Passt gut auf, wie schnell ihr fahrt und wo ihr mit dem Auto parkt, hatten sie uns beim Start der Testfahrt von Kopenhagen nach Malmö gewarnt. Ein Verstoß gegen Tempolimits wie gegen Parkverbote könne in Schweden sehr schnell sehr teuer werden. Und dann das: Kaum habe ich drüben in der Strandgatan nahe am Wasser geparkt, um den neuen VW ID.Buzz vor dem Panorama der berühmten Öresundbrücke zu fotografieren, da steht auch schon ein Streifenwagen der Polizei neben mir. Oh je, ertappt.

Der Beamte auf dem Beifahrersitz schaut durch das offene Seitenfenster seines blaugelb folierten ID.3 nach oben und bedeutet mir mit Handzeichen, ebenfalls die Scheibe herunterzufahren. Ich gebe mich ahnungslos bis reuevoll: „Ich darf hier nicht parken?“ „Korrekt“, lautet die Antwort, aber von Strafe ist nicht die Rede. Vielmehr von meinem Auto: „Ist das der neue ID.Buzz?“

Der Preis lässt aufhorchen

Mir fällt ein Stein vom Herzen. Sofort rassele ich die Informationen über das Auto herunter, die ich auf die Schnelle den Presseunterlagen auf dem Beifahrersitz entnehmen kann: 150 kW Leistung, 77 kWh Akkukapazität, 400 Kilometer Reichweite, 170 kW Ladeleistung am Schnelllader. Der Polizist nickt anerkennend, auch bei der Nennung der Höchstgeschwindigkeit von 145 km/h – bei der Geschwindigkeit wäre in Schweden definitiv ein Ticket fällig. Die Augenbrauen zieht der Beamte erst zusammen, als ich ihm den Preis des Testwagens nenne: 75.755 Euro – bei einem Basispreis von 64.581 Euro.

Zurück in die Zukunft 
Auf dem Oldtimer-Festival in Roskilde wurde der ID.Buzz nicht nur von Nostalgikern herzlich willkommen geheißen.
Zurück in die Zukunft
Auf dem Oldtimer-Festival in Roskilde wurde der ID.Buzz nicht nur von Nostalgikern herzlich willkommen geheißen.

Da zuckt ein normalverdienender Beamter schon einmal zusammen. Kam dabei bei ihm vielleicht sogar Mitleid auf? Fürs Falschparken muss ich jedenfalls nichts zahlen. Im Gegenteil: Er erklärt mir kurz darauf wortreich noch den Weg zu einem Parkplatz, von dem aus ich die Öresundbrücke noch besser sehe könne – und entschwindet dann mit seinem Streifenwagen so geräuschlos, wie er gekommen war. Fahrern eines VW ID.Buzz, das ist die gute Nachricht, kann man offensichtlich nicht böse sein. Das zweifarbig lackierte Elektroauto sorgt jedenfalls den ganzen Tag über für gute Laune – wo immer es auftaucht.

Microbus elektrisierte

Am Hafen von Malmö, in der City von Kopenhagen, am Wikingerschiff-Museum von Roskilde, wo sich gerade der örtliche Bil-Club zum „Viking-Run“ formiert, einer Ausfahrt mit Oldtimern nordamerikanischer Provenienz. Ein ID.Buzz hat da eigentlich ebenso so wenig zu suchen wie der Ur-Bulli aus den 1950er Jahren. Nichtsdestotrotz sorgt die Einfahrt des Stromers auf dem Festivalgelände für fröhlich-lautes Hallo-Geschrei. Der historische Bezug des ID.Buzz zum Klassiker ist immerhin unverkennbar. Und eigentlich ist der ID.Buzz ja auch fast schon ein Youngtimer: Das Konzeptfahrzeug „Microbus“ wurde immerhin schon vor über 20 Jahren der Öffentlichkeit präsentiert. Und Volkswagen hat es verstanden, mit immer neuen Varianten und einer sensiblen Weiterentwicklung des Designkonzepts die Spannung über die Jahre hochzuhalten. In Europa wie in den USA, wo der VW-Bus als Camper und Reisemobil bis heute Kult ist.

