Das aktuelle Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das Fahrverbote für Dieselautos erlaubt, trifft den VW-Konzern nicht unerwartet. Intern wird die „Roadmap E“, hinter der Investitionen von mehr als 20 Milliarden Euro stehen, seit Monaten forciert. Kernziel der Wolfsburger: Bis 2025 wollen sie führend bei der Elektromobilität sein, mehr als 80 neue elektrifizierte Modelle aller Konzernmarken sollen bis dahin zu den Kunden rollen. Mindestens.

Nach neuen Zahlen, die jetzt Ulrich Eichhorn, Leiter Forschung und Entwicklung der Volkswagen AG, in Berlin auf dem VDA-Kongress verkündete, soll der Anteil der vollelektrischen Fahrzeuge (BEV) der gesamten Volkswagengruppe schon 2025 bei 20 bis 25 Prozent liegen. Und bis 2030 soll dieser Anteil auf bis zu 50 Prozent steigen. Trotzdem gäbe es auch Risiken bei der E-Mobilität, speziell beim Verhalten der potenziellen Käufer. Eichhorn philosophisch: „Der Kunde weiß, was er heute nicht mag, aber nicht, was er künftig mögen wird.“

Durchbruch mit den ID-Modellen?

Der große Durchbruch, so Eichhorn, werde nach 2019 mit den vollelektrischen I.D.-Modellen und ihren Ablegern stattfinden, die dann in hohen Stückzahlen gebaut werden. Den Anfang macht hier die I.D. Limousine im Golf-Format, geräumig wie ein VW Passat, mit locker 500 Kilometern Reichweite. Dieser erste Massenstromer, der nicht teurer als ein Golf Diesel sein soll, wird im VW Werk Zwickau gebaut — mindestens 1500 Exemplare pro Tag sind geplant. Und Eichhorn verspricht jetzt: „Dieser I.D. wird nur die halben Betriebskosten eines Golf mit Verbrennungsmotor haben.“

VW hat auch schon mal ausgerechnet, wie es mit der E-Infrastruktur in Deutschland langfristig weitergehen muss. „Wenn bei uns acht Millionen Elektrofahrzeuge unterwegs sind, brauchen wir an jeder Autobahn-Tankstelle mindestens 16 Schnellladesäulen mit Ladeleistungen von 250 bis 350 Kilowatt.“ Zusätzlich wären laut Eichhorn mindestens zwei E-Säulen an jeder normalen Tankstelle notwendig — und flächendeckend pro 1000 Einwohner vier öffentliche Ladepunkte.

Parallel zur Elektromobilität forciert VW das autonome Fahren. So fährt jetzt auf dem gigantischen Werksgelände in Wolfsburg ein vollautonomer VW Golf täglich durch den dichten internen Verkehr, verrät Eichhorn. Noch folgt ihm zur Sicherheit ein Begleitfahrzeug, aber dieser Golf testet schon die Technik des künftigen VW Sedric, eines vollautonomen Shuttles, das nach 2025 in Großstädten zum Einsatz kommen könnte.

Eichhorn kann sich für die fernere Zukunft auch schon den „kooperativen Verkehr“ vorstellen. Bei VW gibt es dazu ein nettes Video, das einen Stadtverkehr ganz ohne Ampeln zeigt — in haarsträubenden Zentimeterabständen suchen sich da die Fahrzeuge selbst ihre Lücken an den Kreuzungen, ohne das der Verkehrsfluss unterbrochen wird.

Angriff auf Uber – Moia soll’s richten

Und bei den Mobilitätsdienstleistungen setzen die Wolfsburger nun erst mal alles auf die neue, in Berlin, Hamburg und Helsinki ansässige Konzerntochter Moia, deren Angebote laut VW die eines reinen Car-Sharing-Anbieters weit übertreffen werden. Moia soll bis 2025 einer der weltweit führenden Mobilitätsdienstleister werden. Im Fokus stehe die „Entwicklung IT-basierter On-Demand-Angebote wie etwa Ridehailing- oder Ridepooling-Services“. Die neuen Zauberworte der Branche, Mobilitätsdienstleistungen auf Abruf.

„Der Mentalitätswechsel bei Volkswagen Richtung neue Mobilität ist jetzt voll unter Dampf, wir kriegen alle Unterstützung und laufen ziemlich schnell“, verkündete Moia-Chef Ole Harms dazu vor wenigen Tagen. Die Moia-Probephase findet bei VW um die Ecke in Hannover statt, und sie wird jetzt „auf Grund der großen Nachfrage“ deutlich ausgeweitet. Die Anzahl der Test-Fahrzeuge soll auf 35 nahezu verdoppelt und die Zahl der ausgewählten Testnutzer, die für die Fahrten mit den Sammeltaxis lediglich sechs Cent pro Kilometer zahlen, nun von 2000 auf 3500 erweitert werden.

Zum Jahresende soll es dann mit dem Ride-Pooling in Hamburg offiziell losgehen. Wie in Hannover, nur größer und kommerziell. Die Moia-Preise sollen dann irgendwo zwischen denen der öffentlichen Verkehrsmittel und den Taxi-Preisen liegen. Wie es funktioniert? Die Kunden geben ihr Wunschziel per Smartphone ein und schon schickt ein Algorithmus ein komfortables vollelektrisches Shuttle-Fahrzeug (auf VW T6-Basis) zur nächstgelegen virtuellen Haltestelle.

Mehr als 200 Meter soll kein potenzieller Kunde laufen müssen, verspricht Moia vollmundig. Das Fahrzeug teile man sich dann mit anderen Passagieren, die in die gleiche Richtung wollen. Geplant für Hamburg sind erst einmal 200 Fahrzeuge, in drei Jahren sollen es in der Hansestadt rund 1000 sein — und bis 2025 weltweit eine Million. Sie wohnen nicht in Hamburg? Keine Angst, wir halten Sie auf dem Laufenden.

Artikel teilen

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert