Seit vier Jahren hat er auf diesen Tag hingearbeitet, nun hat er es endlich geschafft: Günther Schuh, Gründer der Aachner E.Go Mobile AG, konnte seine kleinen E-Flitzer an die ersten Kunden übergeben. Käufer Nummer 1 war – natürlich rein zufällig – Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet. Der „liebe Armin“, wie Schuh ihn nannte, betonte aber, den E.Go Life aus eigener Tasche zu bezahlen und privat zu nutzen.

Zwei weitere Modelle gingen an den Aachener Oberbürgermeister Marcel Philipp und den Rektor der RWTH Aachen Ulrich Rüdiger, „meinen Chef“ wie Schuh ihn leicht ironisch betitelte. Denn der E.Go-CEO ist im Nebenberuf Professor für Produktionssystematik an der Hochschule und hat sein gesammeltes Wissen als Fertigungs-Experte in den viersitzigen Kleinwagen gesteckt, um endlich „ein bezahlbares Elektroauto zu entwickeln“.

Übrigens nicht die erste Firmengründung des Zwei-Meter-Mannes: Auch am Streetscooter, dem Hersteller des gleichnamigen Elektrolieferwagens, war er maßgeblich beteiligt, den später die Deutsche Post übernommen hat.

Symbolische Übergabe
Günther Schuh, CEO und Gründer von E.Go Mobile, hatte es anders geplant, aber mit nach Hause nehmen durften Marcel Philipp, der Oberbürgermeister der Stadt Aachen, Armin Laschet, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, sowie der Rektor der RWTH Aachen University Ulrich Rüdiger (v.l.n.r.) ihre Fahrzeuge noch nicht, weil die letzten Zulassungen fehlen.

Erst Ende Mai geht die Auslieferung richtig los

Die Schlüsselübergabe an die Kunden musste Schuh (61) allerdings bereits mehrfach verschieben. Ursprünglich wollte er die ersten Fahrzeuge im November 2018 ausliefern. Doch er und sein Team von 450 Mitarbeitern schafften es nicht schneller, die Bauteile von den Zulieferern freigegeben und die Fahrzeuge zugelassen zu bekommen. Doch jetzt zeichnet sich allmählich ein Fahrplan ab, wann auch die übrigen Modelle an die Kunden gehen, wie Schuh am Rande der Veranstaltung EDISON versicherte.

Ministerpräsident Laschet genauso wie Bürgermeister und Rektor erhielten nur symbolisch Fahrzeuge aus der auf 1000 Stück begrenzten Kleinserie E.Go First Edition. „Der in der Konfiguration von Armin Laschets Modell 22.400 Euro kostet“, wie Schuh bei der Übergabe sagte. Erst ab dem 30. Mai werden die drei ihre Wagen übernehmen und nutzen können, weil dann die Homologisierung, wie das Zulassungsverfahren in der Autobranche heißt, für diese Life-Version abgeschlossen ist.

Allerdings hat es Zulieferer Bosch noch nicht geschafft, das elektronische Stabilitätsprogramm und andere wichtige Softwarefunktionen freizugeben. Daher fehlen der First Edition heute übliche Fähigkeiten wie das ESP, eine Anfahrhilfe am Berg oder die – für ein Elektroauto wichtige Eigenschaft – beim Verzögern Energie zurückzugewinnen, indem der E-Motor als Generator arbeitet und bremst. Weil dies Rekuperieren nicht funktioniert, ist der Verbrauch der First Edition nach der neuen WLTP-Norm inklusive Verluste beim Laden mit 24,2 Kilowattstunden pro Kilometer dementsprechend hoch.

Bald mehr Leistung und schnelleres Laden

Die gute Nachricht: Dabei soll es nicht bleiben. Wenn ab August, so hofft Schuh, die Freigabe für die Software vorliegt, können die Werkstätten sie auf die Fahrzeuge der First Edition aufspielen. Dann erreicht der Motor auch seine Spitzenleistung von 60 Kilowatt (derzeit noch 53 kW). „Der Verbrauch wird noch um vier, fünf kWh sinken“, ist der E.Go-Gründer zuversichtlich. Nicht nur wegen der dann möglichen Rekuperation, sondern auch wegen eines besseren Managements der 21,5 kWh großen Batterie und weiteren Feinschliffs bei der Antriebssteuerung. Der große E.Go Life 60 soll dann laut Homepage auf eine Reichweite von 145 Kilometern nach WLTP kommen, bei der First Edition sind es jetzt noch bescheidene 89 Kilometer.

Die kleineren Modelle Life 40 (mit 40 kW Leistung) und 20 (mit 20 kW Leistung) sollen im November homologisiert sein. Und dann soll es auch mit der Auslieferung losgehen. Wobei Schuh vorsichtig genug ist zu sagen, dass es auch je nach Modell einen Monat früher oder später werden kann. In der Zeit will er die Produktion hochfahren, um die 3300 vorliegenden Bestellungen abzuarbeiten. Von anfangs acht Fahrzeugen pro Tag, sollen es dann 45 pro Tag im Zweitschichtbetrieb werden – „im Laufe des Jahres 2020“, so der Fertigungs-Professor. Dann kommt er auf eine Jahresproduktion von mindestens 15.000 Fahrzeugen. Zum Vergleich: Volkswagen will vom ID.3 in Golf-Größe einmal 100.000 Modelle pro Jahr bauen.

Da sich viele potenzielle Kunden Sorgen um die Haltbarkeit der Lithiumionen-Batterie machen, gewährt E.Go Mobile eine Garantie für acht Jahre beziehungsweise 2500 Ladezyklen. „Danach bieten wir dem Besitzer einen neuen Akku zu einem attraktiven Preis an“, verspricht Schuh. Das sei möglich, weil er die alten Batterien an Betreiber von Solaranlagen als Energiespeicher verkaufen werde. Dort könnten sie noch lange Dienst tun, selbst wenn sie nicht mehr ihre volle ursprüngliche Kapazität besäßen.

Und auch gegen die langen Ladezeiten von sechs Stunden mit dem einphasigen Ladegerät will Schuh etwas tun. Denn der Life kann nur einphasig mit 3,7 Kilowatt laden. Das Unternehmen will künftig – gegen Aufpreis – bis zu 11 Kilowatt Ladeleistung anbieten.

Und wie fährt sich nun der E.go Life?

Wer will, findet in dem Viersitzer einiges zum Meckern: Der Blinker wirkt laut, auch weil der Antrieb so leise ist. Die Lenkung erfordert etwas mehr Kraft als sonst gewohnt. Der Einstieg zu den Sitzen hinten ist eher beschwerlich, da die Sitze nicht nach vorne fahren.

Aber es handelt sich eben um kein Modell der Premiumklasse, sondern um einen Kleinwagen, der in der günstigsten Version 15.900 Euro ohne Umweltprämie kostet. Der in der Stadt genau das tut, was ein Auto leisten sollte: keinen Lärm und keine Stickoxide produzieren, wenig Platz brauchen. Schnell an der Ampel losdüsen, um die Ecken wieseln und wendig einparken. Und wer einen oder beide Rücksitze umklappt, bekommt auch seine Einkäufe verstaut.

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