Mit einer Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und weiterer Gesetze will die Bundesregierung den Ausbau von Photovoltaikanlagen stärker fördern. Der 140-seitige Entwurf, der am 16. August vom Kabinett beschlossen wurde, sieht unter anderem eine einfachere Anmeldung von Balkonkraftwerken vor, die künftig bis zu 800 Watt ins Stromnetz einspeisen dürfen. Darüber hinaus soll die gemeinschaftliche Nutzung von Solarstrom erleichtert werden.

Der parallele Entwurf des Bundesjustizministeriums, der den Anspruch auf Installation eines Steckersolargerätes für Mieter und Wohnungseigentümer einführt, wird nach Angaben eines Sprechers voraussichtlich Ende September 2023 vom Kabinett beschlossen. Der Bundestag muss beiden Entwürfen, die zum 1. Januar 2024 in Kraft treten sollen, noch zustimmen.

Anmeldung stark vereinfacht

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unter Robert Habeck (Grüne) hatte die Gesetzespläne erst Ende Juni vorgestellt und in die Ressortabstimmung gegeben. Zwar hat sich der Titel des Gesetzes geändert, doch inhaltlich gibt es nur wenige Ergänzungen. Diese betreffen vor allem die Förderung von Solaranlagen in der Landwirtschaft, was als Agri-PV bezeichnet wird. Zudem gibt es zusätzliche Bestimmungen zu sogenannten Biodiversitätssolaranlagen und für extensivere Solaranlagen mit landwirtschaftlicher Nutzung.

Balkonkraftwerk Auch Mieter einer Etagenwohnung können Strom mit einer Kleinst-PV-Anlagen ganz einfach selbst erzeugen. Wir erklären, wie das geht. Solarenergie

Das „Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung“ sieht weiterhin vor, dass sogenannte Steckersolargeräte nur noch einmalig bei der Bundesnetzagentur im Marktstammdatenregister angemeldet werden müssen. Der Netzbetreiber muss nicht mehr gesondert informiert werden. Der Messstellenbetreiber hat anschließend vier Monate Zeit, um nötigenfalls einen neuen Zähler einzubauen, der den eingespeisten Strom aus dem Balkonkraftwerk messen kann.

Rückwärtsdrehende Zähler vorübergehend zulässig

In diesem Zeitraum ist die Nutzung rückwärtsdrehender elektromechanischer Ferrariszähler weiterhin erlaubt. Für Nutzer hat dies den Vorteil, dass der eingespeiste Strom nicht verschenkt wird, sondern sich die Stromrechnung entsprechend reduziert. Damit die Messstellenbetreiber den Austausch der Zähler eventuell bündeln können, ist die Frist von vier Monaten gewählt worden.

Nicht geändert haben sich zudem die Definitionen. Demnach ist ein Steckersolargerät „ein Gerät, das aus einer Solaranlage oder aus mehreren Solaranlagen, einem Wechselrichter, einer Anschlussleitung und einem Stecker zur Verbindung mit dem Endstromkreis eines Letztverbrauchers besteht“.

Keine Erleichterung bei vergütetem Strom

Von den Erleichterungen kann aber nur profitieren, wer den Strom aus seinem Balkonkraftwerk unentgeltlich ins Stromnetz einspeist.

So heißt es im geplanten Paragrafen 5a: „Ein Steckersolargerät oder mehrere Steckersolargeräte mit einer installierten Leistung von insgesamt bis zu 2 Kilowatt und einer Wechselrichterleistung von insgesamt bis zu 800 Voltampere, die hinter der Entnahmestelle eines Letztverbrauchers betrieben werden und der unentgeltlichen Abnahme zugeordnet werden, können unter Einhaltung der für die Ausführung eines Netzanschlusses maßgeblichen Regelungen angeschlossen werden.“

Das bedeutet: Wer als Betreiber eines Balkonkraftwerkes den eingespeisten Strom vergütet haben möchte, muss das Gerät wie eine größere PV-Anlage anmelden. Ebenfalls gelten die Sonderregelungen nicht, wenn mehrere Anlagen, die Schwellenwerte überschreiten, an einem einzigen Anschluss betrieben werden. Dies ist laut Gesetzesbegründung „sachgerecht, da mehrere Anlagen unterhalb der Schwellenwerte, die diese gemeinsam überschreiten, die gleichen Netzwirkungen haben wie eine größere Anlage, die alleine die Schwellenwerte überschreitet“.

