Was für ein Schnäppchen: Volkswagen bot den ID.3 Pro im Februar vorübergehend für eine Leasingrate von 249 Euro im Monat an. Im Paket enthalten war die mittlere von drei Batteriegrößen mit 434 Kilometern (km) Reichweite. Die Bestellbücher haben sich schnell gefüllt: Wie wir aus dem Vertrieb hören, wurde eine fünfstellige Zahl von Fahrzeugen während der Sonderaktion bestellt. Kein Wunder, wenn Volkswagen für den preisgünstigsten Golf 373 Euro verlangt. Trotzdem machte VW keinen Verlust bei der Aktion „Drive Electric – drive ID.3“. Auch, weil die Zellkosten für die Batterie von Elektroautos kontinuierlich sinken.

„Das sind gute Nachrichten für die Kunden“, stellt Professor Stefan Bratzel vom Center Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach fest. Aber während Tesla oder Volvo gutes Geld verdienten, wäre der notwendige Profit in preissensiblen Segmenten noch sehr gering, so Bratzel weiter. Hier könne es noch passieren, dass die Listenpreise für Pkw mit Verbrennungsmotor künstlich angehoben würden, um jene mit Elektromotor quer zu finanzieren: „Reale Preisparität“, so seine Prognose, „haben wir in drei bis fünf Jahren, falls eine Kilowattstunde dann 50 bis 60 Euro oder noch weniger kostet.“

Wie viel Euro müssen pro Kilowattstunde bezahlt werden?

Euro pro Kilowattstunde – das ist die Währung, in der Batteriezellen gehandelt werden. Der Volkswagen ID.3 Pro hat einen Akku, der 59 Kilowattstunden, abgekürzt kWh, Strom speichert. Und gemeint sind immer die Kosten des Herstellers – der tatsächliche Preis beim Autokäufer ist höher. Trotzdem gilt: Der Zellpreis in Euro pro Kilowattstunde ist der Vergleichsmaßstab. Und der verfällt gerade massiv.

So analysiert das Beratungsunternehmen P3, dass im September 2022 noch etwa 160 Euro/kWh fällig waren. Zwei Jahre später stand der Kurs bei rund 65 Euro/kWh. Dafür gibt es die in Europa am weitesten verbreitete Zellchemie, die neben Lithium eine Mischung aus Nickel, Mangan und Kobalt (NMC) enthält. Die in China dominanten LFP-Zellen (für Lithium-Eisenphosphat) sind mit 60 Euro nochmals billiger.

Rohstoffe verbilligen sich

Die Ursachen für den Verfall sind vielfältig. Eine ist der Betrachtungszeitraum von P3, der auf dem Höhepunkt des Lithium-Booms 2022 beginnt. Für ein Kilogramm Lithium konnten die Verkäufer etwa 75 Euro verlangen. Inzwischen ist mit rund zehn Euro das Niveau zurück, das vor der Kursspitze üblich war. Ob Rohstoffspekulationen oder Förderprobleme in den Minen als Folge der Covid-Pandemie die Ursache der Übertreibung waren, ist unklar.

Während Lithium absehbar nicht durch Alternativen wie Natrium ersetzt wird, gibt es bei anderen Metallen in den Batteriezellen eine schrittweise Verschiebung. Teures Kobalt etwa hat 2015 noch ein Drittel der Kathode (meistens der Minuspol) ausgemacht, heute sind es höchstens zehn Prozent. Die in China populären LFP-Zellen, die in Deutschland zum Beispiel in der Basisvariante des Tesla Model Y eingebaut sind, enthalten kein Kobalt und haben stattdessen den mit Eisen und Phosphat derzeit günstigsten Materialmix, der nicht nur im Forschungslabor, sondern in der Großserie produziert wird.

Mehr Reichweite, hohe Nachlässe – und Kleinwagen

Diese Vorteile können in unterschiedlicher Weise an die Endverbraucher weitergegeben werden. Was eher selten zu beobachten ist, sind niedrigere Listenpreise für exakt den gleichen Autotyp. Beliebter ist es, die Ausstattung im Sinn der Kunden zu verbessern. Oder es gibt schlicht mehr Reichweite.

Oder, wieder am Beispiel Volkswagen ID.3, es wird eine neue Version nachgeschoben. Beim ID.3 ist das der Pure mit 52 kWh Energieinhalt in der Batterie sowie 388 km Reichweite. Der Preis inklusive einer fast permanenten Aktionsprämie: Ab 29.760 Euro.

