Der Bestand an E-Fahrzeugen kann in den kommenden Jahren deutlich stärker ansteigen als heute angenommen. Das zeigt eine Studie des Reiner-Lemoine-Instituts im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums und der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur unter dem Dach der NOW GmbH. Demnach könnten 2030 bis zu 14,8 Millionen batterieelektrische E-Fahrzeuge und Plug-in-Hybridfahrzeuge in Deutschland zugelassen sein. Berechnungen im Rahmen der Studie „Ladeinfrastruktur nach 2025/2030 – Szenarien für den Markthochlauf“ prognostizieren auch: Im Jahr 2030 wird an rund 61 Prozent der privaten Stellplätze am Wohnort ein Ladepunkt zur Verfügung stehen. Der Anteil privater Ladevorgänge wird 2030 laut Prognose bei 76 bis 88 Prozent liegen.
Dennoch spielt der Ausbau an öffentlicher Ladeinfrastruktur eine entscheidende Rolle, mahnt das Berliner Institut. Dieses gibt einen Bedarf von 440.000 bis 843.000 öffentlichen Ladepunkten im Jahr 2030 an. Aktuell gibt es nach dem „Charging-Radar“ von CIRRANTiC und THEON Data für EDISON bundesweit erst rund 48.000 öffentliche Ladepunkte.
Die Zahl sei abhängig davon, wie viel private Ladeinfrastruktur verfügbar und wie stark ausgelastet die öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur sei. Aber auch das Ladeverhalten der Nutzer spielt eine Rolle: Kommen künftig verstärkt Lade-Hubs mit Schnellladepunkten zum Einsatz, ist der Bedarf deutlich geringer, heißt es in der Studie. Basis der Ergebnisse sind Angaben von Autoherstellern und anderen Akteuren im Mobilitätssektor.
SPD kritisiert Blockadehaltung der Union
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) fordert deshalb, nun den rechtlichen Rahmen für den Ausbau privater Ladeinfrastruktur zügig zu
verbessern. Das derzeit im Parlament diskutierte Gebäude-Elektro-Mobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) brauche eine „ambitioniertere Ausgestaltung“ und müsse schnell in Kraft treten.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Andreas Rimkus aus Düsseldorf, Mitglied in der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Energie, kritisierte bei dem Punkt kürzlich eine „Blockadehaltung“ der Union: „Wir wissen, dass der bundesweite Ausbau der Ladeinfrastruktur ein entscheidendes Nadelöhr für den Hochlauf der Elektromobilität ist, und wir wissen auch, dass wir genau diese Transformation dringend brauchen – sowohl im Sinne des Klimaschutzes, als auch im Sinne der Automobilindustrie. Trotzdem verhindern CDU und CSU in den Verhandlungen seit Monaten einen Kompromiss und wollen sich lediglich auf die Umsetzung der EU-Minimalanforderungen beschränken, die dafür gemacht sind, die wirtschaftlich schwächsten EU-Mitgliedsstaaten nicht zu überfordern. Dies als Maßstab für die führende Automobil- und Industrienation der EU anzusetzen, wäre absolut unangemessen.“
Mehr Schnellladeparks in der City gefordert
Der VKU sieht auch auf administrativer Ebene noch Hürden, die vor Inkrafttreten des GEIG noch überwunden werden müssten. Abhilfe könnten nach Ansicht des Verbandes etwa bundesweit koordinierte Erleichterungen im Baurecht schaffen. Außerdem gelte es, für alle Marktteilnehmer Transparenz über verfügbare Flächen und geplante Ladeinfrastruktur-projekte zu schaffen, so der VKU weiter.
Neben den Erkenntnissen aus der Studie brauche es nun mehr Erfahrungen aus der Praxis, beispielsweise zur Wirtschaftlichkeit von Ladesäulen. „Hier kommen wir nur weiter, wenn noch in dieser Legislaturperiode Pilot-projekte, etwa in Form innerstädtischer Schnellladehubs, aufgesetzt und schnell realisiert werden“, sagte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing.