Land-, Forstwirtschaft und andere Formen der Landnutzung sind für fast ein Viertel aller menschlichen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Sie haben damit erheblich dazu beigetragen, dass die Temperaturen über den Kontinenten bereits um 1,5 Grad angestiegen sind. Meere erwärmen sich langsamer, daher messen die Forscher über den Ozeanen bisher erst einen Temperaturanstieg von 0,9 Grad.
Damit zerstören Bauern und Forstleute bis zu einem gewissen Grad selbst die eigene Existenzgrundlage: Denn die Zahl und Intensität von Hitzewellen und Dürren wird durch die Erderwärmung zunehmen, genauso wie extreme Regenfälle. Was wiederum die Wüstenbildung und die Erosion von Böden beschleunigen, warnt der Klimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) in seinem neusten Sondergutachten zur Landnutzung. An dem in Genf vorgestellten Bericht haben 107 Forscher aus 52 Ländern mitgewirkt.
Nahrungsmittelproduktion in Gefahr
„Die Sicherheit der Lebensmittelversorgung wird durch den Klimawandel zunehmend betroffen sein“, erklärt der indische Energie- und Nachhaltigkeitsexperte Priyadarshi Shukla, einer der Hauptautoren der Studie, weil die Erträge sinken, die Preise steigen, die Qualität der Lebensmitte sich verschlechtern und Lieferketten zerstört würden. All diese Effekte würden vor allem die eh bereits armen Länder in Afrika, Asien, Lateinamerika und der Karibik betreffen.
Der Expertenrat sieht aber durchaus noch Handlungsspielräume für Politik, Wirtschaft und Bürger, die negativen Effekte des Klimawandels auf Böden und Lebensmittelproduktion zu verringern. „Einige Ernährungsweisen erfordern mehr Land und Wasser und verursachen höhere Treibhausgasemissionen als andere“, erläutert die Südafrikanerin Debra Roberts, eine weitere Hauptautorin des Berichts. Und wird dann konkreter: Um den Klimawandel zu verlangsamen, sei eine ausgewogene Ernährung vor allem auf pflanzlicher Basis mit Getreide, Gemüse und Obst wichtig – und tierische Lebensmittel, die möglichst nachhaltig produziert würden.
Fleisch-Steuer als Lösung?
Damit liefert das IPCC-Gutachten den Befürwortern einer Fleischsteuer in Deutschland Argumente, die beispielsweise den reduzierten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent für Steaks und Kottelets auf 19 Prozent erhöhen wollen. Mit dem zusätzlichen Geld soll der Staat den Bau etwa artgerechterer Ställe fördern und die Viehhaltung insgesamt nachhaltiger machen, hatte der Deutsche Tierschutzbund vor kurzem gefordert. Einzelne Abgeordnete von Grünen, SPD und CDU zeigten sich der Idee gegenüber aufgeschlossen.
Auch in der Wissenschaft gibt es Befürworter, wie etwa Marco Springmann, Wissenschaftlicher im Programme on the Future of Food der Universität Oxford. Er ist dafür finanzielle Anreizen für eine nachhaltige Ernährung zu schaffen, „zum Beispiel durch Anpassung der Mehrwertsteuer oder der Besteuerung von tierischen Lebensmitteln mit gleichzeitigem Ausgleich für Geringverdiener.“ Livia Rasche, Wissenschaftlerin am Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg, sieht das ähnlich. Sie erwartet, dass eine Steuer zu weniger Fleischkonsum führe: „Dies verringert nicht nur direkte Emissionen aus der Tierhaltung, sondern verringert auch die landwirtschaftliche Fläche, die für die Futtermittelproduktion benötigt wird.“
Die Bundesregierung präsentiert im September Pläne
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) begrüßt zwar die Debatte über das Tierwohl, meint aber ohne Steuererhöhungen auskommen zu können. Sie engagiert sich für ein Label, um Fleisch aus hochwertiger Produktion zu kennzeichnen und erinnert den „Verbraucher an der Ladenkasse“ daran, dass er es in der Hand habe, welche Wirtschaftsweise er unterstütze.
Die Bundesregierung plant, am 20. September ihre Klima-Strategie vorzustellen. Bundesumweltministerin Svenja Schulze forderte in einer Reaktion auf den IPCC-Bericht, den Anteil des Ökolandbaus in Deutschland auf 20 Prozent zu erhöhen, vergangenes Jahr lag er bei 9,1 Prozent. Bleibt abzuwarten, welche Rolle die Landwirtschaft in der Strategie spielen wird.