Teilautonomes Fahren leicht gemacht 
Der VW ID.Buzz kann mit einer Schar von Assistenzsystemen ausgestattet werden, die es erlauben, im Stau auf der Autobahn zumindest kurzzeitig die Finger vom Lenkrad zu nehmen. Vermisst haben wir nur ein Head-up-Display.
Teilautonomes Fahren leicht gemacht
Der VW ID.Buzz kann mit einer Schar von Assistenzsystemen ausgestattet werden, die es erlauben, im Stau auf der Autobahn zumindest kurzzeitig die Finger vom Lenkrad zu nehmen. Vermisst haben wir nur ein Head-up-Display.

Doch nun hat die lange Wartezeit ein Ende, rollt der ID.Buzz als „Bulli der Zukunft“ in den Handel und sorgt hier vom Start weg für volle Auftragsbücher. Über 10.000 Vorbestellungen hat der VW-Vertrieb bisher eingesammelt und nach wie vor ist das Interesse an dem Fahrzeug riesig. Trotz des vergleichsweise hohen Preises und langer Lieferzeiten. Manche VW-Händler, hören wir, nehmen inzwischen keine Bestellungen mehr entgegen, weil sie ihren Kunden keine Liefertermine nennen können – die Kontingente für die deutschen Händler für dieses und das nächste Jahr sind längst verteilt. Da werden sich die Produktioner im VW-Werk Hannover etwas einfallen lassen müssen, wie sich die Fertigung schnell auf Kammlinie bringen lässt.

Käufer brauchen Geduld

Etwa 18 Monate beträgt derzeit die Lieferzeit. Aber die Geduld lohnt sich: Kaum ein anderes Elektroauto macht derzeit so viel Spaß wie der ID.Buzz. Er ist nicht der Schnellste, schon wegen seines hohen Aufbaus auch nicht der Sparsamste -die erste Testfahrt über gut 200 Kilometer endete mit einem Durchschnittsverbrauch von 21,4 kWh/100 km. Es gibt ihn vorerst weder mit einem Head-up Display, noch mit Sonnendach – Letzteres würde eine Brücke zum legendären Samba-Bus schlagen. Und allein für die stylishe (und eigentlich unverzichtbare) Zweifarb-Lackierung sind happige 2641,80 Euro Aufpreis zu zahlen. Aber mit seinem Platzangebot und Kofferraumvolumen von bis zu 2.205 Litern (in der günstigeren Cargo-Version von 3.000 Euro) ist der ID.Buzz an der Schnittstelle zwischen Pkw und Nutzfahrzeug derzeit konkurrenzlos. Und als Herzensbrecher aktuell unschlagbar. Da kommen auch ein Honda-e oder ein Fiat 500e nicht mit.

Ebene Liegefläche 
Der ID.Buzz wird zwar erst 2025 als Camper "California" verfügbar sein. Aber erste Ausbausätze gibt es jetzt schon. Und wer keine hohen Ansprüche an den Liegekomfort stellt, kann in dem Elektrobus schon jetzt übernachten - Platz gibt es reichlich.
Ebene Liegefläche
Der ID.Buzz wird zwar erst 2025 als Camper „California“ verfügbar sein. Aber erste Ausbausätze gibt es jetzt schon. Und wer keine hohen Ansprüche an den Liegekomfort stellt, kann in dem Elektrobus schon jetzt übernachten – Platz gibt es reichlich.

Dafür blickt man dann schon einmal gnädig über das eine oder andere Detail hinweg, das nicht so ganz perfekt in das stylishe Ambiente passt wie etwa der etwas klobige Fahrschalter aus dem Regel von VW Nutzfahrzeuge. Oder über die eine oder andere scharfkantige, nicht entgratete Fuge in den Türverkleidungen. Aber der Gesamteindruck hebt die Stimmung schnell wieder. Und der Wendekreis des immerhin 4,71 Meter langen Hecktrieblers ist mit 11,09 Metern fast schon sensationell: Ein ID.4 braucht immerhin fast einen halben Meter mehr, der VW Bulli klassischer Bauart sogar 81 Zentimeter mehr. Kein Wunder, dass sich für den ID.Buzz und den ID.Cargo auch viele Gewerbetreibende interessieren, die den Elektro-Transporter im Stadtverkehr einsetzen wollen.

