Kreta wird oft als die sonnigste Insel im Mittelmeer bezeichnet. An durchschnittlich 300 Tagen sind keine oder kaum Wolken am Himmel, strahlt die Sonne stundenlang auf die Erde herab. Was die Touristen schätzen, aber durchaus auch die Bewohner der griechischen Insel. Denn viele von ihnen gewinnen inzwischen Strom mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach ihres Hauses. Auch E-Bikes gibt es inzwischen reichlich. Bei Temperaturen um die 30 Grad im Sommer und den großen Höhenunterschieden – der Berg Ida im Landesinnern ist immerhin 2456 Meter hoch – ist eine elektrische Trittunterstützung hochwillkommen.

Erster Versuch 
Seit über zehn Jahren tüftelt Manolis Tsikandilakis aus Kreta an Möglichkeiten, die Sonnenkraft in der Mobilität zu nutzen. Das von ihm entwickelte solargetriebene Leichtfahrzeug kam aber nicht über die Fertigung von drei Prototypen hinaus. Foto: Enermech
Erster Versuch
Seit über zehn Jahren tüftelt Manolis Tsikandilakis aus Kreta an Möglichkeiten, die Sonnenkraft in der Mobilität zu nutzen. Das von ihm entwickelte solargetriebene Leichtfahrzeug kam aber nicht über die Fertigung von drei Prototypen hinaus. Foto: Enermech

Manolis Tsikandilakis, ein Maschinenbau-Ingenieur aus der Inselhauptstadt Heraklion, macht sich deshalb schon seit Jahren Gedanken, wie man beides miteinander verbinden könnte: Den Sonnenreichtum Kretas und die Mobilitätsbedürfnisse seiner Landsleute sowie der zahlreichen Touristen. 2014 gründete er dazu das Unternehmen Enermech und begann mit der Entwicklung von „hybriden Solarfahrzeugen für Menschen“. Erstes Produkt, das mit Unterstützung der Insel-Universität entstand, war 2019 ein kleines dreirädriges Solar-Tretauto namens L7e-C. Mit einem schwenkbaren PV-Modul auf dem Dach, einer 5 kWh fassenden Batterie und zwei jeweils 5 kW starken E-Maschinen soll der Allradler (das Vorderrad soll allein mit Muskelkraft betrieben werden) an sonnigen Tagen und mit drei Insassen bis zu 190 Kilometer weit fahren können. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h.

25 km/h schnelles Pedelec mit Solardach

In diesem Jahr sollte das solarbetriebene Leichtfahrzeug eigentlich auf den Markt kommen und zu Preisen um die 10.000 Euro vornehmlich an Autovermieter und Tourismusunternehmen verkauft werden. Doch über den Bau von drei Prototypen kam das Projekt bislang nicht hinaus.

Nachfahre von Dädalos 
Ingenieur Manolis Tsikandilakis vor dem von ihm entwickelten Solar-E-Bike "Islander" mit Neigetechnik. Foto: Rother
Nachfahre von Dädalos
Ingenieur Manolis Tsikandilakis vor dem von ihm entwickelten Solar-E-Bike „Islander“ mit Neigetechnik. Foto: Rother

Nun legt Tsikandilakis nach – unter dem Namen Sunnyclist und eine Fahrzeugklasse darunter: Auf der weltgrößten Fahrradmesse Eurobike in Frankfurt präsentierte der enthusiastische Elektromobilist den „Islander“ – ein dreirädriges Solar-Pedelec. Mit zwei gelenkten Rädern vorne und einem Antriebsrad (250 Watt Nabenmotor) hinten, mit Neigetechnik und einem 150 Watt Solarmodul auf dem Dach, das unter den Bedingungen Kretas und anderer sonnenreichen Gegenden in einer Stunde Strom für rund zehn Kilometer Reichweite produziert und in der 720 Wattstunden (15 Ah/48V) großen Batterie speichert.  

Neigetechnik hilft beim Solarladen

„Die Batterie muss also nie extern geladen werden“, erklärt der Entwickler den Vorteil seiner Konstruktion. Das Dach spende dem Fahrer zudem Schatten – oder zusammen mit der großen Frontscheibe Regenschutz an den eher düsteren Tagen. Unter der Windschutzscheibe findet sich zudem ein abschließbares Gepäckfach. Zudem hat sich Tsikandilakis eine aufwändige Neigetechnik einfallen lassen, um zu verhindern, dass das E-Bike umkippt, wenn es ab abschüssigen Straßen in enge Kurven schießt. Die Neigetechnik erlaubt es zudem, das Bike so zu parken, dass das Solarmodul im idealen Winkel zur Sonne steht. Die aufwändige Konstruktion treibt allerdings auch das Gewicht des Gefährts: Mit 45 Kilogramm konkurriert der dreirädrige „Islander“ schon mit Cargobikes.

Und das Gewicht spüren wir auch bei einer Testrunde auf dem Messegelände beim Anfahren. Auch will der „Islander“ erst einmal ausbalanciert werden. Auch wenn Tsikandilakis versichert, dass es mit seinem Gefährt noch keine Unfälle passiert seien, ist uns auf den ersten Metern ein wenig mulmig zumute. Doch danach ist das Dreirad überaus dynamisch zu bewegen. In der Ebene wie auf der Rampe in die erste Etage des Messe-Parkhauses.

Kooperationspartner gesucht

Konzipiert ist der Sunnyclist „Islander“ für Einsätze in Sharing-Diensten und Tourismusanbietern – auf Kreta und gerne auch anderswo. Auch eine zweisitzige Version ist deshalb in der Planung. Den Auftritt auf der Messe nutzte der Erfinder auch, um Kontakte zu anderen Fahrradhersteller zu knüpfen. Um eine gemeinsame Serienproduktion zu starten, einen Vertrieb aufzubauen und über Optimierungsmaßnahmen an der Konstruktion die Stückkosten zu senken: Derzeit müsste man für das Solarbike rund 10.000 Euro hinlegen. Ohne dass viel beim Hersteller hängenbleibt.

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