Herr Hochgeschurtz, Sie sind jetzt rund 100 Tage Opel-Chef. Wie lautet Ihr erstes Fazit?

Das waren mit die spannendsten und abwechslungsreichsten 100 Tage meines Lebens. Zumal die Weltpremiere des neuen Astra direkt auf meinen ersten Arbeitstag gefallen ist. Die positive Resonanz auf unser jüngstes Familienmitglied hat mich sehr gefreut. Auch die Ankündigung, dass ab dem Jahr 2023 auch eine rein batterie-elektrische Variante geben wird, ist sehr gut angekommen.

Der Corsa verkauft sich sehr gut, auch in der Elektroversion. Aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Wie wollen Sie den wirtschaftlichen Aufschwung beibehalten?

Der Corsa war im November sogar das meistverkaufte Auto Deutschlands. Und unsere übrigen Modelle schlagen sich auch sehr erfolgreich. Das Resultat: In unserem hart umkämpften Heimatmarkt Deutschland steigern wir jetzt schon seit 14 Monaten in Folge unseren Marktanteil. Im Nutzfahrzeugbereich haben wir per November schon knapp 100.000 Transporter verkauft – ein Plus von 12 Prozent. Insgesamt hat Opel schon in den vergangenen Jahren kontinuierlich beeindruckende wirtschaftliche Ergebnisse präsentiert. Insgesamt stehen wir damit so stark da wie schon sehr lange nicht mehr. Jetzt wollen wir unsere Marke weiter profilieren und emotionalisieren – und natürlich weiter profitabel wachsen.

Uwe Hochgeschurtz
Der Kölner steht seit 1. September an der Spitze der deutschen Stellantis-Tochter Opel. Zuvor war der 58-jährige Betriebswirt Vorstandsvorsitzender von Renault Deutschland. Foto: Opel

Das ist ein ambitioniertes Ziel. Wie wollen Sie das schaffen?

Die Zeichen stehen positiv, dass es weiter bergauf geht. Insbesondere mit Blick auf unsere Elektrifizierungsoffensive: Schon heute bieten wir neun elektrifizierte Modelle an – inklusive unseres kompletten Transporter-Portfolios. Bis 2024 werden wir von jedem Modell eine elektrifizierte Version anbieten. Diese Schnelligkeit bei der Elektrifizierung wird uns einen Vorteil verschaffen – und wir werden neue Kunden gewinnen.

Opel soll bis 2028 eine rein elektrische Marke werden. Allerdings sehen manche Analysten und andere Automobilhersteller diesen Schritt als verfrüht an. Verschließen Sie sich damit nicht Märkte?

Jeder muss für sich entscheiden, welche Richtung er einschlägt. Wir sind überzeugt davon, dass es keine Alternative zum batteriebetriebenen Elektrofahrzeug gibt und dass wir damit einen Großteil des Marktes abdecken. Auf unseren internationalen Märkten außerhalb Europas werden wir bei entsprechender Nachfrage weiterhin Modelle mit Verbrennungsmotor anbieten. Außerdem haben wir gerade den ersten Brennstoffzellen-Transporter an den Kunden Miele übergeben – unseren Opel Vivaro-e Hydrogen.

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Für Sie sind Brennstoffzellen-Fahrzeuge also eine echte Alternative zu batteriegetriebenen?

Absolut. Wobei sich diese Technik zunächst bei den Nutzfahrzeugen durchsetzen wird. Der Vivaro-e Hydrogen ist in drei Minuten aufgetankt und hat dann 350 Kilometer Reichweite – plus 50 Kilometer elektrische Reichweite aus der geladenen Batterie. Wir haben uns übrigens für unsere batterieelektrischen Fahrzeuge vorgenommen, dass wir in Zukunft in einer Minute für 30 Kilometer Strom laden.

Konzeptauto Opel Manta GSe ElektroMod
„Wir werden den Manta Mitte der Dekade zu neuem Leben erwecken, in einer neuen Form und rein elektrisch.“ Foto: Opel

Aktuell sind die elektrischen Opel aber nicht gerade für schnelle Ladezeiten bekannt, die maximale Ladeleistung beträgt nur 100 kW. Wie wollen Sie das ändern?

Schon heute laden Sie einen Corsa-e oder Mokka-e an einer Schnellladesäule in 30 Minuten bis zu 80 Prozent auf. Wir sind mit unseren Ladezeiten insgesamt schon heute sehr wettbewerbsfähig, wenn Sie uns nicht gerade mit hochpreisigen Sportwagen vergleichen. Und mit den nächsten Modellgenerationen, die natürlich auf den neuen Stellantis-Plattformen basieren, werden wir bei den Ladezeiten und den Reichweiten führend sein. Das wird ab 2024 deutlich. Wir werden die Technologien haben, um extrem schnell zu laden und noch größere Reichweiten zu genießen. Da geht es auch um das Gewicht des Fahrzeuges. Außerdem produzieren wir ab 2025 unsere eigenen Hochleistungsbatterien im Werk Kaiserslautern. An diesem Gemeinschaftsprojekt hat sich vor einigen Wochen auch Mercedes beteiligt. Mit dieser Gigafactory sind wir in Zukunft deutlich weniger abhängig von ausländischen Zulieferern.

Und der neue Manta soll dann ab 2025 für Emotionen sorgen?

Wir werden den Manta Mitte der Dekade zu neuem Leben erwecken. In einer neuen, attraktiven Form und rein elektrisch. Damit wird der Manta-e wieder ein Elektroauto von Opel sein, das jeden Kilometer Spaß macht und bezahlbar sein wird. Damit treffen wir genau den Nerv der Menschen, wie man auch am Corsa-e und Mokka-e sieht.

„In Zukunft in einer Minute für 30 Kilometer Strom laden“
Aktuell nimmt der Mokka-e am DC-Schnelllader Strom mit maximal 100 kW auf. Pro Minute für etwa sechs Kilometer Reichweite.

Wie frei sind Sie bei der Modellplanung?

Wir entwickeln und designen unsere Autos hier in Rüsselsheim. Da redet uns keiner rein. Aber mit dieser Freiheit gehen auch Pflichten einher. Wenn man diese Freiheit hat, muss man auch sicherstellen, dass diese Fahrzeuge sich gut verkaufen. Natürlich nutzen wir dabei die Synergieeffekte des Konzerns, die sich bei den Technologien und dem Einkauf ergeben.

Also hätten Sie auch das Recht, eine Konzern-Plattform beziehungsweise eine Technologie abzulehnen?

Natürlich könnten wir das. Ich spreche jede Woche mindestens zweimal mit unserem Konzernchef Carlos Tavares auch über solche Themen. Wir sind in unseren Entscheidungen sehr, sehr frei. Wenn wir eine Plattform nicht nutzen wollen, sondern eine größere oder eine kleinere, dann müssen wir auch die Verantwortung dafür übernehmen und in der Lage sein, ein hervorragendes Packaging zu garantieren und mit diesem Auto Geld zu verdienen.

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