Das ist eine Batterie: zwei unterschiedlich gepolte Elektroden und dazwischen ein Elektrolyt, der den Transport der geladenen Ionen zwischen den Elektroden ermöglicht und die Elektronenleitfähigkeit blockiert – und somit das Laden und Entladen der Batterie möglich macht. In den meisten Batterien ist der Elektrolyt eine brennbare Flüssigkeit. Sogenannte Feststoffbatterien nutzen stattdessen einen Feststoff als Elektrolyten. Das macht sie nicht nur sicherer: Der feste Elektrolyt erlaubt auch die Verwendung von alternativen Materialien für die Elektroden, beispielsweise reines Lithiummetall für die Anode. Dadurch können Festkörperbatterien potenziell viel höhere Energiedichten erreichen, also mehr Strom pro Volumen speichern – ein Vorteil für unterschiedlichste Anwendungen, von Elektroautos bis hin zu tragbarer Elektronik.
Doch wie so oft hat die vielversprechende Technologie noch einige „Kinderkrankheiten“, die Forschung und Industrie vor Herausforderungen stellen. Empa-Wissenschaftler aus dem Labor für Funktionspolymere arbeiten an einem neuartigen Elektrolyten, der gleich in mehreren Punkten Abhilfe schaffen könnte. Wo die meisten Elektrolyten für Feststoffbatterien aus steifen Werkstoffen bestehen, ist ihr fester Elektrolyt weich und dehnbar.
Ionenleiter auf Silikon-Basis
Hinter der Innovation steckt clevere Chemie. Das Ausgangspolymer für den Elektrolyten ist ein Polysiloxan, im Volksmund besser als Silikon bekannt. Der elastische Kunststoff hat einen großen Nachteil für die Batterieforschung: Er ist apolar. Will heißen: Die geladenen Teilchen, die Ionen, lösen sich gar nicht in ihm auf. Den Forschern rund um Dorina Opris ist es gelungen, das „Rückgrat“ des Polymers mit funktionalen Gruppen zu versehen, die es zu einem guten Ionenleiter machen, – und dabei seine vorteilhaften elastischen Eigenschaften beizubehalten.

Dorina Opris (rechts) und Can Zimmerli haben die Silikon-Basis mit funktionalen Gruppen versehen, die das Polymer zu einem guten Ionenleiter machen, ohne ihm seine Elastizität zu nehmen. Bilder: Empa
Denn die Elastizität ist eine große Stärke des Polymer-Elektrolyten. Heutige Lithiumionenakkus verwenden eine Anode auf der Basis von Lithiumsalzen. Mit reinem Lithiummetall als Anodenmaterial ließen sich höhere Energiedichten erreichen. Beim Entladen der Batterie wandern Lithiumionen aus der Anode ab, beim Laden kehren sie wieder zurück. Dabei lagern sie sich allerdings nicht in einer gleichmäßigen Schicht an der Oberfläche der Anode ab, sondern bilden sogenannte Dendriten: baumartige Strukturen aus Lithium, die innerhalb von wenigen Ladezyklen bis zur Kathode „wachsen“ und so einen Kurzschluss verursachen.
Die Verwendung eines festen Elektrolyten wirkt dem Dendritenwachstum entgegen. Wenn die Ionen aus der Anode „abwandern“, entstehen nun aber Hohlräume, die dazu führen können, dass die Anode den Kontakt zum Elektrolyten verliert und die Kapazität der Batterie sinkt. Hier schlägt der elastische Elektrolyt der Empa-Forschenden zwei Fliegen mit einer Klappe: Er ist fest genug, um Dendriten zu verhindern, aber elastisch genug, um die entstandenen Hohlräume zu füllen und dadurch die Volumenveränderungen der Anode beim Laden und Entladen auszugleichen.
Auf dem Weg zu flexiblen Batterien
Mit den passenden Materialien für die Elektroden könnte der Elektrolyt zudem in flexiblen Batterien zum Einsatz kommen. «Heutige Batterien für medizinische Implantate, etwa für Herzschrittmacher, sind meist hart und unbequem für die Patientinnen und Patienten», erklärt Dorina Opris. „Unser Polymer kann nicht nur als Elektrolyt, sondern auch als Bindematerial für die Kathode dienen.“ Empa-Forscher Can Zimmerli ergänzt: „Das flexible Polymer lässt sich mit unterschiedlichen Aktivmaterialien für die Kathode kombinieren, was Batterien für verschiedenste Anwendungen ermöglicht.“

Die Empa-Forscher setzen ihren Elektrolyten bereits probeweise in unterschiedliche Batterie-Prototypen ein. Neben Knopfzellen wie dieser hier wären in Zukunft auch weiche Batterien denkbar. Industrielle Partner dafür werden noch gesucht.
Die Flexibilität und die Sicherheit sind nicht die einzigen Vorteile des innovativen Elektrolyten. „Das Material lässt sich zu Dünnschichten von wenigen Mikrometern verarbeiten und ist skalierbar“, sagt Opris. „Stellt man es im industriellen Maßstab her, ist es zudem günstiger als herkömmliche feste Polymer-Elektrolyten.“ Die Forschenden arbeiten nun daran, die Ionenleitfähigkeit des Silikon-Elektrolyten weiter zu verbessern – und suchen zugleich nach einem geeigneten Industriepartner, um mit der Kommerzialisierung der Technologie zu beginnen.