Subaru und der Rallyesport gehören zusammen wie der Boxermotor und ein Allradantrieb. Sechs Weltmeistertitel hat der japanische Autobauer in seiner Geschichte gewonnen, viele Fans der Marke fiebern schon dem neuen Rallye-Fahrzeug entgegen, das im Juni beim Goodwood Festival of Speed enthüllt werden soll. Das Problem ist nur: Die Ära der Verbrennungsmotor geht auch im Motorsport allmählich zu Ende. Teilelektrische Hybridantriebe sind in fast allen Rennserien bereits vorgeschrieben. Und die Einführung von E-Fuels in der Rallye-WM wird die Antriebswende allenfalls verzögern, aber nicht verhindern können.

Subaru braucht also schleunigst Elektroautos, um nicht vollends abgehängt zu werden oder für die Zulassung von PS-starken Neuwagen mit hohen CO2-Emissionen Strafzahlungen leisten zu müssen. Da trifft es sich ganz gut, dass die vor 70 Jahren aus dem Fuji-Konzern hervorgegangene Subaru Corporation seit einer ganzen Weile mit Toyota verbandelt ist, wirtschaftlich wie technisch. Und so kann Subaru mit dem ausschließlich allradgetriebenen Solterra nun ein erstes Angebot machen, das auch seinen Stammkunden den Weg in die Zukunft weist.

Hoch das Bein

Die Verwandtschaft des 4,69 Meter langen Elektroautos mit dem Toyota bz4X ist offenkundig – beide Modelle teilen sich nicht nur die Plattform, sondern auch schätzungsweise 95 Prozent aller Teile. Wobei – und darauf sind sie bei Subaru natürlich ganz besonders stolz – der (bei Toyota aufpreispflichtige) Allradantrieb samt Allrad-Assistenzsystem X-Mode komplett von den eigenen Ingenieuren entwickelt wurde.

Echtes Offroad-SUV

Und der Allradantrieb hat so einiges drauf, wie wir jetzt bei Testfahrten im Elsass auf einem schwer gefurchten und tiefverschlammten Offroad-Parcours erleben konnten. Die beiden jeweils 80 kW oder 109 PS starken Elektromotoren (Systemleistung 160 kW/218 PS) mit einem maximalen Drehmoment von 169 Newtonmetern wühlten sich so leicht durch den Dreck wie Rallye-Legende „Coco“ McRae bei einer der Schlammschlachten im Computerspiel „Dirt“.

Besondere Fähigkeiten des Piloten sind dabei nicht einmal erforderlich: Das Assistenzsystem X-Mode – eine Art Offroad-Tempomat – koordiniert Motormanagement, Allradsystem und Bremskraft bis zu einer Geschwindigkeit von 20 km/h vollautomatisch. Egal, ob es gerade bergauf oder bergab geht. Der Fahrer muss lediglich mit dem Lenkrad den Kurs so wählen, dass der rund zwei Tonnen schwere Stromer trotz 21 Zentimeter Bodenfreiheit und eines Rampenwinkels von 18,2 Grad nicht böse aufsetzt. Förster, Jäger und Ingenieure – die typische Klientel von Subaru – müssen also nicht befüchten, nach dem Umstieg vom Subaru Outback auf einen Solterra auf Ausritte ins Gelände verzichten zu müssen. Das ist schon mal eine gute Nachricht.

achwerk-Stil 
Der Subaru Solterrra ist wie sein Schwestermodell Toyota bz4X ein Elektro-SUV mit Ecken und Kanten, aber eine runde Sache.
Fachwerk-Stil
Der Subaru Solterrra ist wie sein Schwestermodell Toyota bz4X ein Elektro-SUV mit Ecken und Kanten, aber eine runde Sache.