VDE entscheidet über Anschlussstecker

Die Frage des Anschlusssteckers wird in dem Gesetzentwurf nicht geregelt. Dafür seien die Normierungsgremien des Verbands der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) der Deutschen Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (DKE) zuständig, teilte das Ministerium mit. Inzwischen schlug der VDE bereits vor, dass übliche Schukostecker für den Anschluss von Balkonkraftwerken zugelassen werden dürfen.

Bei den bislang vorgeschriebenen Wieland-Steckern liegen die Kontakte nicht offen, so dass Stromschläge verhindert werden können. Allerdings liefern moderne Wechselrichter erst dann Strom, wenn sie sich mit dem Netz synchronisiert haben und mehrere Minuten lang eingesteckt sind. Zuletzt gab es jedoch Fälle, in denen die Geräte nicht über ein erforderliches Relais verfügten, das beim Herausziehen des Steckers die Verbindung innerhalb von 0,2 Sekunden galvanisch trennt.

Anbieter wie Anker kündigten an, die betroffenen Wechselrichter auszutauschen. Deye entwickelte bereits eine Nachrüstlösung.

Darüber hinaus enthält der Gesetzentwurf weitere Vereinfachungen für Betreiber größerer PV-Anlagen. Für solche mit mehr als 100 kW installierter Leistung und hohem Eigenverbrauch ist vorgesehen, eine unentgeltliche Einspeisung zu ermöglichen. Damit soll verhindert werden, dass die Kosten für die Direktvermarktung die Profite der Einspeisung überwiegen können.

Gemeinschaftliche Stromnutzung vereinfacht

Ebenfalls will das Wirtschaftsministerium eine bürokratiearme Lieferung von Solarstrom innerhalb eines Gebäudes ermöglichen. Die Weitergabe des Stroms an Wohn- oder Gewerbemieter oder Wohnungseigentümer soll weitestgehend von Lieferantenpflichten ausgenommen werden. Zudem werde der Betreiber der PV-Anlage von der Pflicht zur Reststromlieferung befreit.

Dazu wird das Konzept einer gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung etabliert. Dies ist möglich, wenn die Nutzung des erzeugten Stroms ohne Durchleitung durch ein Netz erfolgt, der Stromverbrauch der einzelnen Anschlüsse viertelstündlich gemessen wird und ein entsprechender Vertrag geschlossen wurde. Der erzeugte Strom wird „rechnerisch auf alle teilnehmenden Letztverbraucher aufgeteilt“. Die Vertragspartner sollen einen Aufteilungsschlüssel vereinbaren.

Hinzugefügt wurde ein Passus, wonach der Abschluss eines Gebäudestromnutzungsvertrages auch von den Wohnungseigentümern in einer Versammlung beschlossen werden kann. Das bisherige Mieterstrommodell soll fortbestehen bleiben.

Weitere Gesetzesänderungen betreffen unter anderem die Erschließung von Gebäuden im Außenbereich, das sogenannte Repowering von Dachanlagen und die Förderung von Agri-PV und weiteren besonderen Solaranlagen. Ebenfalls wird ein Recht zur Verlegung von Anschlussleitungen für Erneuerbare-Energien-Anlagen auf Grundstücken sowie Verkehrswegen eingeführt, was aber nicht nur PV-Anlagen betrifft. Bislang mussten dazu laut Ministerium mit jedem Grundstückseigentümer oder Verkehrsträger Gestattungsverträge ausgehandelt werden, „was zu erheblichen Ineffizienzen und Verzögerungen führte“. Landwirte haben gegen die geplante Änderung bereits Protest angemeldet.

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1 Kommentar

  1. Maximilian Breitling

    Das Bild mit dem schräg montierten Balkonkraftwerk ist nicht ideal. Derart angeschrägte Montagen bilden bei Wind eine große Angriffsfläche von unten. Die Windlast bei Sturm oder Starkwind wird unterschätzt.

    Bitte immer auch darauf hinweisen, dass die Statik des Balkons und der zusätzliche Montagerahmen sehr stark dimensioniert sein müssen. Der Modulrahmen selbst ist kein tragendes Teil, und nur als „Schutz“ für die PV-Modulfläche gedacht.

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