Jede Menge Kooperationen

Auch um die anlaufenden, garantiert ziemlich lukrativen Kooperationen von Sono Motors, bei denen es um die Einsatz oder die Lizenzierung der patentierten Solartechnologie geht, gibt es noch einige Geheimniskrämerei. Allein Absichtserklärungen sind hier unterzeichnet. Zum Beispiel mit einem Bahnhersteller. Name? „Noch geheim“. Mit einem deutschen Motoryachtbauer, auch mit einem Camper-Van-Hersteller. „Dazu werden wir bald Informationen geben“.

Zur imageträchtigen Zusammenarbeit mit MAN ist immerhin zu erfahren, dass noch in diesem Jahr ein Prototyp gebaut werden soll – es handelt sich wohl um den elektrischen Transporter eTGE. Auch hier geht es um die Verlängerung der Reichweite und die elektrische Versorgung von Nebenverbrauchern, zum Beispiel der Klimaanlage oder der Kühlaggregate. Und auch beim Deal mit EasyMile, dem Hersteller von autonomen Fahrzeugen, geht es schon um einen ersten Prototypen. In diesem Fall um den kleinen fahrerlosen, batteriebetriebenen Shuttle-Bus EZ10, dessen Ladestopps sich durch eine Solarzellen-Beplankung von Sono Motors stark reduzieren würden. Mehr ist noch nicht zu hören.

Lithium-Eisenphosphat-Akku mit 54 kWh Kapazität

Dafür gibt es kurz vor dem Ende der aktuellen Sono-Präsentation in Berlin noch völlig überraschend eine Sensation. Großer Schwenk beim in der Community heiß diskutierten Batterie-Thema.

„Neunzig Prozent unserer Community-Mitglieder wollten mehr Reichweite“, verrät Thomas Hausch und verkündet im gleichen Atemzug, dass Sono Motors beim Sion jetzt von der bisher immer verteidigten 35-kWh-Batterie, die nach WLTP-Norm gerade mal 255 Kilometer Reichweite garantierte, auf ein Exemplar mit viel höherer Kapazität wechselt. Die Batterie, die jetzt zum Einsatz kommt, soll 54 kWh Strom speichern können, was die offizielle Reichweite des Autos auf 305 Kilometer erhöht. Mit der addierten Solarenergie sogar auf 417 Kilometer. Und damit könnte der Sion, ein Paukenschlag, in seiner Klasse plötzlich an der Spitze mitspielen.

Einiges muss vorerst noch im Dunkeln bleiben
Im Berliner „Motorwerk“ stellte Sono Motors den angereisten Journalisten den neuen Prototypen des Sonnenwagens Sion vor. Eine erste Probefahrt damit war auch möglich – nicht nur in der abgedunkelten Halle. Foto: Sono Motors

Nicht nur das. Denn die nun zum Einsatz kommende Batterie-Chemie verändert sich ebenfalls dramatisch. Von der bisherigen Lithium-Ionen-Batterie mit den problematischen Rohstoffen Nickel, Mangan und Kobalt zu einer Lithium-Eisenphosphat-Batterie. Mit deutlichen Vorteilen. Die Eisenphosphat-Akkus sind bekanntermaßen besonders zyklenfest, halten also viel länger und sind viel besser gegen Überhitzungen und thermisches Durchgehen (Thermal Runaway) gewappnet. Den Zell-Lieferanten will Hausch allerdings noch nicht nennen. Deshalb tippen wir mal auf den großen chinesischen Batterie-Hersteller CATL, der auf diesem Gebiet weit vorn ist.

Maximale Ladeleistung steigt auf 75 kW

Zugleich sollen sich die neuen Batterien mit höherer Geschwindigkeit laden lassen – die maximale Ladeleistung wird von 50 auf 75 kW angehoben. Damit wiederum könnte Sion vermutlich auch das bisherige Ladetiming einhalten – 30 Minuten an der Schnellladesäule fürs Laden auf 80 Prozent. Und voraussichtlich wird sich auch die bisher von den Fans bemängelte kurze Batterie-Garantie des Sion verlängern, die bisher nur zwei Jahre oder 100.000 Kilometer oder 2000 Ladezyklen betrug. Denn die neue Batterie soll über 3000 Ladezyklen ihre volle Leistung behalten. „Es gibt dazu aktuell noch kein Update“, bremst Christians auf unsere Nachfrage. „Aber wir schauen mal, was wir bis zum Start der Auslieferung anbieten können.“ Technisch, ergänzt er, sei das ja die optimale Batterie. „Die wird das Fahrzeugleben überdauern.“

