Ueber allen Gipfeln/ Ist Ruh‘,/ In allen Wipfeln/ Spürest Du/ Kaum einen Hauch“, dichtete Johann Wolfgang von Goethe 1780. Das kurze Wandrers Nachtlied endet mit der Ansprache, bald werde man sich auch selbst zur Ruhe betten. Heute, in Zeiten der Energiewende, wird manch einem bei dieser Aussicht bange: Kein Wind bei Nacht – wer soll da Ruhe finden?

Dunkelflaute wird das Phänomen genannt, im schlimmsten Fall noch: kalte Dunkelflaute. Damit argumentieren Kritiker der Erneuerbaren Energien gegen die Energiewende. Ohne Kohle- oder Atomkraftwerke droht ihrer Ansicht nach bei solchen Wetterlagen ein totaler Stromausfall, droht ein Blackout. Daten von Meteorologen sprechen allerdings dagegen.

Eine Dunkelflaute sei „eine wetter- und jahreszeitbedingte Dunkelheits- und Schwachwindphase mit gleichzeitig erhöhter Nachfrage“, so die Definition des Umweltbundesamts in seiner Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 für Deutschland. Eine Analyse der Wetterdaten aus den Jahren 2006 bis 2016 habe ergeben, dass „der Zeitraum zwischen dem 23. Januar bis 6. Februar […] besonders anfällig für eine Dunkelflaute“ sei.

Angst vor der Dunkelheit

Temperaturen von unter 0 Grad Celsius, spätestens um 18 Uhr ist es dunkel – und kaum ein Windhauch zu spüren: Wo soll unter solchen Bedingungen der Strom herkommen, der dafür sorgt dass es in der Wohnung behaglich warm und hell ist?

Unter dem Phänomen leiden nicht nur die Nutzer: Wenn sie keinen Strom haben, dann, weil keiner erzeugt wird. Das wiederum bedeutet, dass die Betreiber der Anlagen kein Geld verdienen. Mit den meteorologischen Vorhersagen des Deutsche Wetterdienst (DWD) lassen sich Leistungsprognosen erstellen, auf deren Basis die Betreiber ihren Strom an der Leipziger Strombörse anbieten.

Im vergangenen Jahrzehnt habe es eine Reihe großer Forschungsprojekte und damit auch eine enge Zusammenarbeit mit der Energiewirtschaft gegeben, erzählt Vanessa Fundel vom Geschäftsbereich Wettervorhersage des DWD. Diese Forschungsprojekte hätten sehr geholfen, die Bedürfnisse und Anforderungen der Akteure zu verstehen und die Produkte und Leistungen darauf abzustimmen.

Das gilt nicht nur für die Erzeuger, sondern auch für die Netzbetreiber. Denn das Wetter hat nicht nur Einfluss auf die Erzeugung von Strom durch Wind und Sonne, sondern auch auf Freileitungen und Masten und damit den Stromtransport. Gute Prognosen sind deshalb wichtig.

Doch auch die haben ihre Grenzen: „Es gibt Wetterlagen, die nicht so einfach vorherzusagen sind“, sagt Fundel. „Darunter kann auch eine Dunkelflaute fallen, zum Beispiel wenn es um die Vorhersage strahlungsarmer Tage mit großflächigem Hochnebel geht. Das ist ein Prozess, der nicht so einfach vorherzusagen ist. Da gibt es große Unsicherheiten in der Vorhersage.“

Sitzen wir also unvorhersagbar im Dunkeln? Das erfahren Sie im zweiten Teil.

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1 Kommentar

  1. Kai Neumann

    Sehr wichtiger Artikel, um gegen falsche Meme vorzugehen. Was gerade noch im Kontext von Mobilität fehlt sind die Hinweise, dass gerade E-Autos zur Lastverteilung eine große Rolle spielen werden und dass grüner Wasserstoff zur Rückverstromung bei Dunkelflaute etwaig in angepassten Gaskraftwerken eingesetzt werden kann und genau deshalb weder direkt noch als synthetischer Kraftstoff in Autos oder LKWs gehört: https://www.imodeler.de/a/ConsideoPaper-BEM-Dt.pdf

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