Plug-in-Hybride – wiederaufladbare Elektroautos mit einem Verbrennungsmotor für die Langstrecke – erfreuen sich derzeit großer Nachfrage in Deutschland. Im Oktober wurden in Deutschland knapp 20.000 dieser Teilzeitstromer neu zugelassen, 18,2 Prozent mehr als im gleichen Monat des Vorjahres. Die Neuzulassungen von reinen Batterieautos ging im gleichen Monat um weitere fünf Prozent zurück. Vergleichsweise hohe Anschaffungskosten gepaart mit einigen Unwägbarkeiten (Ladeinfrastruktur und Stromkosten sowie Restwerte) lassen Autokäufer derzeit zögern, sich voll und ganz auf die Antriebswende einzulassen. Da ist ein Hybridfahrzeug mit Stecker eine risikoärmere Brückenlösung.

Bei Toyota dürften sie sich nun bestätigt sehen. Viel Kritik hat der weltgrößte Automobilhersteller in den zurückliegenden Jahren einstecken müssen, weil er sich erst verhältnismäßig spät zur Entwicklung vollelektrischen Pkw entschloss und bis heute den Ausbau seines Angebots an Batterieautos eher zögerlich betreibt. Mit dem Toyota bz4X sowie dem Lexus UX300e und Lexus RZ450e haben die Japaner erst drei Vollstromer im Lieferprogramm. Dafür aber jede Menge „selbstladende“ Hybridautos (ohne Stecker) und eine Handvoll PHEVs – die genannten Hybridautos mit Stecker. Offensiv beworben werden allerdings davon nur die Modelle C-HR (ab 39.990 Euro) und RAV4. Letzteres erfuhr kürzlich auch eine kräftige Preissenkung um 3000 Euro (auf einen Basispreis von 52.790 Euro) – und eine „Elektroprämie“ in Höhe von 5000 Euro gibt es bis Ende November obendrauf.

Da wiehert keiner 
Der Toyota Prius der fünften Generation glänzt nicht nur mit einem schnittigen Design, sondern auch einem kräftigen Antrieb. Bis zu 223 Pferdestärken liegen an, wenn der Fahrer Elektromotor und Benziner des Plug-in-Hybrid gleichermaßen fordert.
Da wiehert keiner
Der Toyota Prius der fünften Generation glänzt nicht nur mit einem schnittigen Design, sondern auch einem kräftigen Antrieb. Bis zu 223 Pferdestärken liegen an, wenn der Fahrer Elektromotor und Benziner des Plug-in-Hybrid gleichermaßen fordert.

Der Toyota Prius – der langjährige Pionier der Elektrooffensive von Toyota – hingegen führt eher ein Schattendasein. Selbst bei großen Toyota-Händlern muss man gezielt fragen, um ein Angebot für das Modell zu erhalten. Und die Lieferzeiten können je nach Ausstattung schon mal 15 Monate betragen – der Verkauf der teilelektrischen Limousine, so die Botschaft, wird hierzulande nicht mit allzu großem Ehrgeiz betrieben. „Das Modell“, gibt ein Unternehmenssprecher unumwunden zu, „steht bei uns derzeit nicht im Fokus.“ SUVs seien derzeit wesentlich stärker gefragt, der Prius kein Topseller. Wie wahr: Die Statistik des Kraftfahrtbundesamtes für den Monat Oktober weist nur 18 Neuzulassungen des Prius aus. Das ist in etwa das Niveau des Toyota Mirai mit Brennstoffzelle (14) – und macht den Prius in Deutschland zu einem Exoten.