An den übrigen Eckdaten des Sion hat sich nichts geändert. Der von der Conti-Tochter Vitesco zugelieferte 3-Phasen-Synchronmotor (Einganggetriebe) produziert nach wie vor die garantiert ausreichende Antriebsleistung von 120 kW (163 PS). Der typische Sprint auf Tempo Hundert ist mit neun Sekunden angegeben, die elektronisch limitierte Höchstgeschwindigkeit mit 140 km/h. Nur der Radstand (plus 60 Millimeter) und die Gesamtlänge (Streckung des vorderen Überhangs für optimale Crashsicherheit) verlängern sich noch etwas bis zum Start des Serienmodells.

Kleine Testfahrt im Berliner „Motorwerk“

Fehlt nur noch unsere kurze Testrunde, die, weil der Prototyp mit dem trockenen Kürzel SVC2 keine Straßenzulassung hat, nur auf dem kleinen Gelände der Berliner Event-Location „Motorwerk“ stattfinden kann.

„Vergessen Sie die Bremse nicht“, mahnt Entwicklungschef Volmer, der als erklärender Beifahrer mitfährt.

Jede Menge Lademöglichkeiten
Entwicklungschef Volmer zeigt Autor Wolfgang Eschment die diversen Ladeanschlüsse an der Front des Sono Sion. Auch Power-Sharing ist möglich: Die Weitergabe des im Akku gespeicherten Stroms etwa an ein anderes Elektroauto. Foto: Sono Motors

Okay, die Bremse funktioniert, die Lenkung reagiert sensibel und der Wendekreis ist klein. Der kurze Sprint des Fronttrieblers, der heute nur 80 Prozent seiner zukünftigen Leistung zeigen darf, ist ordentlich. Die Sitze sind bequem und an der Geräuschdämmung wird noch gearbeitet. Und weil es gerade ein bisschen trübe nieselt, lassen sich die Solarwerte nur ganz zart vorführen. Auffällig ist die Leichtigkeit, mit der dieser Sion hier um die engen Ecken wuselt, aber er wiegt ja auch nur gut 1,4 Tonnen. Grundsätzlich hätten wir das Auto, dessen Fahrwerk schon fast die Endabstimmung hat, jetzt lieber auf den abgesperrten Teststrecken der Truppe gefahren, in Memmingen oder Regensburg. Gern demnächst.

Spannend wird es noch einmal, als wir am Rande der Veranstaltung über die geplanten Sono-Modelle der Zukunft reden. Denn die aktuelle Plattform – leichter Aluminium-Spaceframe, 120-kW-Elektromotor, variable Batteriekapazität – ist voll flexibel und hoch skalierbar.

Zwei weitere Sono-Modelle in der Planung

Sono Motors verfolge erst einmal zwei neue Modell-Projekte, hören wir. Es geht erstens um einen geräumigen Kleinwagen im 3,50-Meter-Format für die Stadt und zweitens um einen kompakten Transporter mit viel Ladevolumen. Vielleicht in der Größe eines Renault Kangoo? „So in der Richtung“, bestätigt lächelnd Christians.

Sichere Finanzen und mutige Zukunftspläne. Völlig neues Selbstbewusstsein im Münchner Start-up. „Wir sind jetzt ins Erwachsenenalter eingetreten“, kommentiert Co-Gründer Jona Christians und erzählt noch, dass die Münchner Mannschaft, die mal mit einer Handvoll Enthusiasten startete, bis zum Jahresende auf mindestens 230 Mitarbeiter anwachsen soll. Scheint so, als ob Sono Motors den Sprung zu einem smarten Automobilhersteller tatsächlich schaffen könnte.

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2 Kommentare

  1. Sven

    Gibt es was neues bezüglich der Finanzierung der Produktion?
    Sind da nicht noch 250 Millionen Euro vonnötigen zusätzlich zu den 50 Millionen die durch Crowdfunding eingenommen wurden?

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    • Franz W. Rother

      Für den Augenblick reicht es wohl erst mal. Aber bis zum Start der Serienproduktion müssen noch ein paar Millionen Euro fließen, richtig.

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