(UPDATE 6.3.) Warum nicht gleich so? Das fragt sich wahrscheinlich jeder, wenn er im Sommer zum ersten Mal vor dem „neuen“ ID.3 steht – gut drei Jahre nach der Weltpremiere der „ersten Generation“ auf der IAA 2019. Das schwarze Bügelbrett unter der Windschutzscheibe ist verschwunden. Wie wir erfahren, hatte das „Designelelement“ ohnehin keine Funktion. Es verbesserte weder den cW-Wert noch konnte es verhindern, dass bei flotter Fahrt Insekten auf die Frontscheibe klatschten.
Auch die Frontschürze wurde komplett neu gestaltet. Sie wurde sportlicher, dynamischer – VW-typischer. Mit stilisierten Bienenwaben wollte der ehemalige Chefdesigner Klaus Bischoff (der inzwischen Zyciora heißt und den Konzern verlassen musste) dem ersten reinrassigen Elektroauto von VW eine naturnahe, freundliche Optik verpassen. Klar: Wir alle lieben die Biene Maja. Also konnte, wer dafür einen Aufpreis zu zahlen bereit war, auf die breite Hecksäule gleich auch noch ein paar Aufkleber in „Honeycomb“-Optik pappen.
ID.3 war bislang kein Verkaufshit
„Wenn man die Menschen mitnehmen will in die neue Welt der Elektromobilität“, lautete damals das Credo des obersten Formgestalters der ID.Familie, „muss man sie ein bisschen auch in den Sehgewohnheiten führen“. Soll heißen: Mit den Konventionen brechen. Und nach ein paar Gläsern Honig-Met, so könnte man vermuten, haben die VW-Vorstände irgendwann die neue Designlinie akzeptiert und den kindlichen ID.3 1.0 durchgewunken.
Mit dem Ergebnis, dass in Deutschland seit der Markteinführung vom ID.3 gerade einmal 138.000 Einheiten des Modells verkauft wurden, die Hälfte davon im vergangenen Jahr. Über die Verkaufszahlen spricht man in Wolfsburg aber nicht so gerne. Man lässt den ID.3 lieber in der Modellfamilie aufgehen und erwähnt, dass weltweit mehr als 600.000 ID-Modelle auf Basis des Modularen E-Antriebsbaukastens ausgeliefert wurden.
Dass nicht mehr ID.3 auf die Straße kamen, lag sicherlich auch und zum großen Teil an Lieferproblemen bei einigen Schlüsselkomponenten. Aber die gewöhnungsbedürftige Optik und einigen Schwächen bei Materialanmutung und Ergonomie spielten sicher auch eine Rolle. Manche VW-Händler mit der Schwestermarke Cupra im Portfolio, empfahlen Kaufinteressenten deshalb, sich erst einmal den Cupra Born näher anzusehen.
Facelift wurde um ein Jahr vorgezogen
Das dürfte auch mit ein Grund sein, warum Volkswagen das Facelift des ID.3 um ein Jahr vorgezogen hat: Geplant war die Version 2.0 eigentlich erst für 2024. Einhergehen sollte das „Update und Upgrade“ dann auch mit der Einführung eines neuen Bedienkonzepts. Das aber ist erst im kommenden Jahr serienreif – der Slider im Zentraldisplay zur Regulierung von Temperatur und Radio-Lautstärke bleibt deshalb weiterhin unbeleuchtet. Und auch der an den BMW i3 erinnernde Wahlhebel hinter dem Lenkrad bleibt bis dahin erhalten. Dafür strahlen die „Schluss-Blink-Brems-Rückfahrleuchten“ bei Nachtfahrten nun über die gesamte Breite – die roten Elemente in der Heckklappe waren bislang lediglich Reflektoren. Und es gibt eine neue Grafik für die Matrix-LED-Scheinwerfer.
Der Fortschritt beschränkt sich bei ID.3 also erst einmal auf die Schärfung des Exterieur-Designs und die Aufwertung des Interieurs mit neuen Materialien und Oberflächen, aber auch neu modellierten Türverkleidungen. „Der neue ID.3 bestätigt unseren Anspruch an Wertigkeit, Design und Nachhaltigkeit“, sagt Vertriebschefin Imelda Labbé. „Das Design wird erwachsener, die Materialien im Innenraum sind hochwertiger.“ Und nachhaltig natürlich: Niemand soll sagen könne, für das Auto sei ein Tier gestorben. Selbst der Lenkradkranz ist deshalb nun nicht mehr mit Rindsleder, sondern mit einer Leder-Nachbildung aus Recycling-Materialien bezogen.
