Nun ist es amtlich – wenngleich noch nicht im Bundesanzeiger veröffentlicht: Die Richtlinie zur „Förderung des Absatzes von elektrisch betriebenen Fahrzeugen“ tritt in Deutschland am 1. Januar 2023 in eine neue Phase. Bei den „von außen aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen“, wie es in dem Papier heißt, das EDISON vorliegt, wird, wie von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Grüne) schon im Frühjahr angekündigt, der Stecker gezogen oder zumindest der Geldfluss umgeleitet. Und für Batterieautos und Personenwagen mit einem Brennstoffzellen-Antrieb gibt es im kommenden Jahr Umweltbonus und Innovationsprämie nur noch in deutlich reduzierter Form: Statt maximal 9000 Euros werden im kommenden Jahr maximal 6750 Euro pro Fahrzeug ausgeschüttet.

Vorausgesetzt, der Nettolistenpreis (ohne Mehrwertsteuer) beträgt weniger als 40.000 Euro. Für Stromer mit einem Anschaffungspreis von bis zu 65.000 Euro gibt es noch höchstens 4500 Euro. Und für ab 1. September 2023 dann auch nur noch für Privatpersonen – Unternehmen und Fuhrparkbetreiber, aber auch gemeinnützige Organisationen müssen die Antriebswende fortan komplett aus der eigenen Tasche bestreiten.

VDA: „Folgenreicher Fehler“

Entsprechend gereizt fallen die Reaktionen aus der Autoindustrie auf die Novelle aus. „Die hohen Strom- und Energiepreise sowie die Herausforderungen an den Rohstoffmärkten fallen mit den beschlossenen Kürzungen beim Umweltbonus zusammen. Es war und ist also ein potenziell folgenreicher Fehler, den Umweltbonus in diesen Zeiten abzubauen und schon in absehbarer Zeit abzuschaffen“, heißt es beim Verband der Automobilindustrie (VDA) in Berlin. Der Zeitpunkt der Kürzung sei „falsch gewählt und gefährdet den weiteren erfolgreichen Hochlauf der Elektromobilität.“

Das sieht auch der Verband der internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) – der Interessenvertretung der Importeure – so. Hier kritisiert man zudem die Weigerung des Ministeriums, eine Möglichkeit zur Reservierung der Prämie vorzusehen: Beantragt werden kann der Umweltbonus weiterhin erst dann, wenn das Fahrzeug zugelassen ist. Aufgrund der zum Teil sehr langen Lieferzeiten bei Elektroautos könnten Käufer deshalb aus der Förderung fallen oder deutlich weniger Geld erhalten als beim Abschluss des Kaufvertrags kalkuliert.

Käufer könnten leer ausgehen

Denn 2024 wird die Förderung von Elektroautos noch weiter zurückgefahren. Den Umweltbonus gibt es dann nur noch für Elektroautos bis zu einem Nettolistenpreis von bis zu 45.000 Euro – da könnte es, wenn man in die aktuelle Liste der förderfähigen Elektrofahrzeuge schaut, auch für einige deutsche Autohersteller schon eng werden. Aber ab 2025 wird sie ihre Stromer ohnehin allein aus eigener Kraft vertreiben müssen. Denn dann werden Elektroautos in Deutschland nur noch indirekt gefördert – vielleicht durch eine Klimaabgabe auf Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor.

Vielleicht wird die Förderung aber auch schon früher beendet. Denn für die Elektromobilität hat Robert Habeck im „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) für das kommende Jahr lediglich lediglich 5,6 Milliarden Euro vorgesehen. Ist der Topf ausgeschöpft, gehen Käufer von Elektroautos leer aus.

VDIK: „Förderung nach dem Windhundprinzip“

Durch die Deckelung der Förderung und des unklaren Vergabezeitpunktes„, kritisiert der VDA, „weiß kein Interessent mehr, ob er letztlich wirklich die Förderung bekommen wird. Die Anschaffung eines E-Autos droht zum Glücksspiel für die Verbraucher zu werden. Statt die Menschen zum Umstieg auf die E-Mobilität zu motivieren, verunsichern die neuen Förderregelungen und schrecken gar vom Kauf ab. Bei einer so hohen Investition brauchen die Menschen maximale Planungssicherheit und keine Willkür. So wird der Weg in die klimaneutrale Mobilität bei uns politisch ausgebremst, während andere Märkte zeitgleich attraktivere Rahmenbedingungen schaffen.“

Ähnlich sieht es VDIK-Präsident Reinhard Zirpel: „Es entsteht eine Förderung nach dem Windhundprinzip, die das Gegenteil von Planungssicherheit bedeutet. Wir befürchten, dass viele Käufer auf diese Unsicherheit reagieren und auf den Kauf eines Null-Emissions-Fahrzeugs verzichten werden.“

15-Millionen-Ziel kaum mehr zu erreichen

Die Sorge ist nicht unbegründet. Zwar hält das Bundeswirtschaftsministerium immer noch am Ziel fest, bis zum Jahr 2030 bis zu 15 Millionen Elektroautos auf die Straße zu bringen. Doch tatsächlich dürften es deutlich weniger werden, wie auch eine neue Studie des Center auf Automotive Management (CAR) von Stefan Bratzel zeigt: Nur unter „sehr positiven Annahmen im Bereich Fahrzeugkosten, Ladeinfrastruktur und Regulationskulissen„, heißt es dort, sei das ehrgeizige Ziel zu erreichen. Realistischer erscheine eher eine Größenordnung von elf Millionen Elektroautos.

Und bei der Unternehmensberatung Deloitte sind die Auto-Experten noch pessimistischer. Sie rechnen bis Ende 2024 mit einem Rückgang der Neuzulassungen um 700.000 E-Mobilen – unter anderem wegen der Reduzierung des Umweltbonus und der Kappung der Förderprogramms. Die Kürzungen des Umweltbonus und die komplette Abschaffung in 2025 sieht man auch hier mit Blick auf den eigentlich gewünschten Hochlauf der Elektromobilität kritisch: „Das kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt“, sagt Harald Proff, der Sektorleiter Automotive gegenüber EDISON. „Es ist schwer nachvollziehbar, warum große, tendenziell teurere Elektroautos jahrelang subventioniert wurden und die Förderung jetzt, wo die kleinen Stromer kommen, ausläuft.“

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