Elektrisch fahren bis zu 86 Kilometer weit

Schade eigentlich – lautet unser Fazit nach zwei Wochen, bei denen ein senfgelber Prius in rund 47.000 Euro teurer Basisausführung zu unserem Alltag zählte. Die auffällige Farbgebung, sondern auch das schnittige Design der 4,60 Meter langen Fließheck-Limousine sorgte in der Zeit für einige Aufmerksamkeit und wohlwollende Kommentare von Passanten. Noch mehr aber schätzten wird den hohen Fahrkomfort – was Fahrwerksabstimmung und Geräuschkulisse anbetrifft. Solange man den Zweiliter-Benziner nicht zu sehr fordert und keinen Wert legt auf eine rasante Beschleunigung auf der Autobahn, hält er sich angenehm im Hintergrund.

Große Klappe 
Der Zugang zum Gepäckabteil fällt dank der großen Heckklappe leicht. Allerding ist das Ladevolumen recht klein geraten.
Große Klappe
Der Zugang zum Gepäckabteil fällt dank der großen Heckklappe leicht. Allerding ist das Ladevolumen recht klein geraten.

Die meiste Zeit waren wir ohnehin im Elektromodus unterwegs. In der fünften Modellgeneration hat der Prius eine 13,6 kWh große Lithium-Ionen-Batterie an Bord, die unter idealen Bedingungen für Strecken bis zu 86 Kilometer gut sein soll. Nun ja, so weit haben wir es im gemischten nicht geschafft. Aber über 70 Kilometer waren bei einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 15,5 kWh/100 km locker drin. Da lohnt es sich, den Wagen jeden Abend an die Strippe zu hängen und den über Nacht wieder vollzuladen. Ob das an einer Wallbox oder einer einfachen Haushaltssteckdose passiert, macht kaum einen Unterschied: Die maximale Ladeleistung beträgt lediglich 3,3 kW.

Erfreulich niedriger Benzinverbrauch

Und natürlich haben wir in den zwei Wochen bei Fahrten über die Autobahn auch ein wenig bio-angereichertes Benzin vom Typ E10 verbrannt. Der Spritverbrauch im Mix und bei stets gefülltem Akku hielt sich mit 2,2 Litern auf 100 Kilometer allerdings in Grenzen. Und auch bei leerem Akku stieg er kaum über fünf Liter. Für ein Auto mit einer Antriebsleistung von immerhin 164 kW oder 223 PS ist das ein respektabler Wert. Ein niedriger cW-Wert von 0,27 schlägt sich hier ebenso positiv nieder wie ein vergleichsweise niedriges Fahrzeuggewicht von 1590 Kilogramm. Zum Vergleich: Ein RAV4 PHEV oder ein Toyota bz4X kratzen da schon an der Zwei-Tonnen-Grenze.

Rechts laden, links tanken 
Der Vierzylinder-Benziner ist dank der Unterstützung durch den Elektroantrieb recht genügsam. Im Test verbrauchte er nur 2,2 Liter E5 auf 100 Kilometer, bei leerem Akku stieg der Durchschnittsverbrauch auf etwas mehr als fünf Liter.
Rechts laden, links tanken
Der Vierzylinder-Benziner ist dank der Unterstützung durch den Elektroantrieb recht genügsam. Im Test verbrauchte er nur 2,2 Liter E5 auf 100 Kilometer, bei leerem Akku stieg der Durchschnittsverbrauch auf etwas mehr als fünf Liter.

Die Bemühungen der Toyota-Ingenieure zu Effizienzsteigerung und Gewichtsreduzierung schlagen sich allerdings an einigen Stellen auch negativ nieder. Die Kopffreiheit im Fond ist für großgewachsene Erwachsene ein echtes Handicap. Und das Streben nach Leichtbau schlägt sich nicht nur in einer mehr als labberigen Kofferraumabdeckung, sondern auch in einem hohen Anteil von Hartplastik im Innenraum nieder.

Mit Head-up-Display „Light“

Daran kann sich allerdings gewöhnen, wer den hehren Zweck versteht. Ebenso wie an das „Head-Up-Display“ in Light-Ausführung, das Toyota in seinen Teil- und auch Vollzeitstromern verbaut: Statt einer digitalen, in die Windschutzscheibe projizierten Darstellung der Fahrdaten liest man diese auf dem Hauptdisplay ab, das in größerem Abstand und in höherer Lage als üblich zum Fahrer positioniert ist. Das Lenkrad ist deshalb idealerweise recht tief eingestellt.

