Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat sich in die laufende Debatte um den ausbleibenden Hochlauf der Elektromobilität eingebracht. In einem Positionspapier identifiziert der VDA hohe Ladepreise an öffentlichen Ladepunkten als einen der zentralen Stolpersteine der Elektromobilität. „Für die Mobilitätswende ist es entscheidend, dass das Laden von Elektrofahrzeugen einfach und transparent ist und vor allem einen Preisvorteil bietet“, betonte VDA-Präsidentin Hildegard Müller.

Aktuell koste das Laden des Elektroautos an öffentlichen Punkten zwei- bis dreimal mehr als beim privaten Laden daheim, argumentiert der Verband. Hinzu käme, dass die Preisspanne beim öffentlichen Laden enorm groß sei und Endkundinnen und Endkunden oft mehrere Ladeverträge benötigen, um möglichst günstig zu laden. „Wir brauchen dringend Lösungen, die den Umstieg auf die Elektromobilität erleichtern“, forderte Müller.
Im vergangenen Jahr ging die Zahl der Neuzulassungen bei Elektroautos im Vergleich zu 2023 um 27 Prozent zurück. Die Zulassungsziele für das Jahr 2030 von 15 Millionen E-Autos rücken daher in weite Ferne. Gleichzeitig befindet sich der Lademarkt weiterhin im Wachstum.

Interessen-Geflecht
Auf dem Lademarkt für Elektroautos begegnen sich eine ganze Reihe unterschiedliche Akteure in unterschiedlichen Rollen und mit unterschiedlichen Interessen. Das macht die Bestimmung eines fairen Strompreises schwierig. Grafik: VDA
Interessen-Geflecht
Auf dem Lademarkt für Elektroautos begegnen sich eine ganze Reihe unterschiedliche Akteure in unterschiedlichen Rollen und mit unterschiedlichen Interessen. Das macht die Bestimmung eines fairen Strompreises schwierig. Grafik: VDA

Im Zentrum der VDA-Kritik stehen die hohen Kosten beim Laden an öffentlichen Ladepunkten. So seien günstige Strompreise die „beste Förderung für Elektroautos“, heißt es in dem Papier. Insbesondere die Netzentgelte hat der Automobilverband dabei im Blick. Diese können bei DC-Schnellladern mehr als 20 Cent/kWh des Gesamtpreises ausmachen, rechnet der VDA mit Verweis auf eine Studie des Thinktanks Agora Energiewende aus dem Jahr 2021 vor. Um die Netzentgelte zu senken, hält der VDA eine staatliche Kofinanzierung als zeitliche Übergangsmaßnahme für sinnvoll. Darüber hinaus sei eine „bessere Regulierung der Ladepunktbetreiber“ und Anreize für eine bessere Netzauslastung notwendig.

VDA sieht Monopole bei der Ladeinfrastruktur

Während die Forderung nach Netzentgeltsenkungen und allgemein sinkende Strompreise auf ein positives Echo aus der Energiewirtschaft treffen sollte, dürften die wettbewerblichen Vorschläge des VDA auf Kritik stoßen. Konkret attestiert der Autoverband dem Ladesäulenmarkt fehlenden Wettbewerb in lokalen Märkten. Vorwürfe also, die im Februar 2025 auch der Ökostromanbieter Lichtblick äußerte und dafür auf viel Kritik aus der Branche stieß.

Der VDA beruft sich in seiner Analyse auf das Bundeskartellamt und dessen Abschlussbericht zur E-Ladeinfrastruktur aus Oktober 2024. In dem Abschlussbericht kritisiert das Kartellamt die Flächenvergabe, die oft exklusiv oder bevorzugt an kommunale Unternehmen gehe. Dadurch gebe es für E-Mobilisten kaum Auswahl, schlussfolgern Kartellamt und VDA. Kritik, die Regionalversorger wie Enercity und der Wiesbadener Versorger ESWE nicht stehen lassen wollten. So verfüge der Hannoveraner Versorger über 57 Prozent der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur der Landeshauptstadt. Von einem Monopol könne da nicht gesprochen werden, erklärte das Unternehmen.

VDA wirbt für Durchleitungsmodell

Doch nicht nur die Monopolvorwürfe dürften für Stirnrunzeln in der Energiewirtschaft sorgen. Auch ein weiterer wettbewerbsfördernder Maßnahmenvorschlag des VDA ist in der Branche mehr als umstritten. So spricht sich der Verband für die Anwendung des Durchleitungsmodells für Pkw aus. Konkrete Umsetzungsvorschläge macht der VDA nicht. Stattdessen sollen die „Erfahrungen aus der Ausschreibung und Vergabe des Schnellladenetzes für Nutzfahrzeuge“ umgesetzt werden.

Auch in diesem Fall sind die Fronten in der Energiewirtschaft verhärtet. Größter und prominentester Befürworter des Durchleitungsmodells ist Lichtblick. So warb der neue CEO des Ökostromanbieters Marc Wallraff erst in dieser Woche im Interview mit energate erneut für das Durchleitungsmodell. E-Mobilisten sei es doch gar nicht zu vermitteln, „dass man seinen Ladetarif nicht mit an die Ladesäule nehmen darf“, argumentierte Wallraff.

In Kooperation mit dem Branchendienst energate.

Zu den Kritikern des Durchleitungsmodells gehören wenig überraschend die Ladesäulenbetreiber. Diese verweisen auf erhebliche Investitions- und Betriebskosten beim Aufbau der Ladeinfrastruktur. Deshalb seien verlässliche Refinanzierungsmodelle unerlässlich. Der Energiekonzern EnBW erwartet aufgrund zusätzlicher Betriebskosten und IT-Aufwände im Endeffekt sogar höhere Kosten für Endkunden. Durchsetzen konnte sich das Durchleitungsmodell bislang im Pkw-Bereich nicht. Lichtblick bleibt mit zwei Projekten in Berlin und Hamburg deutschlandweit der einzige Anbieter.

BDEW und VDA in vielen Punkten einig

Auch der Branchenverband BDEW gilt branchenintern als Kritiker des Durchleitungsmodells. Der BDEW hat im Januar 2025 ein eigenes Positionspapier zum Hochlauf der Elektromobilität präsentiert. Abgesehen vom Durchleitungsmodell sind sich VDA und BDEW jedoch in vielen Punkten einig. Die einflussreichen Ver bände sprechen sich beide für nachhaltige Steueranreize und eine Entbürokratisierung des Ladesäulenausbaus aus. Und auch beim Thema CO2-Flottengrenzwerte liegen die Positionen nicht weit auseinander. Der BDEW plädiert für eine Beibehaltung der Flottengrenzen, der VDA fordert eine ambitionierte Umsetzung der RED III in nationales Recht. Damit sollen Erlösen aus den THG-Quoten erhöht werden.

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