Die Hoffnungen an den VW ID Buzz sind in den USA und Europa derzeit gleichermaßen groß. Ein elektrischer Kleinbus, der Privatkunden und Gewerbetreibende gleichermaßen locken sollte – das gab es in den frühen 1970er Jahren schon einmal. Seinerzeit experimentierte Volkswagen nicht zuletzt infolge der Ölkrise an seinem weltweit erfolgreichen T2-Bulli in Sachen Antriebstechnik herum. Statt des kernig rasselnden Vierzylinder-Boxers im Heck sollte es ein Elektromotor richten. Intern trug der Elektrotransporter genannte Kastenwagen die Bezeichnung VW T2b Typ 2150. Volkswagen wollte damit einen Denkanstoß in Richtung Unabhängigkeit von fossilen Treibstoffen geben. Zudem sollte durch den emissionsfreien Elektro-Verkehr die Luftqualität in den Ballungsräumen verbessert werden – schon vor über 50 Jahren. 

Optisch war der Elektrotransporter – erhältlich als Kastenwagen und mit offener Ladefläche – vom Standard-Bulli kaum zu unterscheiden. Allein der fehlende Auspuff, der Ladestecker im Heck und die Luftauslässe an den Flanken legten ein seinerzeit kaum zu erkennendes Zeugnis von dem höchst ungewöhnlichen Antrieb ab. Im Heck arbeitete statt des klassischen Boxer-Benziners aus dem VW Käfer ein surrender Elektromotor aus dem Hause Siemens, der maximal 33 kW oder 44 PS leistete.

Der Zeit voraus
Der T2 Elektrotransporter von 1972 war das erste von Volkswagen entwickelte vollelektrische Serienfahrzeug. Im Heck des T2-Transporters arbeitete statt eines benzingetriebenen Boxers ein großer, aber nur 33 kW starker Elektromotor von Siemens.
Der Zeit voraus
Der T2 Elektrotransporter von 1972 war das erste von Volkswagen entwickelte vollelektrische Serienfahrzeug. Im Heck des T2-Transporters arbeitete statt eines benzingetriebenen Boxers ein großer, aber nur 33 kW starker Elektromotor von Siemens.

Die E-Maschine wurde von einem 21,2 kWh großen Varta-Bleiakku mit Energie versorgt, der mit einem Gewicht von rund 850 Kilogramm unter dem höher gelegten Ladeboden des Innenraums untergebracht war. Ein üppig dimensionierter Kasten mit der Bordelektrik war hinten links im Laderaum über dem Hinterradantrieb verbaut. Das Fahrwerk selbst musste durch den geänderten Antrieb umfangreich angepasst und mit einem Hilfsrahmen verstärkt werden, denn das Leergewicht des frühen Elektrolasters lag bei knapp 2,2 Tonnen. Das zulässige Gesamtgewicht von 3075 Kilogramm und eine Zuladung von 800 Kilogramm ermöglichte jedoch einen ernsthaften Gewerbeeinsatz.

Bremsenergie wurde bereits zurückgewonnen

Gebremst wurde der E-Transporter nicht allein mit Scheibenbremsen vorne. Hinten gab es eine zusätzliche elektrische Bremse, die dafür sorgte, dass ein Teil der Bewegungsenergie in die Batterie zurückfloss. Heute ist die sogenannte Rekuperation bei Elektroautos Standard. Um mit dem Bulli rückwärts fahren zu können, wurde einfach die Drehrichtung des E-Motors geändert.

Bleischwer 
21,2 Kilowattstunden Strom konnte die 800 Kilogramm schwere Bleibatterie von Varta speichern, die im Boden des Laderaums in einer Holzkiste saß. Sie konnte innerhalb von fünf Minuten leicht mit einem Gabelstapler ausgetauscht werden. Fotos: Volkswagen
Bleischwer
21,2 Kilowattstunden Strom konnte die 850 Kilogramm schwere Bleibatterie von Varta speichern, die im Boden des Laderaums in einer Holzkiste saß. Sie konnte innerhalb von fünf Minuten leicht mit einem Gabelstapler ausgetauscht werden. Fotos: Volkswagen

Mit einem Spitzentempo von 75 km/h lag der ohnehin allein für die Innenstadt konzipierte Elektrotransporter kaum nennenswert unter dem realen Tempo der etablierten Verbrennerversion. Allein bei der Reichweite gab es nennenswerte Unterschiede, denn die großdimensionsierte Bleibatterie sorgte für Reichweiten von maximal 85 Kilometern, ehe der E-Bulli wieder an einen Stromanschluss musste.

Battery-Swap per Gabelstapler

Sollte es schneller weitergehen, konnte wie heute bei den Nio-Elektrofahrzeugen das gesamte Akkupaket mit einem Gabelstapler ausgewechselt werden. Jedoch war der Batterietausch mit etwas größerem Aufwand verbunden als in den sogenannten Swap-Stationen des chinesischen Elektroauto-Herstellers NIO. Dennoch dauerte es aber auch hier kaum mehr als fünf Minuten.

Elektrischer Denkanstoß 
Mit der Entwicklung des Elektro-Bulli reagierte Volkswagen 1970 auf die Ölkrise. Das Unternehmen wollte mit dem Elektroantrieb zudem die Luftqualität in den Ballungsräumen verbessern - eine Abgasreinigung für Benziner war damals noch kein Thema.
Elektrischer Denkanstoß
Mit der Entwicklung des Elektro-Bulli reagierte Volkswagen 1970 auf die Ölkrise. Das Unternehmen wollte mit dem Elektroantrieb zudem die Luftqualität in den Ballungsräumen verbessern – eine Abgasreinigung für Benziner war damals noch kein Thema.

Die genaue Stückzahl der zwischen 1972 und 1979 von Hand gefertigten Elektro-Bullis scheint bis heute ungeklärt. Die Angaben variieren zwischen über 100 und knapp unter 200 Fahrzeugen vom Typ T2b Elektrotransporter. Für seine überschaubaren Volumina sorgten nicht allein lange Ladezeiten, der aufwendige Batterietausch oder das geringere Ladevolumen. Schuld hatte nicht zuletzt der Preis. Denn mit mehr als 50.000 D-Mark kostete das Elektromodell seinerzeit rund das Dreifache eines vergleichbaren Standard-Bullis.

Die Stadt Berlin erwarb als einer der größten Kunden allein sieben der elektrischen Bullis. In der damals noch geteilten Stadt gab es bei den dortigen Verkehrsbetrieben auch eine der wenigen Wechselstation, an der die leere Batterieeinheit gegen einen vollen Akku getauscht werden konnte, indem der Energieriegel zur Seite herausgezogen und wieder eingesetzt wurde. Da ist der Alltag mit dem aktuellen VW ID.Buzz doch um einiges leichter: Sein Lithium-Ionen-Akku ist für bis zu 487 Kilometer gut und kann mit bis zu 200 kW geladen werden.

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