Head-up-Display "Light"
Das Fahrerdisplay ist nahe der Windschutzscheibe und so hoch positioniert, dass der Blick des Fahrers idealerweise über das tiefgestellte Lenkrad geht. Augmented-Reality-Darstellungen kann man sich so sparen.
Head-up-Display „Light“
Das Fahrerdisplay ist nahe der Windschutzscheibe und so hoch positioniert, dass der Blick des Fahrers idealerweise über das tiefgestellte Lenkrad geht. Augmented-Reality-Darstellungen kann man sich so sparen.

Nerviger sind da die Warnsignale, die der Prius schon bei geringfügiger Abweichung von der amtlich verordneten Höchstgeschwindigkeit von sich gibt. Oder wenn der Fahrer gerade den Blick nach rechts wendet, um die Temperatur der Klimaanlage zu regulieren – die Sensorik auf der Lenksäule kriegt alles mit. Und die Möglichkeiten zum Abstellung der Assistenzsysteme verbergen sich tief im Untermenü des Bordcomputers. Aber da ist der Toyota Prius in guter Gesellschaft – mit ähnlichen Problemen plagen sich – einen bösen Gruß nach Brüssel – inzwischen alle Neuwagen-Besitzer, die in der EU neu zugelassen werden.

Weit über 800 Kilometer Reichweite

Wünschen würde man sich ansonsten einen etwas größeren Kofferraum. Mit einem Volumen von 284 Litern (bis zur faltbaren Abdeckung) hat der nur Kleinwagen-Niveau. Selbst ein VW Polo (305 Liter) bietet da mehr. Und wenn man dann noch wie im Testwagen die komplette Ladeausrüstung mit sich führt, wird es beim Wocheneinkauf etwas eng im Gepäckabteil, sofern man nicht die Rücksitzlehnen umklappt. Da schwindet die Freude über die große Heckklappe des Prius und den leichten Zugang zu dessen Ladeabteil schnell. Und auch die Tatsache, dass Toyota für den Prius der fünften Generation keine Möglichkeit zur Montage einer Anhängerkupplung vorgesehen hat, könnte den einen oder anderen Interessenten abschrecken.

Das kann dauern 
Etwa vier Stunden dauert es, um den 13,6 kWh großen Akku des Toyota Prius vollständig an einer mit Wechselstrom betriebenen Ladesäule zu befüllen. Denn die maximale Ladeleistung beträgt nur 3,3 Kilowatt. Schnellladen mit Gleichstrom ist nicht vorgesehen.
Das kann dauern
Etwa vier Stunden dauert es, um den 13,6 kWh großen Akku des Toyota Prius vollständig an einer mit Wechselstrom betriebenen Ladesäule zu befüllen. Denn die maximale Ladeleistung beträgt nur 3,3 Kilowatt. Schnellladen mit Gleichstrom ist nicht vorgesehen.

Allerdings kauft man einen Prius auch nicht in erster Linie als Lastesel, sondern als ein Fahrzeug, das relativ emissionsarm und stressfrei lange Strecken zurücklegen kann. Der Tank fasst 40 Liter, der Akku wie gesagt 13,6 kWh – in Summe sind also Fahrten von über 850 Kilometer ohne Tank- und Ladepause drin. Das ist ein starkes Argument für den Prius. Ebenso wie der steuerliche Vorteil bei der Nutzung des Fahrzeugs als Geschäftswagen. Eigentlich ist es nur schwer zu verstehen, warum der Prius über den Exoten-Status nicht hinaus kommt. Er hätte mehr verdient. Mehr Liebe vom Publikum – und von der Toyota-Werbung.

Artikel teilen

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert