Wind- und Sonnenkraft, die großen Hoffnungsträger der Energiewende, haben ein Problem: Sie stehen nicht dauerhaft zur Verfügung. Weht kein Wind und ist die Sonne durch Wolken verdeckt, fließt kein Strom. In der so genannten Dunkelflaute muss Elektrizität dann mit mit alternativen Energien erzeugt werden. Hierzulande geschieht das in der Regel mit Gas- oder Kohlkekraftwerken, was die Klimabilanz der Stromproduktion kräftig verhagelt.

Es braucht also hochskalierbare Energiespeichertechnologien, um den konstanten Energiebedarf einer Industriegesellschaft zu decken. Pumpspeicherkraftwerke sind eine Möglichkeit, Batteriespeicher eine andere. Die eine Speichertechnik kostet viel Platz und Geld, die andere enorme Mengen an Rohstoffen und auch an finanziellen Ressourcen. Die Alternative ist die Umwandlung von Strom in chemische Energie – in Wasserstoff. Wasserstoff kann direkt gespeichert, transportiert und mithilfe einer Brennstoffzelle wieder in Strom umgewandelt werden. Oder es kann zur Herstellung anderer Brennstoffe wie Methanol oder Ammoniak verwendet werden.

Wasserstoff-Elektrolyse vs. Trinkwasser-Bedarf

Das Problem ist nur: Der Schlüsselprozess zur Gewinnung von grünem Wasserstoff ist die Wasserspaltung. Und die braucht nicht nur viel Energie, sondern, wie der Name schon sagt: Wasser. Vorzugsweise kostbares Süßwasser. Das Problem ist nur: Nur etwa ein Prozent der auf der Erde vorkommenden Wasservorräte bestehen aus nicht gefrorenem Süßwasser. Und grüne Energietechnologien sollten nicht mit menschlichen Grundbedürfnissen wie Nahrung und Trinkwasser konkurrieren.

Zwei Wege zur Herstellung von Wasserstoff aus Meerwasser und Grünstrom
Der Weg links zeigt die Seewasser-Elektrolyse, für die nur ein Bauteilerforderlich ist. Rechts wird das Meerwasser zunächst durch Umkehrosmose entsalzt und erst dann die Wasserspaltung durchgeführt. Grafik: Energy & Enviromental Science
Zwei Wege zur Herstellung von Wasserstoff aus Meerwasser und Grünstrom
Der Weg links zeigt die Seewasser-Elektrolyse, für die nur ein Bauteilerforderlich ist. Rechts wird das Meerwasser zunächst durch Umkehrosmose entsalzt und erst dann die Wasserspaltung durchgeführt. Grafik: Energy & Enviromental Science

Meerwasser hingegen ist eine nahezu unendliche Ressource und gilt als natürlicher Rohstoff für Elektrolyte. Für eine Wasserstoffproduktion klassischer Art könnte man es durch Destillation oder Umkehrosmose entsalzen. Aber das kostet zusätzliche Energie sowie Kosten und macht die Elektrolyse letztlich ineffizient. Forscher in aller Welt arbeiten deshalb an neuen Verfahren für eine direkte Meerwasserspaltung (Direct Seawater Splitting, DSS).

Meerwasser ohne Vorbehandlung

Ein internationales Team von der School of Chemical Engineering der Universität Adelaide meint dabei jetzt einen Durchbruch erzielt zu haben. Es entwickelte einen Elektrolyseur, der Wasserstoff aus Meerwasser erzeugt, ohne dass dieses vorbehandelt werden muss. Und der Elektrolyseur zeigte dabei eine ähnliche Performance wie einer, der mit hochgereinigtem deionisiertem Wasser betrieben wird.

Wasser in rauhen Mengen
Für die Elektrolyse von Wasserstoff wird heute kostbares Süßwasser eingesetzt. Mit dem steigenden Bedarf an Wasserstoff ist eine Umstellung der Prozesse auf Meerwasser eigentlich zwingend erforderlich. Foto: Henrique Hanemann/unsplash
Wasser in rauhen Mengen
Für die Elektrolyse von Wasserstoff wird heute kostbares Süßwasser eingesetzt. Mit dem steigenden Bedarf an Wasserstoff ist eine Umstellung der Prozesse auf Meerwasser eigentlich zwingend erforderlich. Foto: Henrique Hanemann/unsplash

„Wir haben natürliches Meerwasser mit einem Wirkungsgrad von fast 100 Prozent in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten, um grünen Wasserstoff durch Elektrolyse zu erzeugen, wobei wir einen unedlen und billigen Katalysator in einem handelsüblichen Elektrolyseur verwenden“, berichtet Studienleiter Professor Shizhang Qiao in einem Beitrag für die Fachzeitschrift Nature Energy

Industrialisierung steht noch aus

Das Ausgangsmaterial wurde reines Meerwasser verwendet, „ohne dass irgendwelche Vorbehandlungsprozesse wie Umkehrosmose, Reinigung oder Alkalisierung erforderlich waren.“ Dazu konstruierte das Team aus Adelaide eine Elektrode aus nanostrukturiertem Kobaltoxid. Darauf wurde eine dünne Schicht Chromoxid aufgebracht, um die Anlagerung von Elektronenpaaren zu erleichtern.

Das System befindet sich nach Angaben der beteiligten Wissenschaftler allerdings noch in einem frühen Entwicklungsstadium. Das Team will im nächsten Schritt nun einen größeren Elektrolyseur bauen, der in einer kommerziellen Wasserstoffproduktion und in der Ammoniaksynthese eingesetzt werden kann.

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3 Kommentare

  1. Eric Hoyer

    Hallo,
    ein sehr interessanter Beitrag.
    Ich bin an einem meiner privaten Energieprojekte zu der Energiewende tätig und habe die Kugelheizung-Hoyer erfunden, die mit Feststoffspeicher die Energie z. B. dem sporadischen Wind und der Sonnenenergieherstellung sich als Groß-Feststoffspeicher befasst. Diese ist dann in z. B. 20.000 m³ Feststoffspeicher zwischengespeichert und ergibt ein gewaltiges Volumen an Wärme bis ca. 1.250 °C, -dies ist ca. 500 °C mehr als herkömmliche Verfahren und Anwendungen. Dazu kann ein Dampf oder Gasgenerator, in meinem Fall Dampf ohne Ende Strom erzeugen. Diese Wärmeerzeugung wird mit meinem Solarenergieraum-Hoyer mit Parabolspiegel und Hohlspiegel ständige auf Temperatur gebracht.
    Da mit Kugeln die Hitze zum Herstellungsprozess von Wasserstoff eingebunden werden kann, ist diese erzeugte natürliche Hitze, mit Kugeln gleichmäßiger und ohne Abriss in der Lage, Wasserstoff über Tage und Wochen herstellbar, wenn die Herstellungsverfahren da mithalten können.
    In dem speziellen Fall können Metalle als Kugeln verwendet werden, die bis z. B. bis 2,500-3.000 °C nicht schmelzen.
    Diese Herstellung von Wasserstoff ist zurzeit global führend, da es um die Energie der Herstellungskosten bei Wasserstoff geht!
    Eric Hoyer Erfindungen-Verahren.de

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  2. DaHuaba

    „Darauf wurde eine dünne Schicht auf Chromoxid aufgebracht, um die Anlagerung von Elektronenpaare zu erleichtern.“
    Ups, da sind Ihnen wohl zwei Fehler unterlaufen. Es müsste (wenn ich den Satz vom Sinn her richtig verstanden habe) „aus Chromoxid“ und „von Elektronenpaaren“ heißen.

    Auf jeden Fall danke für den Artikel. Meine Meinung: Wasserstoff als Energieträger zu nutzen, macht in vielerlei Hinsicht Sinn. Und mit der direkten Nutzung von Meerwasser fällt ein gravierender Nachteil dieser Technologie weg.

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    • Franz W. Rother

      Danke für den Hinweis. Ich habe es sofort korrigiert. Ihre Einschätzung der Potenziale von grünem Wasserstoff teilen wir. Mit der Beseitigung der Nachteile – Wasser- und Energieeinsatz – sowie dem Ausbau der Produktionskapazitäten weltweit und einem entsprechenden größeren Angbot auch zu niedrigeren Kosten wird sich die Fixierung auf batterielektrische Antriebe sicher schnell lösen.

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