Könnte Druckluft eines Tages die Speicherbatterie ersetzen? Der französische Ingenieurdienstleister Segula Technologies aus Nanterre bei Paris entwickelt mit „Remora Home“ ein System zur Speicherung erneuerbarer Energie – nicht mit Hilfe von Lithium-Ionen, sondern mit komprimierter Luft. Noch steckt das Projekt in der Testphase, erste Pilotanlagen in Privathaushalten sollen 2026 folgen. Doch so elegant die Lösung klingt: Ganz ohne technische Hürden geht es auch bei dieser Form eines Energiespeichers nicht.

Energie aus dem Überdruck

Das Prinzip hinter „Remora Home“ ist simpel. Überschüssiger Solarstrom wird genutzt, um Außenluft per Kompressor auf bis zu 200 bar zu verdichten. Die Druckluft wird in Stahltanks gespeichert und bei Bedarf wieder entspannt. Dabei treibt sie eine Turbine an, die Strom erzeugt. Der Wirkungsgrad des Energiespeichers soll laut Hersteller bei rund 70 Prozent liegen, die Lebensdauer bei über 30 Jahren. Installieren lässt sich das System laut SEGULA platzsparend – der Kompressor sei nur etwa so groß wie ein Warmwasserboiler, der Speicher ähnlich kompakt wie ein Gastank.

Die Physik hat das letzte Wort

Doch der Teufel steckt im Detail. Um zehn Kilowattstunden Energie speichern zu können – genug für etwa einen Tag Basisverbrauch in einem sparsamen Haushalt – muss rund eine Tonne Luft komprimiert werden. Unkomprimiert entspricht das einem Volumen von etwa 800 Kubikmetern. Wird die Luft auf 200 bar verdichtet, schrumpft das Volumen zwar auf rund vier Kubikmeter. Aber das ist noch immer eine stattliche Größe für private Anwendungen. Und das bei Systemkosten, die zehn Kilowattstunden Speicherkapazität für unter 10.000 Euro ermöglichen sollen, um konkurrenzfähig zu sein. Derzeit ist das ambitioniert.

Neun Gasflaschen und ein Kompressor 
Das Prinzip hinter "Remora Home" ist ganz simpel: Mit Solarstrom vom Dach wird Außenluft von einem Kompressor auf 200 bar verdichtet und in Stahlflaschen gelagert. Bei Bedarf treibt die Luft eine kleine Turbine an, die wiederum Strom erzeugt. Grafik: Segula
Neun Gasflaschen und ein Kompressor
Das Prinzip hinter „Remora Home“ ist ganz simpel: Mit Solarstrom vom Dach wird Außenluft von einem Kompressor auf 200 bar verdichtet und in Stahlflaschen gelagert. Bei Bedarf treibt die Luft eine kleine Turbine an, die wiederum Strom erzeugt. Grafik: Segula

Druckluftspeicher sind keine Erfindung des 21. Jahrhunderts. Schon im 19. Jahrhundert wurde Druckluft in industriellen Anwendungen genutzt, etwa zum Betrieb von Kompressoren im Bergbau oder von Bohrhammern im Tunnelbau. In den 1970er Jahren entstanden erste Großanlagen zur Energiespeicherung – etwa in Huntorf (Niedersachsen). Dort wird bis heute überschüssiger Strom in einer unterirdischen Salzkaverne unter hohem Druck gespeichert und zu Spitzenlastzeiten mit Hilfe von Kompressoren zurück in Strom verwandelt . Für den Hausgebrauch aber blieb die Technik bislang zu aufwendig und zu teuer.

Robust und recycelbar – aber lohnt sich das?

Trotzdem bringt Druckluft Vorteile mit sich: Die Speicher sind unempfindlich gegenüber Temperaturschwankungen, nahezu wartungsfrei und bestehen meist aus recycelbaren Materialien wie Stahl oder Aluminium. Außerdem bergen sie – anders als Lithium-Ionen-Akkus – keine Brandgefahr. Segula verspricht eine langlebige, sichere und vernetzte Lösung für das vernetzte Zuhause.

Ob sich „Remora Home“ am Markt durchsetzen kann, hängt aber nicht nur vom Konzept ab, sondern letztlich vom Preis des Speichersystems. Die Entwicklung geht weiter – in Bayern arbeitet der Tüftler Georg Fränkl an einem ähnlichen System. Doch ob am Ende Luft gegen Lithium gewinnt, bleibt abzuwarten.

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