„Innenraum mit Wohlfühlcharakter“
Für einen „Inneraum mit Wohlfühlcharakter“ und neuen haptischen Erlebnissen aber sorgen vor allem die unterschäumten Oberflächen des Armaturenträgers und der Armauflagen. An der Stelle hatte VW bei der Markteinführung noch kräftig gespart, um andere Dinge realisieren zu können, ohne das Elektroauto zu teuer werden zu lassen. In enger Zusammenarbeit mit den Zulieferern wurden nun spür- wie sichtbar bessere Lösungen gefunden, ohne Lieferverträge komplett neu aufsetzen zu müssen und den Kostenrahmen zu sprengen.
Hartplastik finde sich nun nur noch unterhalb des Kniebereichs. Und die Zierelemente in „Safrano Orange“ und „Electric White“, die flippig wirken sollten, aber eher noch die Sparanstrengungen vor Augen führten, flogen ganz raus. Man hätte noch mehr machen können, gibt ein VW-Manager hinter vorgehaltener Hand zu verstehen. Aber weil der Bestelleingang bislang hinter den Erwartungen zurückblieb, müssen erst einmal die bereits gelieferten Teile verbaut werden.
Der Antrieb bleibt unverändert…
Technisch hat sich ain der zweiten Generation hingegen wenig getan. Der ID.3 ist erst einmal weiterhin nur mit zwei verschiedenen Batteriegrößen (58 und 77 kWh netto) sowie einem 150 kW (204 PS) starken Heckantrieb zu erhalten. Durch optimierte Kühlluft-Öffnungen in der Front und einen verbesserten Luftstrom um die Vorderräder sank der cW-Wert zwar von 0,267 auf 0,263. Doch an der offiziellen Reichweite des Stromers änderte sich dadurch nichts: Mit dem 58 kWh-Akku soll der ID.3 426 Kilometer ohne Ladestopp schaffen, mit dem großen Akku bis zu 546 Kilometer.
Immerhin sollen die Ladestopps dank einer optimierten Software (Version 3.5) und einer Erhöhung der Ladeleistung auf 120 (58 kWh-Akku) und 170 kW (77 kWh-Akku) nun deutlich kürzer ausfallen als bei der Erstauslieferung des Modells vor drei Jahren. Außerdem ist nach dem ID.Buzz nun auch der ID.3 „Plug & Charge“-fähig: Sind die Vertrags- oder Bankdaten im Fahrzeug hinterlegt, fließt der Strom an öffentlichen Ladesäulen automatisch, sobald der Ladestecker eingerastet ist. Und auch für das bi-direktionale Laden (wie das Einspeisen des im Fahrzeugakku gespeicherten Stroms ins Hausnetz) ist der Stromer bereits vorbereitet.
…die Verkaufspreise aber nicht
Das alles und die Anreicherung der Serienausstattung um einige Features wie den nun einheitlich 12 Zoll großen Touchscreen, einen Abstands-Tempomaten, einer silbernen Dachleiste, USB-Schnittstellen, einen intelligenten Routenplaner und anderes mehr im Gesamtwert von rund 3000 Euro hat natürlich auch Auswirkungen auf den Einstiegspreis. Wer es eilig hat, muss die vorkonfigurierten Modelle vom Typ ID.3 Pro „Life“ mit 58 kWh-Akku odern. Dann werden wenigstens 43.995 Euro fällig. Das Basismodell „Pro“ mit identischer Akkukapazität und Antriebsleistung kostet, wie VW jetzt bekanntgab, 39.995 Euro. Zur Erinnerung: Vor drei Jahren bei der Markteinführung ging es bei 35.575 Euro los. Der Vorverkauf für die freikonfigurierbaren ID.3 Pro startet voraussichtlich Ende März.
Die Preise für die übrigen Versionen – die zu einem späteren Zeitpunkt ausgeliefert werden – hingegen sollen erst noch definiert werden: Bei VW hat man mit einiger Verwunderung zur Kenntnis genommen, dass das Tesla Model 3 in Norwegen inzwischen günstiger angeboten wird als der ID.3. Zumindest dort wird Volkswagen nicht um ein günstigeres Einstiegsmodell herumkommen.
Den Cupra Born gibt es übrigens schon für 38.770 Euro.