Und die Manager von Subaru Deutschland hatten zur Präsentation des Solterra auf dem Circuit de l’Anneau du Rhin im Elsass noch ein paar andere gute Nachrichten mitgebracht. So kann in der Werkstatt nun ein Software-Update aufgespielt werden, das den Alltag mit dem Elektro-SUV deutlich erleichtern dürfte. Weniger, weil der Ladestand anschließend auch in einem Prozentwert angezeigt wird, sondern weil unter anderem die Ladekurven optimiert wurden, um Ladevorgänge spürbar zu beschleunigen. Die maximale Ladeleistung beträgt allerdings weiterhin nur 150 kW.

Update und Upgrade für schnellere Ladevorgänge

Außerdem wurde die maximal Anzahl der Schnellladevorgänge, die der Stromer während eines Tages akzeptiert, angehoben: Die Batteriezellen vertragen nach den bisherigen Erfahrungen mehr als zunächst befürchtet. Langstrecken-Touren werden dadurch deutlich vereinfacht. Aber auch, weil die Reichweitenanzeige nun wesentlich präziser sein soll: Bislang kalkulierte diese so vorsichtig, dass bei einer im Bordcomputer angezeigten Restreichweite von nur noch sieben Kilometern durchaus noch genügend Energie für Fahrten von bis zu 50 Kilometern vorhanden war. Auch rechnet der Computer nun den Betrieb der Klimaanlage in die Reichweitenanzeige ein. Und auch eine Ladeplanung für die Langstrecke ist nach dem Update möglich. Wow. Auch in dem Punkt bestand bei den Softeware-Ingenieuren offenbar noch Lernbedarf.

Laden mit 11 kW - ab Modelljahr 2024 
Ein neues Onboard-Ladegerät sorgt dafür, dass an der Wallbox künftig deutlich schneller Strom aufgenommen werden kann.
Laden mit 11 kW – ab Modelljahr 2024
Ein neues Onboard-Ladegerät sorgt dafür, dass an der Wallbox künftig deutlich schneller Strom aufgenommen werden kann.

Anderes braucht hingegen noch etwas länger. So wird der Solterra erst zum Modelljahr 2024 ein neues Onboard-Ladegerät erhalten, das den Wechselstrom dreiphasig mit bis zu 11 kW in den brutto 71,7 kWh großen Lithium-Ionen-Akku im Fahrzeugboden fließen lässt. Aktuell beträgt die maximale Ladeleistung an der Wallbox magere 7,0 kW. Eine Vorkonditionierung des Akkus, um die Ladevorgänge auf Fernreisen am DC-Charger zu beschleunigen, ist allerdings weiterhin nicht vorgesehen.

Theoretisch bis zu 466 Kilometer Reichweite

Und auch Reichweite selbst bleibt unverändert. Nach der WLTP-Verbrauchsnorm soll der allradgetriebene Solterra auf festen Straßen theoretisch bis zu 466 Kilometer mit einer Ladung seines Akkus weit kommen. Verbrauchswerte um die 23 kWh/100 km bei der – eher gemächlichen – Testfahrt durch das frühlingshafte Elsass (bei Außentemperaturen um die 10 Grad) deuten aber eher auf maximale Reichweiten um die 300 Kilometer. Theorie und Praxis der Verbrauchsangaben klaffen auch im Zeitalter der Elektromobilität oft noch weit auseinander.

Ansonsten weiß der Subaru aber durchaus zu gefallen – wenn man sich erst einmal an das ungewöhnliche Arrangement des Cockpits gewöhnt und das Lenkrad so eingestellt hat, dass die Anzeigen auch über den Lenkradkranz hinweg gut einsehbar sind. Auch der Drück-Dreh-Mechanismus des Fahrschalters auf der Mittelkonsole braucht einen kurzen Augenblick der Eingewöhnung. Aber dann rollt es sich ganz kommod und entspannt.

Etwas gewöhnungsbedürftig
Der Fahrer soll - ähnlich wie in einem Peugeot - über das Lenkrad hinweg auf das weit vorne positionierte Display mit den Fahrinformationen schauen. Bis da die perfekte Position von Sitz und Lenkrad gefunden ist, kann es etwas dauern.
Etwas gewöhnungsbedürftig
Der Fahrer soll – ähnlich wie in einem Peugeot – über das Lenkrad hinweg auf das weit vorne positionierte Display mit den Fahrinformationen schauen. Bis da die perfekte Position von Sitz und Lenkrad gefunden ist, kann es etwas dauern.

