Strom aus Wind, Sonne und Wasser wird nie so sicher und kontinuierlich fließen wie der, der auf der Basis fossiler Rohstoffe wie etwa Erdgas erzeugt wird. Doch die sind mittlerweile verpönt, weil sie den Klimawandel beschleunigen. Und die Kernkraft ist hierzulande keine Option mehr, seit es vor zehn Jahren im Atomkraftwerk von Fukushima nach einem schweren Erdbeben und aufgrund mangelhafter Kühlung des Reaktorblocks zu einer Kernschmelze kam.

Wenn es doch nur eine saubere und sichere Technik für eine klimaneutrale und kontinuierliche Stromerzeugung gäbe, wünschen sich viele. 1989 schien es so weit zu sein. Die amerikanischen Chemiker Stanley Pons und Martin Fleischmann behaupteten, sie könnten Atomkerne bei Zimmertemperatur miteinander verschmelzen lassen und so nutzbare Energie gewinnen. „Könnte was dran sein“ titelte damals die „Wirtschaftswoche“. Es war aber nichts dran. Bestenfalls hatten die beiden Chemiker Messergebnisse falsch interpretiert.

„Könnte was dran sein“ könnte man auch über ein Projekt sagen, das aktuell das australische Unternehmen HB11 verfolgt. „HB“ steht für Hydrogen und Boron, also Wasserstoff und Bor, genauer Bor11, ein Isotop des Elements. Die beiden Atome könnten sich, so die Idee des mittlerweile emeritierten deutschen Professors Heinrich Hora, der an der University of New South Wales in Sidney lehrte und forschte, bei mäßigen Temperaturen miteinander fusionieren und Heliumkerne freisetzen. Diese sind elektrisch positiv geladen und bestrebt, die fehlenden vier Elektronen zurückzubekommen. Wenn man diese Elektronen elektrische Arbeit verrichten ließe, ehe sie wieder auf die Umlaufbahn um den Heliumkern einschwenken, hätte man einen perfekten Stromerzeuger. Theoretisch zumindest.

Fusion von Wasserstoff und Bor

Doch Bor und Wasserstoff verschmelzen nicht so einfach. Das gelingt erst bei einer Temperatur, die noch höher ist als die, die nötig ist, um die Fusionsbrennstoffe Deuterium und Tritium verschmelzen zu lassen, wie es im europäischen Fusionsprojekt Iter, das in Frankreich errichtet wird, und dem deutschen Wendelstein 7-X in Greifswald versucht wird. Doch die nötige Temperatur von 100 Millionen Grad Celsius ist so einfach nicht zu erreichen, geschweige denn eine noch höhere für die Wasserstoff-Bor-Fusion, die theoretisch nötig ist, um die Abstoßungskräfte zwischen Wasserstoff und Bor zu überwinden. Diese sind deutlich größer als die zwischen den Wasserstoffisotopen Deuterium und Tritium

Das schreckt Hora und HB11 keineswegs, mehr noch: Sie wollen diese Temperatur gar nicht erreichen. Warren McKenzie, wie Hora Direktor des Unternehmens, spottet ein wenig über die Konkurrenz, die versuche, unvorstellbar hohe Temperaturen unter anderem mit Lasern zu erreichen. „Wir sind doch nicht verrückt“, sagt er. Hora und er setzen zwar auch Laser ein, doch mit einem ganz anderen Ziel. Ultrakurze energiereiche Laserblitze beschleunigen Wasserstoffatome so stark, dass sie sich mit den Boratomen vereinigen. „Wir könnten sagen, dass wir Wasserstoff als Pfeil verwenden, um ein Boratom zu treffen“, so McKenzie.

Heinrich Hora und Warren McKenzie
„Wir sind doch nicht verrückt“
Heinrich Hora (l.) und Warren McKenzie wollen mit ultrakurzen energiereichen Laserblitzen Wasserstoffatome beschleunigen und mit Boratomen verschmelzen und so eine Kettenreaktion auslösen. Dabei soll Energie in Form von Helium-4-Atomen freigesetzt werden – in unbegrenzten Mengen. Foto: HB11

Damit Wasserstoff und Borisotope nah beieinanderbleiben und so die Chance steigt, dass sie bei der laserindizierten Beschleunigung aufeinander treffen, erzeugt ein zweiter Laser ein Magnetfeld, das die Bor-Isotope wie ein Käfig einschließt. Einen solchen Magnetkäfig setzen auch die Entwickler von Deuterium-Tritium-Fusionsreaktoren ein, vor allem, um die Wände des Reaktionsgefäßes vor der extremen Hitze zu schützen. Haben sich die ersten Wasserstoff- und Borteilchen vereinigt, entsteht eine Kettenreaktion, glauben die Australier. Kontinuierlich wird dann Energie in Form von positiv geladenen Helium-4-Atomen freigesetzt, und zwar mehr als die eingesetzten Laser verbrauchen.