Allradler folgt später

Auch der Sitz- und Fahrkomfort erscheint besser als in den eher sportlichen Schwestermodellen ID.4 und ID.5 – da haben die Ingenieure bei VW Nutzfahrzeuge die lange Entwicklungszeit und die Möglichkeiten des Modularen Elektrobaukastens wirklich gut genutzt. Fahrbahnunebenheiten werden von der McPherson-Achse vorn und der Mehrlenkerachse hinten gut ausgebügelt, ohne dass die Karosserie darüber ins Schwanken gerät oder die Insassen durchgerüttelt werden. Und für einen 2,5 Tonner (mit dem gleichen Kampfgewicht wie ein VW Touareg) ist der ID.Buzz mit der 150 kW starken Maschine zumindest bis 120 km/h immer noch recht dynamisch unterwegs. Kleine Sprints an der Ampel gelingen mühelos und auf der dänischen Autobahn hält der ID.Buzz auch auf der linken Spur mühelos mit.

Treffen der Generation

Treffen der Generation

Die Zweifarb-Lackierung und der Heckantrieb sind die einzigen Gemeinsamkeiten des VW T1 und des ID.Buzz. Der „Großvater“ verbrannte noch Benzin, der Enkel stromert nur. Zum „Samba“-Bus fehlt ihm noch das Sonnendach.

Black Beauty

Black Beauty

Auch eine schwarze Lackierung für 1005 Euro Aufpreis steht dem ID.Buzz ausgesprochen gut. Kostenlos ist nur eine (etwas freudlose) Lackierung in Uni-Weiss. Fotos: Volkswagen

Kurze Ladepause

Kurze Ladepause

Mit einer maximalen Ladeleistung von 170 kW glänzt der ID.Buzz am DC-Schnelllader. An der Wallbox oder der Wechselstrom-Station fließen hingegen maximal 11 kW.

Tiny House auf Rädern

Tiny House auf Rädern

Der ID. California“ startet erst 2025. In der Zwischenzeit hilft aber auch die Camper Box von Ququq, um den Elektrobus in ein elektrisches Wohnmobil zu verwandeln. Mit Kocher, Wasserstelle und Bette – demnächst für rund 3000 Euro bei Volkswagen Zubehör zu ordern.

Da kommt Laune auf

Da kommt Laune auf

Der Laderaum des ID.Cargo fasst 3.900 Liter oder zwei Europaletten mit einem Gewicht von bis zu 648 kg. Serienmäßig kommt er mit einer weit öffnenden Heckklappe und einer Schiebetür auf der Beifahrerseite. Als Sonderausstattung gibt es für den Transporter eine zweite Schiebetür auf der Fahrerseite sowie Heckflügeltüren.

Mehr Wumms und höhere Endgeschwindigkeiten verspricht die Version mit Allradantrieb und 220 kW (299 PS), die im kommenden Jahr nachgeschoben werden soll – übrigens ebenso wie eine Variante mit längeren Radstand für bis zu sieben Einzelsitzen. Aber mal ehrlich: Mit einem ID.Buzz will man doch nicht rasen, sondern ganz entspannt cruisen. Um weiter zu kommen, um beinahe lautlos durch die Stadt oder die Natur zu stromern.

Und auch um die gute Laune der Ordnungshüter nicht unnötig zu strapazieren.

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Technische Daten
ID.Buzz Pro

Heckantrieb mit 150 kW (204 PS) Leistung und 310 Newtonmeter Drehmoment;
Lithium-Ionen-Batterie mit 77 kWh (netto)/82 kWh (brutto) Kapazität;
Reichweite nach WLTP-Verbrauchsnorm: 402-423 km;
Maximale Ladeleistung AC 11 kW/DC: 170 kW;
Höchstgeschwindigkeit: 145 km/h;
Länge/Höhe/Breite: 4,71/1,94/1,99 Meter;
Basispreis 64.581 Euro.

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