Wo sind nur die alten Smart-Zeiten ohne Geely-Einfluss geblieben, als der doppelsitzige Fortwo keck viele Metropolen in Europa und Fernost eroberte? Viele bestaunen die neuen großen Crossover #1, #3 und nun den #5 – doch die Fragen nach einem kleinen Cityflitzer bleiben. „Ich kann Ihnen nur versichern, dass es bis Ende 2025 eine Entscheidung über ein mögliches zukünftiges zweisitziges Stadtauto, den geistigen Nachfolger des ursprünglichen Smart, geben wird“, sagt Dirk Adelmann, CEO von Smart in Europa. „Es gibt mehr als 2,2 Millionen Fortwo- und Forfour-Besitzer, die nachdrücklich die Einführung neuer Generationen des Modells fordern, aber wir müssen sicherstellen, dass der Geschäftsplan eine positive Rendite für das Unternehmen abwirft, was in diesem Marktsegment, das daher verschwindet, nie einfach ist“.
Klasse also vor Masse, Rendite vor Popularität. Die Mittelklasse mit der inzwischen schier unüberschaubaren Zahl an vollelektrischen SUV verspricht nun mal höhere Gewinne als ein kleines Stadtmobil. In der Beziehung sind die Erwartungen größer denn je beim 4,70 Meter langen und kraftstrotzenden Smart #5, der schamlos gegen den Mercedes EQB oder auch den kommenden BMW iX3 antritt.

Der Smart #5 kommt in der Brabus-Version mit 475 kW Leistung daher und lässt damit jeden Sportwagen beim Ampelstart stehen.
Die Insassen sehen sich wohlig umgeben mit einer digitalen Instrumentierung konfrontiert, die aus einem oder zwei 13-Zoll-Bildschirmen besteht, die durch ein 25-Zoll-Head-Up-Display ergänzt werden können. Mit Hilfe eines Löwen-Avatars kann der Fahrer wichtige Funktionen wie Telefonanrufe, Nachrichten, Audiosystem oder die Klimasteuerung per Stimme steuern. Bei Bedarf hilft der Löwe auf unterhaltsame Weise bei der Navigation durch die Bedienebenen. Und wer nostalgisch den Klang von Benzinmotoren vermisst, kann diese akustische Leere mit einem 2.000-Watt-Sennheiser-Soundsystem mit 20 Lautsprechern füllen. Smart wird so ganz neu definiert.
Viel Platz und Komfort
Die Kunststofftaster fühlen sich angenehm an, die Verkleidungen wirken solide und es gibt wahlweise Sitzbezüge aus Stoff, Kunst- oder sogar Naturleder. Das Platzangebot im Innenraum ist dabei so groß wie in keinem anderen Auto, das jemals das Smart-Logo trug. Das liegt nicht allein an großzügigen Proportionen, sondern auch einem Radstand von 2,90 Metern.

Falls im Stau mal Langeweile aufkommt, bietet der Smart #5 den Insassen auf der Breitbild-Leinwand ein buntes Unterhaltungsprogramm. Chinesen lieben so etwas, angeblich auch Autofahrer in der alten Welt. Fotos: Smart
Es gibt direkte Belüftungsöffnungen im Fond, aber keine Möglichkeit, den Luftstrom oder die Temperatur einzustellen. In den Luxusversionen kann dafür die Neigung der Rücksitzlehnen elektrisch verstellt werden. Alle Smart #5 verfügen über einen mächtigen Kofferraum mit einem Volumen von 630 Litern, der bei umgeklappten Rücksitzlehnen auf 1.530 Liter erweitert werden kann. Die Version mit Hinterradantrieb verfügt zudem über einen 72 Liter großen Frunk. Beim Allradler schrumpft der wegen des zusätzlichen Motors auf 47 Litern zusammen.
Brabus-Version strotzt vor Kraft
Auch Leistung gibt es reichlich. Der 45.900 Euro teure Basisversion Smart #5 Pro wird von einem 250 kW oder 340 PS starken Heckmotor angetrieben. Ein 74-kWh-Akkupaket sorgt hier für 460 Kilometer Norm-Reichweite, während die 267 kW oder363 PS starke Pro Plus-Version dank eines 94 kWh fassenden Batteriepakets knapp 600 Kilometer bis zum nächsten Ladestopp schaffen soll. Der nochmals stärkere Smart #5 Pulse verfügt über einen zweiten Elektromotor an der Vorderachse mit 165 kW Leistung und bietet somit einen Allradantrieb mit insgesamt 432 kW oder 587 PS. Als ob das nicht ohnehin reichen würde, katapultiert einen die 60.900 Euro teure Brabus-Topversion mit spektakulären 475 kW Leistung und 710 Nm Drehmoment in andere Dimensionen. Bei aller Kraft ist auch hier dankenswerterweise bei 210 km/h Schluss.

