Grüner Wasserstoff, der mithilfe erneuerbarer Energien hergestellt wird, soll künftig eine zentrale Rolle in einer klimaneutralen Wirtschaft spielen. Die Bundesregierung hat in ihrer Wasserstoffstrategie das Ziel ausgegeben, bis zum Jahr 2030 Kapazitäten für die Produktion von bis zu fünf Gigawatt an grünen Wasserstoff zu schaffen.

Doch klar ist: Wenn Wasserstoff künftig nicht nur als chemischer Grundstoff, sondern beispielsweise auch in Stahlwerken und anderen Industrien als Energieträger zum Einsatz kommen soll, wird das nicht ausreichen. Importe werden daher wohl eine wichtige Rolle spielen müssen: Wasserstoff könnte dort produziert werden, wo erneuerbare Energien günstig in großem Umfang genutzt werden können, etwa in besonders sonnenreichen Gebieten der Erde.

Der Transport von Wasserstoff über größere Strecken ist allerdings eine Herausforderung: Das Gas ist sehr flüchtig. Hinzu kommt, dass es eine sehr geringe Dichte hat. Wasserstoff-Pipelinenetze existieren bislang nicht. Will man Wasserstoff mit Schiffen oder Lkw transportieren, muss er zunächst komprimiert werden, was die Energiebilanz verschlechtert.

Produktion dort, wo erneuerbarer Strom günstig ist

Eine Möglichkeit, die industriepolitischen Sprengstoff birgt, wäre es, nicht den Wasserstoff selbst zu importieren, sondern die damit erzeugten Produkte. Eine Schlüsselrolle könnte dabei Ammoniak spielen. Das Gas wird vor allem in der Düngemittelproduktion genutzt und ist heute eines der wichtigsten Produkte, die aus Wasserstoff hergestellt werden.

Ammoniak hat gegenüber reinem Wasserstoff den Vorteil, dass es weniger flüchtig ist und eine viel höhere Dichte hat. Es lässt sich daher einfacher transportieren und man kann auf die energieintensive Kompression verzichten. Der Transport, beispielsweise in Frachtschiffen, ist zudem bereits eine etablierte Technologie, da es schon heute eine große Ammoniakindustrie gibt.

Neben dem Einsatz als Düngemittel könnte Ammoniak künftig auch eine Rolle als Energieträger und Treibstoff bekommen. Es ist prinzipiell möglich, Wasserstoff wieder aus Ammoniak zurückzugewinnen. Es würde damit praktisch als Transportmedium für Wasserstoff dienen, allerdings mit entsprechenden Umwandlungsverlusten.

Klimaschutz auf dem Wasser: Frachter mit Elektroantrieb sollen Güter in die Städte bringen und damit Lkw-Fahrten auf der Straße ersetzen. Um wettbewerbsfähig zu sein, werden die Boote sogar ohne Kapitän an Bord auskommen und autonom fahren. Schiffe

Effizienter ist es daher in vielen Fällen, Ammoniak direkt zu nutzen. Zum einen könnte es das bisher aus fossilen Rohstoffen hergestellte Ammoniak in der Düngemittelproduktion ersetzen. Perspektivisch könnte Ammoniak aber auch direkt als Kraftstoff eingesetzt werden.

Ammoniak als Schiffstreibstoff der Zukunft

Als besonders vielversprechend gilt der Einsatz von Ammoniak in Schiffen. Bislang fahren diese meist mit Schweröl und lange Zeit setzte man als mögliche Alternative auf Flüssiggas, um zumindest die Ruß- und Schwefelemissionen zu reduzierten. Doch klimafreundlich ist das Flüssiggas nicht, bei der Nutzung werden die Treibhausgase Kohlendioxid und Methan freigesetzt.

Für eine klimaneutrale Schifffahrt braucht es daher andere Optionen. Wenn Ammoniak mithilfe erneuerbarer Energien hergestellt wird, kommt es als klimafreundlicher Schiffstreibstoff in Frage. Im Vergleich zu Alternativen aus synthetisch hergestellten Kohlenwasserstoffen wie beispielsweise Methanol hat es den Vorteil, dass für die Produktion kein Kohlendioxid benötigt wird.

Ammoniak wird mithilfe der Haber-Bosch-Synthese aus Stickstoff und Wasserstoff hergestellt. Letzterer stammt bisher meist aus fossilem Erdgas. Doch an verschiedenen Orten werden gerade Fabriken geplant, in denen in großem Maßstab Ammoniak aus grünem Wasserstoff produziert werden soll. Damit die Herstellung grün wird, müssen zwei Dinge im Vergleich zur bisherigen Produktion verändert werden: Die fossile Produktion von Wasserstoff muss durch Elektrolyseanlagen ersetzt werden und die Energie für den gesamten Prozess muss aus sauberen Quellen stammen.

Grüne Ammoniakfabriken in Saudi-Arabien und Australien

Ausgerechnet im Ölstaat Saudi-Arabien könnte ein wichtiger Baustein der künftigen klimaneutralen Wirtschaft bald Realität werden. In der geplanten Öko-Vorbildstadt Neom soll ab 2025 eine Fabrik in Betrieb gehen, in der mithilfe von Solar- und Windenergie grüner Wasserstoff und grünes Ammoniak produziert werden. 1,2 Millionen Tonnen pro Jahr sollen laut der Ankündigung des US-Industriegasproduzenten Air Products, der an den Planungen beteiligt ist, dort bald produziert werden. Das ist immerhin etwa ein halbes Prozent der heutigen weltweiten Produktion.

In noch viel größeren Dimensionen plant ein Konsortium von Firmen die Ammoniakproduktion im Nordwesten von Australien. Dort soll auf einer Fläche von 6.500 Quadratkilometern ein riesiges Areal von Solar- und Windkraftanlagen entstehen – der Asian Renewable Energy Hub. In einem ersten Schritt sollen dort 15 Gigawatt, langfristig sogar 25 Gigawatt an Solar- und Windenergiekapazitäten installiert werden. Neben einer Versorgung der lokalen Industrie mit Strom ist dort auch die Produktion von Ammoniak vorgesehen – zehn Millionen Tonnen pro Jahr.

Ursprünglich war geplant, direkt Strom zu exportieren und dafür Unterwasser-Stromleitungen in andere Länder zu bauen. Doch das hielt man für technisch zu aufwendig und auch politisch riskant – und entschied sich, stattdessen auf grünen Ammoniak zu setzen. Bis das Projekt in Australien realisiert wird, dürfte es jedoch noch eine Weile dauern. Erst 2025 soll eine Investitionsentscheidung gefällt werden.

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