Das Fahrwerk ist trotz der Affinität der Marke zum Motorsport komfortabel abgestimmt, die Lenkung ausreichend sensibel, um notfalls auch mit einer Hand den Kurs halten zu können. E gibt drei Fahrprogramme zwischen „Eco“ und „Power“, dazu die Möglichkeit, über Wippen am Lenkrad (die der Toyota bz4x nicht hat) die Stärke der Rekuperation individuell anzupassen. In der höchste Stufe kann das Auto allein mit dem rechten Fuß bewegt werden. Wer hatte behauptet, dass mit dem Elektroantrieb das Autofahren einfacher wird?

Styling-Kit für Rallye-Feeling

Trotzdem schließt man mit dem Solterra schnell Freundschaft. Das Platzangebot ist auch in der zweiten Reihe gut, die Verarbeitung und die Qualität der Materialien im Innenraum unseres Testwagens ebenfalls. Na ja, bei einem Fahrzeug in der 60.990 Euro teuren Topausstattung „Platinium Plus“ (unter anderem mit Panoramadach, Harman Kardon-Soundanlage und Sonderlackierung) sollte man das allerdings auch erwarten dürfen.

Die Umgewöhnung von einem Subaru Legacy auf den Solterra sollte eigentlich also auch Stammkunden der Marke leicht fallen. Deutschland-Geschäftsführer Volker Dannath weiß aber auch, dass solche Transformationsprozesse keine Selbstläufer sind. Zusammen mit seinem Team hat er sich deshalb noch ein paar zusätzliche Goodies einfallen lassen. So ist der Solterra nicht nur um einen Tausender günstiger als das in etwa ausstattungsgleiche Toyota-Modell. Es gibt auch eine Acht-Jahres-Garantie für das gesamte Fahrzeug und eine europaweite und bislang einzigartige Mobilitäts-Garantie: Wer mit leerem Akku liegen bleiben sollte, wird auf Kosten des Herstellers zur nächsten Ladestation geschleppt. Den Service gibt es allerdings nur einmal im Jahr.

Bürgerlich und im Rallye-Outfit 
An die ruhmreiche Rallye-Geschichte von Subaru soll das Styling-Kit für den Solterra erinnern, das demnächst angeboten wird.
Bürgerlich und im Rallye-Outfit
An die ruhmreiche Rallye-Geschichte von Subaru soll das Styling-Kit für den Solterra erinnern, das demnächst angeboten wird.

Und auch für die Rallye-Fans unter den Freunden der Marke soll es noch ein Extra geben: Ein STe genanntes Styling-Kit mit in Wagenfarbe lackierten Kotflügel-Verbreiterungen, mit goldfarbenen Kreuzspeicher-Felgen und einer Außenlackierung im Subaru-typischen „World Rallye Blue“. Damit sieht der Solterra dann (fast) so aus wie das „Blaue Wunder“ namens Impreza WRX STi (Subaru Tecnica International), mit dem Colin McRae seinerzeit die internationale Rallyeszene dominierte.

Erst mal nur 300 Autos für Deutschland

Was das Styling-Kit kosten wird, steht noch nicht fest. Zunächst gilt es, 300 Exemplare des Solterra hierzulande an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Im Monat? Nein, im ganzen Jahr. Dannath hätte „sehr, sehr gerne“ viel mehr Fahrzeuge gehabt – der Markt gebe das auch nach Ansicht seiner Händler locker her. Aber über das Kontingent für Deutschland ließen sie in Japan nicht mit sich reden. Bei Toyota im Motomachi-Werk von Toyota, wo das Auto gebaut wird. Frühestens 2025 sei mit höheren Stückzahlen zu rechnen, hieß es. Na ja, bis dahin werden sich wohl auch die typischen Subaru-Kunden mit der Elektromobilität arrangiert haben.

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