen nennen, denn das würde in die falsche Richtung gehen. Ich lebe in einer Welt der Liebe zum Auto und auch der Liebhaberei. Da gibt es Platz für verschiedene Antriebsstränge und Antriebstechnologien. Am liebsten würde ich sagen: Ich fahre nur den Porsche Taycan, denn der gehört da rein. Das ist eine europäische Variante eines sportlichen Elektroautos. Ein ganz tolles Auto, an dem ich nicht vorbei komme. Nach dem Vorpreschen des Taycan wollen wir mit dem Piëch GT eine andere Variante der Elektromobilität bringen.

Aber mit dem Elektroantrieb haben Sie sich schon angefreundet?

Ich habe da ein ideologisches Herz und ein Kinderherz. Das ideologische Herz sagt mir, dass wir als Menschheit und mit Rücksicht auf das Klima weg kommen müssen von fossilen Kraftstoffen. Wir brauchen da andere Antriebe und auch Mobilitätskonzepte.

Und was sagt das Kinderherz?

Das liebt Produkte, die Fahrspaß bieten, es schlägt mehr nach dem Bauchgefühl und nicht nach dem, was der Kopf sagt. Und das hat dafür gesorgt, dass wir jetzt an dem GT arbeiten.

Der erst einmal mit Elektroantrieb angeboten wird. Später könnte der Wagen auch mit anderen Antrieben kommen, mit Brennstoffzelle oder als Hybrid mit Sechszylinder-Benziner?

Genau. Da schlägt sich meine Neugierde nieder und Technologie-Offenheit. Ich sehe es prinzipiell kritisch, sich jetzt schon auf eine Antriebstechnik festzulegen. Damit schlägt man alle anderen Türen zu. Wir leben in einer Welt, in der verschiedene Technologie-Wege in die Zukunft führen. Da braucht es den Mut der Kleinserien-Hersteller, neue Techniken auszuprobieren. Wir haben vor zwei Jahren gesagt, dass wir es schaffen, ein Elektroauto in weniger als fünf Minuten zu laden. Viele haben uns damals ausgelacht. Heute können wir zeigen, dass es funktioniert. Und die Lithium-Ionen-Batterie ist sicher nicht die Lösung für die nächsten 100 Jahre.

„Wir leben in einer Welt, in der verschiedene Technologie-Wege in die Zukunft führen.“

Toni Piëch über alternative Antriebskonzepte jenseits des Batterieautos

Trotzdem setzen große Autohersteller wie Volkswagen allein auf das Batterieauto. Können Sie sich das erklären?

Natürlich. Das hat ausschließlich betriebswirtschaftliche Gründe: Die können nicht anders. Und wenn man ein neues Haus gekauft hat, muss man allen anderen natürlich sagen, dass dies das beste von allen ist – sonst wird man es nie wieder los. Je größer ein Unternehmen ist, desto mehr muss er in die neue Technologie und in die Lieferkette investieren. Ab einer gewissen Stückzahl kommt man dann aus einer Technik kaum mehr raus: Technologieoffenheit kann man sich bei einem solch hochintegrierten Geschäftsmodell gar nicht mehr leisten. Insofern bin ich froh, dass ich nur ein Schnellboot und kein Schlachtschiff zu steuern habe.

Die Zukunft ist also aus Ihrer Sicht nicht zwingend elektrisch?

Nein. Das ist auch der völlig falsche Ansatz, die Zukunft zu denken. Die Zukunft wird eine Vielfalt von Lösungen aufzeigen. Die muss man prüfen, ob sie technisch machbar sind, betriebswirtschaftlich Sinn machen, in die politischen Rahmenbedingungen passen – und ob es das Potenzial hat, sich schnell durchzusetzen. Eine übereilte Festlegung führt möglicherweise in eine Sackgasse.  

  

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