Neben dem Dumping bei Leasingraten, mehr Reichweite zum gleichen Preis und günstigen Einstiegsmodellen gibt es Rabatte. Die lassen sich leicht über Vergleichsportale identifizieren. Der Hyundai Ioniq 5 etwa wird noch der Überarbeitung gerne mit über 20 Prozent Nachlass vermarktet. Wer sucht, der findet weitere Sonderangebote.

Sparen durch Großproduktion

Am wichtigsten für breite Käuferschichten aber ist, dass neue Elektroautos, die es bisher nicht gab, zu guten Preisen auf den Markt kommen. Repräsentativ dafür steht der Citroën e-C3 Aircross. Das familientaugliche SUV (460 bis 1.600 Liter Kofferraumvolumen) ist ein Konkurrent zum Dacia Duster, der wiederum ausschließlich mit Verbrennungsmotoren zu haben ist.

Beim Citroën haben die Kunden die Wahl und können das Elektroauto ab 26.490 Euro ordern. Zwar ist die Reichweite mit 307 km relativ niedrig – aber noch ist die Batterieproduktion nicht so weit, dass es in diesem Segment keine Abstriche gibt. Entscheidend für die Preisentwicklung sind in jedem Fall die Skaleneffekte bei der Produktion.

Die großen Skaleneffekte kommen noch

Der Skaleneffekt ist die Ersparnis durch die Massenproduktion. Wenn immer mehr Batteriezellen bei konstanten Fixkosten vom Band laufen, kann der Preis sinken. Achim Kampker, promovierter Ingenieur und Professor für Production Engineering an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen und Co-Gründer von Streetscooter, sieht ein „enormes Potenzial“ in den kommenden Skaleneffekten und technischen Weiterentwicklungen: „20 Prozent Effizienzsteigerung alle zwei Jahre sind weiter vorstellbar“, so Kampker.

Nach heutigem Stand wäre die Massenproduktion von Batteriezellen bei den Zulieferern noch nicht so effizient wie bei den über Jahrzehnte perfektionierten Verbrennungsmotoren. Nach Kampkers Einschätzung ist 2030 die Kostenparität, also der Gleichstand, zwischen den Konzepten erreicht.

BYD Dolphin Surf 
Zur Markteinführung in Europa bietet der chinesische Hersteller den elektrischen Kleinwagen mit 220 Kilometern Reichweite bis Ende Juni schon für 19.990 Euro an. Der Preisverfall bei den Stromspeichern macht solche Kampfpreise möglich. Foto: BYD
BYD Dolphin Surf
Zur Markteinführung in Europa bietet der chinesische Hersteller den elektrischen Kleinwagen mit 220 Kilometern Reichweite bis Ende Juni schon für 19.990 Euro an. Der Preisverfall bei den Stromspeichern macht solche Kampfpreise möglich. Foto: BYD

Bei der Analyse der Batteriekosten in Euro pro Kilowattstunde sieht auch Professor Kampker derzeit 60 bis 70 Euro als plausibel an. Er stützt sich auf unterschiedliche Quellen von den bekannten Handelspreisen für Rohstoffe bis zur Planung von Fabriken, an denen sein Institut beteiligt ist.

Schwankungen sind möglich

Sein Ausblick ist optimistisch: „Zwar ist es möglich, dass es beim weltweiten Hochlauf der Batterieproduktion kurzfristige Schwankungen oder eine Art Schluckauf gibt. Der große und langfristige Pfad aber bleibt: Die Preise sinken.“

Um den Standort Deutschland wettbewerbsfähig zu machen, müssten sich trotzdem die Energiekosten verbessern, die Auflagen verringert und insgesamt eine höhere Geschwindigkeit erzielt werden.

Wer sich ein Elektroauto noch nicht leisten kann, hat vielleicht Geduld. Zum einen wächst das Angebot an bezahlbaren Gebrauchtwagen. Zudem gibt es immer mehr Kleinwagen bis 20.000 Euro wie aktuell etwa der BYD Dolphin Surf (Aktionspreis bis Ende Juni: 19.990 Euro). Noch in diesem Jahr will Citroën den e-C3 in einer abgespeckten Version für unter 20.000 Euro auf den Markt bringen – und Renault im kommenden Frühjahr den neuen vollelektrischen Twingo. Wie Renault-Chef Luca de Meo dieser Tage in einem Interview bekannt gab, wird das Modell günstiger sein als der aktuelle Clio mit Hybridantrieb – angeboten wird der aktuell zu Preisen ab 19.350 Euro. Das Warten kann sich im Wortsinn lohnen.

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