Wie würden die Schlagzeilen des Jahres 2020 aussehen, wenn es keine Coronapandemie gäbe? Erinnert sich noch jemand an die verheerenden Buschbrände in Australien? Die Rekordtemperaturen in Sibirien, verbunden mit Waldbränden? Derzeit brennen die Wälder wieder in Kalifornien in nie dagewesenem Umfang. Der dritte Dürresommer in Folge in vielen Regionen Deutschlands hat aber auch vielen Menschen hierzulande klar gemacht, dass nach dem Ende der Pandemie ein weit größeres Problem ungelöst wartet: die Klimakatastrophe. Ein Problem, das sich vielleicht gar nicht mehr lösen lässt.

Anders als bei der Coronapandemie hat man das Gefühl, sowohl als Individuum als auch als Gesellschaft, der Klimakrise mehr oder weniger hilflos ausgeliefert zu sein. Woran liegt das?

Corona machte vieles möglich

Die Pandemie hat zumindest gezeigt, dass die Menschheit eine globale Gefahr erkennen und diese mehr oder weniger gemeinsam bekämpfen kann. Auch jeder einzelne konnte und kann dazu beitragen, das Infektionsrisiko für sich selbst zu reduzieren und damit auch die Verbreitung der Krankheit insgesamt einzudämmen. Weltweit werden Wissenschaft und Technik dafür eingesetzt, das Virus zu bekämpfen und die Folgen der Pandemie beherrschbar zu machen.

Wochenlang wird über eine praktisch nutzlose Kontaktverfolgungsapp mit einer Verve diskutiert, die in der Klimadebatte nur dann vorhanden ist, wenn Greta Thunberg über den Atlantik segeln will oder der WDR-Kinderchor die Oma als Umweltsau besingt.

Trotz aller Kritik herrscht in der Coronapandemie der Eindruck vor, dass die Gesellschaft der Bedrohung nicht ohnmächtig ausgeliefert ist. Die Politik erscheint handlungsfähig, wirft für unumstößlich gehaltene Prinzipien in kürzester Zeit über Bord. Warum ist das nicht bei einer Gefahr möglich, die mittel- und langfristig viel gravierender als ein Virus ist?

Die Klimakrise ist zu Hause angekommen

Um die Auswirkungen des Klimawandels zu erfahren, muss man inzwischen nicht mehr das Schmelzen der Eisflächen in der Arktis oder das Verschwinden der Gletscher in den Alpen beobachten. Schon in meinem eigenen Garten in Berlin lässt sich erkennen, wie das Klima sich verändert und die Natur darunter leidet. Viel schneller und stärker, als ich das vor wenigen Jahren noch für möglich gehalten hätte. Die Beobachtungen sind deprimierend, auch wenn es Landwirte und Waldbesitzer natürlich viel existenzieller trifft. Die Ursachen für die Klimakrise machen wenig Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Hitzegestresster Birnbaum
Schon im August färben sich die Blätter und fallen ab. Foto: Friedhelm Greis

Da mein Garten seit 2015 über eine Wetterstation verfügt, lässt sich die Entwicklung von Temperaturen und Niederschlägen gut verfolgen. Die vernetzte Bewässerungsanlage kann ich inzwischen per App steuern. Dennoch fiel ein im Herbst 2017 gepflanzter Kirschbaum der Hitzewelle des Sommers 2018 zum Opfer. Hohe Temperaturen von fast 39 Grad Celsius und fehlender Regen führten dazu, dass der Baum nach der Rückkehr aus dem Urlaub vertrocknet war. Dabei hatte die Gartensitterin das Bäumchen auf ausdrückliche Bitte sogar regelmäßig gegossen.

100 Jahre alte Bäume gehen ein

Damit dem Nachfolgebaum nicht das gleiche Schicksal ereilt, habe ich die Anlage um ein Ventil erweitert. Damit ließ sich aus dem nächsten Sommerurlaub das neue Bäumchen zusätzlich bewässern. Denn es war ja nicht auszuschließen, dass der Sommer 2019 wieder sehr warm werden würde. Während die beiden Birnbäume 2019 noch gleich belaubt waren, zeigen sich im direkten Vergleich starke Unterschiede.

Was leider der Fall war. Während der neue Kirschbaum die Hitze dank Raspberry Pi problemlos überstand, schwächelte der Birnbaum bedenklich. Nicht irgendein Birnbaum, sondern zusammen mit vier weiteren Exemplaren das Überbleibsel einer Birnenplantage, die vor 100 Jahren im Norden Berlins angelegt worden war. Mit ihrem Stammumfang von 1,7 Meter und einer Kronenhöhe von 10 Metern hatten sie bislang noch jedem Sturm getrotzt.

Berlin so warm wie Zagreb

Doch 2019 färbten sich die Blätter schon Ende August dunkelrot und fielen wesentlich früher ab als gewohnt. Im Frühjahr dieses Jahres fiel auf, dass zwei der fünf Bäume deutlich weniger Laub entwickelten. Lag das an der Trockenheit zwischen Mitte März und Ende April? Oder waren es die Nachwirkungen des heißen Vorsommers? 2019 war das wärmste Jahr in Berlin und Brandenburg seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die Durchschnittstemperatur von 11,1 Grad Celsius entsprach dem langjährigen Mittel von Zagreb.

Der Grundwasserspiegel in der Gartenanlage ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken. Leicht zu erkennen ist das an der Grube des Wasseranschlusses. Während früher das Wasser meist einen halben Meter über dem Boden stand, ist die 1,2 Meter tiefe Grube den vergangenen Jahren fast immer komplett trocken gewesen. Selbst der Entwässerungsgraben trocknet nun aus.

Illusorische Hoffnung auf Dauerregen

„Es müsste sieben Monate lang doppelt so viel regnen wie üblicherweise in einem Jahr, damit wir allein den Rückstand der letzten zweieinhalb Jahre aufholen. Das ist völlig illusorisch“sagte Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) vor zwei Wochen.

Die beiden Apfelbäume leiden wie viele andere in der Anlage ebenfalls unter der jahrelangen Trockenheit und sind teilweise mit Borkenkäfern befallen. Bald bleibt vom vielen Zurückschneiden der toten Äste nur noch der Stamm übrig. Hat der Klimawandel den alten Bäumen damit in kurzer Zeit den Garaus gemacht? Eine deprimierende Vorstellung, den Stolz des Kleingartens demnächst als totes Baumgerippe fällen zu müssen.

Im zweiten Teil erfahren Sie, wo sich der Klimawandel ebenfalls ganz deutlich zeigt.

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