Smart liefert den Kompakt-SUV in drei Ausführungen an, als „Pro“ mit 250 kW, Heckantrieb und 400-Volt-Technik, als „Pulse“ (Mitte) mit 800-Volt-Technik und 432 kW starkem Allradantrieb – und in Brabus-Version mit 475 kW Leistung und 210 km/h Topspeed.
Das Batteriepaket des #5 Pro besteht aus Lithium-Eisen-Phosphat (LFP)-Zellen gestrickt und mit 400 Volt unter Spannung gesetzt, während die teureren Versionen von der größeren Energiedichte der Nickel-Mangan-Kobalt (NMC)-Zelltechnik profitieren und sich auf ein 800-Volt-Bordnetz stützen.
Gleichstrom laden mit bis zu 400 kW
Zugute kommt das vor allem der Ladeleistung: Während das Basismodell Gleichstrom mit maximal 150 kW lädt, sind beim Spitzenmodell bis zu 400 kW drin. Im Praxistest hob unser Brabus-Testwagen in gerade einmal 16 Minuten den Ladestand von 10 auf 80 Prozent an. Er übertraf damit sogar noch die Werksangabe von 18 Minuten. Die maximale Leistung, die während des Ladevorgangs erreicht wurde, betrug 407 kW. Und beim Ladestand von 73 Prozent lag die Ladeleistung immer noch bei über 200 kW – die meisten Konkurrenten schaffen das nicht einmal mit leerem Akku. In zehn Minuten können weitere 318 Kilometer Reichweite eingetankt werden. So ist es zu verschmerzen, dass Stromverbrauch bei schneller Gangart auf bis zu 30 kWh/100 km stieg.

Der Smart #5 Brabus nimmt am Schnelllader Gleichstrom schneller auf als ein Porsche Taycan. Der immerhin 94 kWh große Akku des Chinesen ist dadurch schon nach einer Viertelstunde wieder zu 80 Pozent gefüllt.
Kritisch anzumerken ist auch, dass der Smart #5 Brabus, der auf 21-Zoll großen Rädern rollt, sehr straff abgestimmt ist – noch härter als die China-Version. Dabei sind die Querbewegungen der Karosserie in schnellen Kurven sehr gut kontrollierbar. Wer im aggressivsten Brabus-Fahrmodus stark beschleunigt, wird mit brutaler Leistung in die Sportsitze gepresst. In den anderen Fahrmodi werden nur 51 (Eco), 65 (Comfort) oder 86 Prozent (Sport) der Leistung an beide Achsen verteilt.
„Nichts für Fahranfänger“
„Das ist kein Auto, das man einem unerfahrenen Fahrer geben sollte. Denn mit dem sofort zur Verfügung stehenden Drehmoment von über 700 Nm ist nicht zu spaßen“, räumt Entwicklungs-Chef Tilo Schweers ein. Zudem verfügt der 2,4 Tonnen schwere Brabus-Fünfer über ein Offroad-Programm für Geländefahrten mit den zusätzlichen Modi Snow/Sand/Mud/Adaptive und Stones.
In jedem der Fahrmodi kann man das Ansprechen von Lenkung, Bremsen und Stabilitätskontrolle variieren. Die Dämpfer bleiben jedoch passiv und so gibt es keine Unterschiede in der Federung – schade für die Brabus-Version. Ebenso bissig wie das Triebwerk sprechen glücklicherweise auch die Bremsen an, die insbesondere gefühlvoll zwischen regenerativer und mechanischer Verzögerung wechseln. Alles in allem ist der Brabus eine echte Sportkanone, die nicht nur elektrisch ihresgleichen sucht.