Prototyp könnte 2030 fertig sein

Ob es so funktioniert wird sich zeigen. McKenzie und Hora, die Patente unter anderem in den USA und China erworben haben, glauben, dass sie innerhalb von zehn Jahren einen Prototypen fertigstellen können. Es wäre ein faszinierender Durchbruch, denn sowohl Wasserstoff als auch Bor sind auf der Erde im Überfluss vorhanden. Der Traum von sauberem Strom, der in praktisch unendlichen Mengen erzeugt werden kann, würde Wirklichkeit.

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Wenn auch die wissenschaftliche Gemeinde skeptisch ist, was die Umsetzung angeht, so ist sie doch fasziniert von der Technik. Bei dieser Art der Fusion entstehen keinerlei radioaktiv strahlende Materialien, und ein solcher Reaktor kann nicht explodieren. Er ließe sich gefahrlos selbst in Innenstädten betreiben, zumal er sehr kompakt ist. Voluminöse Wärmetauscher, Turbogeneratoren und Kühltürme wären überflüssig, weil das Produkt Strom und nicht Wärme ist, die noch umgewandelt werden muss. Zudem wäre er gnadenlos effektiv. „Wir können 90 Prozent der Fusionsenergie in elektrischen Strom umwandeln“, sagt Hora.

Die heute effektivsten Stromerzeuger sind Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke, die mit Erdgas betrieben werden. Sie haben einen Wirkungsgrad von gut 60 Prozent. Und zurückbauen ließe sich der HB11-Fusionsreaktor, wenn er seine maximale Laufzeit erreicht hat, ohne Probleme, weil er nichts Strahlendes und nichts Giftiges produziert.

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7 Kommentare

  1. Rudolf Kraft

    Die wahre Kunst des Denkens liegt in der Fähigkeit – mit dem geistigen Auge – die Grenzen des sichtbaren Horizonts zu überblicken und folgen-richtige Schlüsse aus den gewonnen Erkenntnissen zu ziehen.

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  2. Matthias

    Der Artikel wurde mit Datum 24. März veröffentlicht, ist aber offenbar zum Datum 1. April einzuordnen.

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    • Franz W. Rother

      Kein Scherz, sondern konkrete Planung. Ein ähnliches Projekt wird gerade in Bayern forciert. Demnächst mehr dazu

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  3. Jürgen Baumann

    Klingt spannend – aber die Konkurrenz ist gross. Denn der erfolgreichste Fusionsreaktor ist seit ca. 5 Milliarden Jahren in Betrieb ohne erkennbare Schwächen, benötigt kein potentiell fehleranfälliges Betriebspersonal, hat keine Versicherungspflicht und macht keine Sorgen mit der Unterbringung toxischer oder strahlender Stoffe ausserhalb der Biosphäre für einige Generationen.

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    • Der Diktator

      Wenn ich mir die ganzen Hautkrebspatienten anschaue, dann bin ich nicht sicher ob dein Reaktor so harmlos ist.
      Dazu ist dieser Reaktor nachts nicht aktiv. Wird wohl wegen Überlast abgeschaltet und muss abkühlen. So richtig habe ich das Prinzip noch nicht verstanden.
      Zusätzlich wird dieser Reaktor sabotiert von den Wolkengeneratoren. In Sichtweite habe ich so einen atombetriebenen Wolkengenerator. Wenn der richtig loslegt, sieht man deinen Reaktor nicht.

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      • Jürgen Baumann

        Man hat mir glaubhaft versichert, dass der tolle Reaktor auch nachts läuft. Vielleicht ist er nicht immer zu sehen. Allein schon um Deinen potentiellen Krebspatienten eine Erholungsphase zu gönnen. Gab es da nicht irgendwelche Hilfsmittel, um unerwünschte Hautreaktionen zu vermeiden? Ich glaube es beginnt mit einer Dächlikappe. Wir können gerne einen Exkurs in den Hautschutz machen. Wenn man das verpasst, dann mendelt man sich nämlich ziemlich schnell aus Fortpflanzungskette.
        Trotz der Wolken – die auch sehr erwünschten Regen bringen – ernährt der Reaktor eine ganze Welt. Und das basierend auf einer blödsinnig ineffizienten Reaktion mit ca. 0.5 bis 1%. Heisst Photosynthese. Und da soll es mit 20% PV Zellen von der Stange nicht gelingen? Naja – die Deutschen sind ja schon immer ein Volk der Zweifler gewesen. Vielleicht müsste man mal erklären, wie der Wind entsteht und warum Fliesskraftwerke auch nichts weiter als Solar-getriebene Installationen sind. Ich heize jetzt mal meinen Cheminée an … oops Biomasse! Wo die wohl herkommt?
        Viel Spass beim Nachdenken, lieber Diktator ….

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        • Pesche

          So genial geschrieben! Kompliment!

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